Der Verantwortung stellen

Geht es Markus Söder wirklich um Land und CSU, muss er nach Berlin wechseln

Roland Englisch

München-Korrespondent

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10.11.2024, 18:55 Uhr
CSU-Chef Markus Söder redet ständig über bundespolitische Themen, doch den Wechsel in die Bundespolitik scheut er.

© IMAGO/Frank Hoermann/SVEN SIMON CSU-Chef Markus Söder redet ständig über bundespolitische Themen, doch den Wechsel in die Bundespolitik scheut er.

Wer Markus Söder zuhört, bekommt schnell den Eindruck, dass für ihn nur noch die Bundespolitik zählt. Seine Ambitionen aufs Kanzleramt, seine Ansagen an eine unionsgeführte Koalition zu Finanz-, Wirtschafts-, Verteidigungs-, Außenpolitik - überall redet er mit.

Als CSU-Chef steht ihm das zu. Zumal die Musik in der Politik tatsächlich in Berlin spielt und nicht in München, gerade jetzt mit dem bevorstehenden Regierungswechsel und den teils dramatischen Problemen, die sich auf Bundesebene türmen. Bayern ist Söder zu klein geworden. Statt in ambitionierter Politik für den Freistaat verliert er sich hier lieber in Spaßterminen, die für Instagram sicher gut sind, das Land aber nicht voranbringen.

Wo bleibt der bundespolitische Anspruch Söders?

Ginge es ihm um die Sache, um Bayern, Deutschland und Europa, sein Platz wäre in Berlin. Will er den bundespolitischen Anspruch der CSU mit Leben erfüllen, muss er ins Bundeskabinett gehen. Er sollte sich an Theo Waigel ein Beispiel nehmen. Der hat als CSU-Chef am Bonner Kabinettstisch gesessen - und das Land entscheidend geprägt.

Söder plant derlei nicht. Er lebt lieber die Rolle des Social-Media-Stars in München und des Meckerers aus dem Off für Berlin. So hat die CSU schon unter Stoiber ihren Anspruch gesehen: Teil der Regierung in Berlin - und Teil der Opposition von Bayern aus.

Dem Ansehen der CSU hat das nicht genutzt, im Gegenteil. Außerhalb des Freistaates waren die Menschen nur genervt von den Bayern, ernst genommen haben sie sie nicht. Für sie ist die CSU bis heute eine Regionalpartei geblieben, die gerne großspurig auftritt, aber wenig liefert.

Söder könnte das ändern, nähme er seine Verantwortung als Parteichef ernst. Als Innenminister könnte er zeigen, wie sich die illegale Migration eindämmen und die Kriminalität bekämpfen lässt. Als Wirtschaftsminister könnte er zeigen, wie die Energiewende aus seiner Sicht richtig laufen und der Wirtschaftsstandort wieder vorankommen kann. Und als Finanzminister könnte er den Menschen in Deutschland beweisen, dass die CSU mehr drauf hat als nur Meckern.

Fouls aus Bayern

Allein, Söder tut das nicht, weil er sich nicht unterordnen will. Er macht klar, dass es ihm nicht um die Sache geht, sondern um sich selbst. Keine guten Voraussetzungen für die Union in Berlin, die sich auf Stänkereien und Fouls aus Bayern einstellen muss. Und keine für die bayerische Zukunft.

Nicht nur, dass Söder sich zuhause erkennbar langweilt, weil ihn das Land nicht mehr fordert. Er zeigt auch nicht auf, wie er sich dessen Zukunft vorstellt. Auch in Bayern werden die Mittel knapp, auch Bayern wird sparen müssen. Als Antwort darauf braucht es Visionen, klare Linien.

Schon einmal hat ein CSU-Vorsitzender den Sprung nach Berlin nicht gewagt. Edmund Stoiber ließ die Chance auf ein Superministerium verstreichen. Er scheute vor der Verantwortung zurück und davor, dass er nicht mehr die allererste Geige spielen würde. Danach war er nicht mehr lange im Amt.

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