Assads Sturz stimmt hoffnungsvoll
In zehn Tagen kann alles vorbei sein: Warum die Diktatoren dieser Welt verstört nach Syrien blicken
9.12.2024, 12:16 UhrWer Ende November eine Prognose zur Zukunft von Syriens Diktator Baschar al-Assad hätte abgeben müssen, wäre auf viele Ideen gekommen - ein rasches Ende dieses autoritären Systems hätte niemand für möglich gehalten. Diktatoren dieser Welt, aufgepasst: Binnen zehn Tagen kann es mir eurer Herrlichkeit vorbei sein!
Das ist eine Nachricht, die zuversichtlich stimmt. Trotz aller Ungewissheit, die mit Blick auf die Zukunft in Damaskus mehr als berechtigt ist: Ob Abu Mohammad al-Dschaulani wirklich den Willen hat, Syrien in eine demokratische Zukunft zu führen, muss abgewartet werden. Gleiches gilt für die Rolle der Türkei, des wahrscheinlichen Gewinners in der neuen Machtbalance im Nahen Osten, und des Iran, des großen Verlierers in der Region.
Wie verhält sich Putin ohne seinen Statthalter in Syrien?
Und auch Russlands Reaktion muss abgewartet werden, immerhin unterhält Putin dort zwei strategisch wichtige Militärbasen - wie verhält sich der Kremlchef ohne seinen örtlichen Statthalter Assad? Alles berechtigte Fragen, dennoch darf für einen kurzen Moment die Freude über das Ende einer mehr als sechs Jahrzehnte währenden Einparteienherrschaft überwiegen. Ein halbes Jahrhundert hat die Familie Assad Syrien als ihr Eigentum betrachtet und den Menschen, die das nicht akzeptieren wollten, brutalstmöglich zu verstehen gegeben, dass jeder Widerstand zwecklos sei.
Wer sich an den Nürnberger Menschenrechtspreisträger des Jahres 2017 erinnert, hat eine Ahnung, wozu Assads Schergen imstande waren. "Caesar", so das Pseudonym des Preisträgers, der unerkannt bleiben musste, konnte mit Hilfe von Vertrauten und einem Netzwerk der syrischen Opposition zwischen 2011 und 2013 mehr als 50.000 Bilder von teils unter schrecklichster Folter ermordeten Menschen außer Landes schmuggeln. Dieses Archiv des Schreckens illustriert auf grausame Art und Weise, wie menschenverachtend Assad mit Regimegegnern umgehen ließ.
"Caesar" konnte nur an einem geheimgehaltenen Ort im Norden Europas überleben, zu groß war die Gefahr, von Assads Geheimdiensten erwischt zu werden. Dass ein so ausgeklügeltes System der Bespitzelung, in dem alles auf den Machterhalt der Herrscherfamilie ausgerichtet war, binnen Wochenfrist implodiert ist, zählt zu den hoffnungsvollsten Entwicklungen des zu Ende gehenden Jahres.
Was mit Assad geschehen ist, kann jederzeit Wladimir Putin oder den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un ereilen: Irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem es ganz schnell zu Ende gehen kann. Denn eines verbindet alle diktatorischen Regime dieser Erde: Sie sind fragil - kaum ein Mensch, von den Günstlingen abgesehen, will sich ein Leben lang seiner Freiheit berauben lassen.
Daumen drücken für einen friedlichen Übergang
In Syrien gilt es nun Daumen drücken für einen friedfertigen Übergang zu demokratischen Strukturen, Stabilität ist die entscheidende Komponente. Assads Sturz, aus dem Inneren Syriens vorangetrieben, ist ein guter Tag für die Menschheit, mögen weitere Diktaturen bald am Ende sein!
Dieses Thema hat Sie besonders interessiert? In unserem Newsletter „Aus dem Newsroom“ erfahren Sie alles Wichtige über die Arbeit der Redaktion und erhalten exklusive Einblicke. Hier kostenlos bestellen. Freitags um 6 Uhr in Ihrem Mailpostfach.
2 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen