Unsere Infrastruktur ist bedroht

Flughäfen und Wasserwerke viel zu wenig geschützt: Wir leben geistig noch im Lummerland

Harald Baumer

Korrespondent Berlin

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16.8.2024, 13:35 Uhr
Ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr fährt am Gelände der Bleiberg-Kaserne. Nach Entdeckung eines durchschnittenen Zaunes an einem Trinkwasser-Hochbehälter im nordrhein-westfälischen Mechernich im Kreis Euskirchen warnt das Gesundheitsamt davor, das Wasser zu nutzen.

© Benjamin Westhoff/Benjamin Westhoff/Benjamin Westhoff /dpa Ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr fährt am Gelände der Bleiberg-Kaserne. Nach Entdeckung eines durchschnittenen Zaunes an einem Trinkwasser-Hochbehälter im nordrhein-westfälischen Mechernich im Kreis Euskirchen warnt das Gesundheitsamt davor, das Wasser zu nutzen.

Die Meldungen der vergangenen Tage aus deutschen Städten, darunter Nürnberg, müssen einem Angst und Bange machen. Da schaffen es Aktivisten, mit Hilfe einer schlichten Drahtschere auf mehrere Start- und Landebahnen von Flughäfen zu gelangen und den Flugverkehr- stundenlang zu unterbrechen. Da gelingt es Unbekannten in NRW, sich ebenfalls mit sehr einfachen Mitteln Zugang zur Wasserversorgung für Tausende von Menschen zu verschaffen.

Bevor jetzt jemand entgegnet: Das eine waren doch Klimaproteste und das andere eine mögliche Verseuchung des wichtigsten Lebensmittels, das kann man doch nicht vergleichen… Doch, man kann! Die Motive der Täter sind hier nämlich gar nicht entscheidend. Es geht in beiden Fällen um die kritische Infrastruktur, die offensichtlich in der Bundesrepublik nicht ausreichend geschützt ist.

Nicht nur Urlauber fliegen

Dazu zählen Energieversorgung, Gesundheitswesen, Abfallentsorgung, Ernährung, Informationstechnik und etliche andere Bereiche. Kennzeichnend für sie alle ist: Wenn sie ausfallen, ist unser Gemeinwesen in Gefahr. Das gilt ausdrücklich auch für den Flugverkehr, der ja nicht nur Urlaubsreisen ermöglicht, sondern unter anderem lebenswichtige Güter schnell von einem Ort zum anderen transportiert.

Viele der genannten Einrichtungen, das beklagen Experten schon lange, stellen ein leichtes Opfer für Angreifer dar. Deutschland war leider lange Zeit eine Art Lummerland, sprich: Wir taten so, als ob wir es nur mit friedlichen Zeitgenossen zu tun hätten und. Aber selbst auf Lummerland hatte die Lokomotive Emma einen Schuppen, in dem sie nachts in Sicherheit war.

Unsere Computernetze werden laufend angegriffen, unter anderem durch Russland und China. Es braucht wenig Phantasie, wo eine hybride Kriegsführung sonst noch ansetzen könnte. Alleine das mehrtägige Unterbrechen der Energieversorgung würde unsere Städte ins Chaos führen.

Die Konsequenz kann nur lauten: Unsere Infrastruktur muss viel besser geschützt werden. Das wird - wie die Sanierung der Brücken und der Schulen sowie die Ertüchtigung der Bundeswehr - sehr viel Geld kosten. Aber es ist alternativlos.

Am Anfang des Lernprozesses

Eng damit verbunden ist der Bevölkerungsschutz mit Vorsorge, Warnsystemen und Katastrophenhilfe, der über Jahrzehnte hinweg von der Politik vernachlässigt wurde. Noch immer gilt man im Freundeskreis als ein Angsthase, wenn man erzählt, dass man daheim unverderbliche Nahrungsmittel und Wasser lagert, um im Notfall zwei Wochen überstehen zu können.

Klar, es ist schwer, das Bewusstsein für die Gefährdungen einer modernen Industriegesellschaft wie der unseren zu vermitteln. Wasser und Strom scheinen ja immer verfügbar, um nur zwei Beispiele zu nennen. Die meisten Menschen in unserem Land haben erfreulicherweise nur friedliche Zeiten erlebt und reagieren komplett hilflos auf die neuen Herausforderungen. Aus dieser Hilfslosigkeit müssen wir uns alle dringend befreien.

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