Er wurde - wie auch Georg Elser - am 9. April 1944, vor 80 Jahren, hingerichtet: der NS-Widerstandskämpfer und Pazifist Dietrich Bonhoeffer.
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Er wurde - wie auch Georg Elser - am 9. April 1944, vor 80 Jahren, hingerichtet: der NS-Widerstandskämpfer und Pazifist Dietrich Bonhoeffer.

Kommentar

Dietrich Bonhoeffer, Georg Elser und alarmierende Tendenzen: Wo Widerstand angebracht ist

Ein einziger Satz kann zeigen, was sich verschoben hat. Ein alarmierender Satz. Der frühere Bundespräsident Christian Wulff sagte ihn in seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald: „Aufgrund der Verrohung und der Radikalisierung und eines weltweiten Rechtsrucks kann ich mir inzwischen - und das macht mich beklommen - deutlicher vorstellen, wie das damals geschehen konnte.“

Was damals geschehen konnte: die Vernichtung von Menschen. Der Massenmord an den Juden und allen, die Hitlers Regime zu Feinden erklärt hatte. Und, daneben, die planmäßige Zermürbung, Demütigung und letztlich auch Tötung von Einzelnen, die den Mut aufbrachten, diesem Regime den Kampf anzusagen.

Vor 80 Jahren, am 9. April 1945, richteten die Nationalsozialisten mehrere Widerstandskämpfer hin. Die prominentesten: Dietrich Bonhoeffer, den sie in Flossenbürg töteten, und Georg Elser in Dachau. Bonhoeffer, der gut vernetzte protestantische Theologe. Und der einzelkämpferische Schreiner Elser, der einen - leider gescheiterten - Anschlag auf Hitler verübt hatte.

Und da sagt jetzt Christian Wulff, inzwischen könne er sich deutlicher vorstellen, was da geschah. Damit sagt er auch: Es kann sich wiederholen. Nicht genau so. Aber mit ähnlichen Mustern.

Putin löscht - wie Hitler - Gegner aus, die ihm gefährlich werden können

Die sind zu sehen. Die Autokraten ziehen die Daumenschrauben an. Putin tut seit Jahren, was Hitler tat: Gegner, die ihm gefährlich werden können, auslöschen. Subtiler als die Nazis - aber doch so offensichtlich, dass alle wissen: Wer ihn angreift, muss mit allem rechnen. Das prominenteste Opfer war Alexej Nawalny.

Und nun: das entstehende System Trump. Man sollte registrieren, was einige seiner Getreuen sagen. Etwa der republikanische Senator Markwayne Mullin. Er postete am Wochenende einen Beitrag auf X, in dem er Gewalt gegen Journalisten befürwortete - dann würden weniger Fake News verbreitet. Das passt zu den unzähligen Attacken Trumps gegen Medien und Kritiker, zum Versuch, die Justiz zu unterwerfen.

Oder der texanische Kongressabgeordnete Keith Self. Er zitierte gerade Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels, der gesagt - und umgesetzt - hatte: „Es ist das absolute Recht des Staates, die Bildung der öffentlichen Meinung zu überwachen.“ Self weiter: „Und ich denke, genau das diskutieren wir hier.“

Das sind keine Taten. Aber Worte, denen Taten folgen können. Trumps Anhänger machten Bonhoeffer zum Vorbild rechter, evangelikaler Christen. Sie sehen ihn als frommen Vordenker eines Staatsstreichs in den USA. Der aktuelle, umstrittene Bonhoeffer-Film lässt sich leider darauf ein. Eine perfide Geschichtsklitterung, gegen die sich Bonhoeffers Nachfahren vehement verwahren.

Bonhoeffer und Elser wagten Widerstand gegen Willkür, für Mitmenschlichkeit, die Hitlers Regime auslöschen wollte. Wir müssen alle genau hinsehen, wenn sich die Anzeichen für ähnliche Arten von Machtmissbrauch mehren. Das ist das Erbe dieser mutigen Männer.

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