Flüchtlinge
Nach Urteil in Nürnberg zu Bezahlkarte und Bargeld: Ein erster, wichtiger Fingerzeig für die Politik
2.8.2024, 14:42 UhrEs scheint, als müssten es wieder einmal die Gerichte richten. Drei Klagen zu Bezahlkarte und Bargeldobergrenze haben sie verhandelt. Dreimal haben sie den Betroffenen - zuletzt in Nürnberg - bestätigt, dass das System sie unnötig benachteilige.
Die drei dürften nicht die letzten gewesen sein, die vor Gericht ziehen. Zwar beruft sich die Politik darauf, dass es sich um spezifische Fragestellungen gehandelt habe, die keine Reaktion erforderten. Bayern betont, es werde weder die Karte antasten noch den Geflüchteten mehr Bargeld zugestehen.
Das Grundsatzurteil wird kommen
Tatsächlich haben die Richter bestätigt, sie hätten Einzelfälle entschieden und sich nicht grundsätzlich geäußert. In ihren Urteilen haben sie allerdings festgehalten, wo sie die Defizite sehen, etwa, dass die Klagenden kaum online einkaufen können, obwohl das günstiger wäre, oder Überweisungen erst von den Behörden genehmigt werden müssten.
Man darf gespannt sein, wann das erste Grundsatzurteil fällt. Dass es kommen wird, steht außer Zweifel. Entweder zieht der Staat durch die Instanzen oder die Betroffenen suchen eine höchstrichterliche. Die Nürnberger Urteile sind dafür ein erster Fingerzeig.
Sollte das System in seiner jetzigen Ausprägung kippen, wäre dies kein Schaden. Es ist ein Konstruktionsfehler, der auf falschen Annahmen basiert und von den Problemen ablenkt. Bezahlkarte und Bargeldschranke sollen angeblich verhindern, dass die Geflüchteten mit hiesigen Sozialleistungen ihre Familien und ihre Schlepper zu Hause finanzieren.
Dafür reicht das Geld bei weitem nicht, das den Geflüchteten im Anerkennungsverfahren zusteht. Die Transfers, auf die sich die Politik bezieht, gibt es zwar. Doch es ist Geld, das anerkannte Flüchtlinge mit legaler Arbeit verdienen und nicht das jener, die noch im Verfahren hängen. Wen sie damit unterstützen, wie viel sie ihren Familien in der Heimat geben, geht den Staat schlicht nichts an.
Die Balance stimmt nicht mehr
Die Transfers sind ein vorgeschobenes Argument. Die Politik will den Flüchtlingen signalisieren, dass die Bundesrepublik ein unbequemer Ort geworden ist, an dem sie nur bedingt willkommen sind. Auch das ist nicht komplett daneben: Deutschland hat seiner hohen sozialen Leistungen wegen eine gewisse Anziehungskraft.
Da stimmt die Balance tatsächlich nicht. Und es wäre an der Politik, sie wieder herzustellen, etwa durch einen größeren Abstand zwischen Bürgergeld und unteren Einkommensstufen. Nicht umsonst diskutiert die Gesellschaft die Frage, warum etwa ukrainische Flüchtlinge ohne weiteres ins Bürgergeld kommen, obwohl sie arbeiten könnten.
Die eigentlichen Probleme liegen allerdings außerhalb Deutschlands. Sie beginnen bei den Zuständen in den Heimatländern der Flüchtlinge - und die Eskalation im Nahen Osten wird die Lage eher noch verschärfen. Und enden an den ungesicherten EU-Außengrenzen. Hier liegen die wahren Herausforderungen für die Politik. Denn ein bisschen weniger Geld hält verzweifelte Menschen von der Flucht nicht ab.
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