Vize-Regierungschef im Aufwind

Keiner kann so gut erklären wie er: Robert Habeck sagt, was der Kanzler nicht sagt

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent der NN

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3.11.2023, 19:00 Uhr
Erhält viel Applaus: Vizekanzler Robert Habeck.

© Soeren Stache, dpa Erhält viel Applaus: Vizekanzler Robert Habeck.

Einige Monate lang war Vizekanzler Robert Habeck in der öffentlichen Debatte in Deutschland ziemlich abgemeldet. Das kam nicht überraschend, denn er musste als zuständiger Wirtschaftsminister die Pannen beim Heizungsgesetz der Ampel-Regierung auf seine Kappe nehmen. Weder die Freunde noch die Gegner der Wärmepumpe waren gut auf ihn zu sprechen.

Nun wird der der 54-Jährige wieder als eine entscheidende Persönlichkeit wahrgenommen. Eine einzige Videobotschaft, die in den sozialen Netzwerken verbreitet wurde, reichte dazu aus. Habeck verstand es, mit klaren Worten Position zu beziehen zum Antisemitismus in der Bundesrepublik, zu den Erwartungen an muslimische Mitbürger und zur Frage, was der Satz von der Sicherheit Israels als deutsche Staatsräson eigentlich bedeutet.

Lob kam quasi von allen Seiten, Links- und Rechtspopulisten mal ausgenommen. In Israel wurde die Rede positiv zur Kenntnis genommen, ebenso vom überwiegenden Teil der Medien sowie von CDU und SPD. Überrascht von diesen Reaktionen auf Habeck konnten aber nur diejenigen sein, die ihn nicht schon in Corona-Zeiten und während der Energiekrise im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine beobachtet hatten.

Den richtigen Ton finden

Um es klar zu sagen: Habeck versteht es, die Menschen außerhalb der politischen Szene unmittelbar anzusprechen und dabei den richtigen Ton zu finden. Das sollte vielleicht grundsätzlich zur Aufgabenbeschreibung von Spitzenpolitikern gehören, aber das ist leider nicht so.

Kanzler Olaf Scholz wartet oft zu lange und kommt dann zu allzu technokratisch daher. Außenministerin Annalena Baerbock leistet sich zu viele Fehler und ist als Chefdiplomatin schon einige Male ins Fettnäpfchen getreten. Finanzminister Christian Lindner bedient zwar seine liberale Klientel gut, wird aber außerhalb davon häufig als zu kalt und wenig empathisch empfunden. Diese Mängelliste ließe sich fortsetzen.

Ohne ihn glorifizieren zu wollen, was überhaupt nicht gerechtfertigt wäre: Habeck ist der beste Politik-Erklärer innerhalb dieser Regierung. Auch er macht Fehler, aber seine Ansprache in Talkshows, bei Videobotschaften und im Parlament ist stimmig. In der Hinsicht könnte vor allem der oft spröde und unnahbar erscheinende Bundeskanzler von ihm lernen.

Nächster Spitzenkandidat?

Es wird spannend sein, ob die Grünen ihren besten Redner bei der nächsten Wahl als Spitzenkandidaten antreten lassen. Ganz sicher kann man sich da nicht sein, denn in der Partei gelten längst nicht immer dieselben Spielregeln wie in der öffentlichen Debatte. Angesichts von 13 bis 16 Prozent für die Grünen in den Umfrage sollte man jedenfalls nicht von einem „Schattenkanzler“ sprechen. Das wäre der Lage nicht angemessen.

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