Erst Schneechaos, jetzt Arbeitskampf

Das hätte nicht sein müssen: Warum der Bahn-Warnstreik schwer daneben ist

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent der NN

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7.12.2023, 15:55 Uhr
Er lässt die Züge stillstehen: GDL-Chef Claus Weselsky.

© Christoph Soeder, dpa Er lässt die Züge stillstehen: GDL-Chef Claus Weselsky.

Es ist ein starkes Stück, das sich die Gewerkschaft der Lokführer mit ihrem Ein-Tages-Streik erlaubt. Und zwar nicht grundsätzlich deswegen, weil sie sich für einen Arbeitskampf entschieden hat. Das ist ihr gutes Recht.

Ein Streik, der nicht weh tut, ist keiner. Klar bringt das viele Bürgerinnen und Bürger in Schwierigkeiten. Das ist immer so, ob nun die Müllentsorgung für eine gewisse Zeit ausfällt, ob im Krankenhaus bestimmte Operationen nicht stattfinden oder ob Züge nicht fahren.

All diese Unannehmlichkeiten muss man als Betroffener schweren Herzens hinnehmen. Denn der Sinn des Ganzen ist es ja, dass Gewerkschaften dem Arbeitgeber über diese extremste denkbare Maßnahme klar machen, wie ernst sie es mit ihren Forderungen meinen.

Erst Schnee, dann Streik

Warum aber liegt die GDL jetzt schwer daneben? Es ist komplett unsensibel, so etwas unmittelbar im Anschluss an ein mehrtägiges Schneechaos zu veranstalten. Wir alle haben die Bilder im Kopf, vor allem aus Oberbayern, wo so gut wie gar nichts mehr voranging. Viele Folgen des Unwetters sind noch gar nicht beseitigt.

Die Kundschaft der Bahn muss es als einen Schlag ins Gesicht empfinden, dass nun auf Schnee und Eis der Streik folgt. Tagelang galt es, Alternativen für das Pendeln zu Arbeitsplatz und Schule zu finden, was meistens mehr schlecht als recht gelang. Dann würde endlich wieder so etwas wie der Normalzustand einkehren, hofften alle, aber den Lokführern fiel nichts anderes ein, als einen Streik draufzusetzen.

Hinzu kommt die sehr kurzfristige Ankündigung des Streiks. Das macht es den Bürgerinnen und Bürgern schwer, damit umzugehen und nach anderen Transportmöglichkeiten zu suchen. Die Gewerkschaft schadet den Kunden dadurch mehr, als es eigentlich nötig wäre. Obwohl sie doch gar nicht die Bahnnutzer als Kontrahent vor Augen hat, sondern die Deutsche Bahn.

Pose des Arbeiterführers

Der unmittelbar bevorstehende Fahrplanwechsel am 10. Dezember ist ohnehin schon ein hochsensibler Moment für die Abläufe bei der Bahn. Durch eine Arbeitsniederlegung vor der Umstellung steigt die Gefahr, dass es auch dabei zu Problemen kommt.

Es entspricht der Arbeiterführerpose von GDL-Chef Claus Weselsky, immer eine Spur zu hart aufzutreten. Den Zustand der Bahn zu kritisieren, ist nötig. Aber muss man denn von einem „Saftladen“ sprechen, wie er es getan hat?

Eine gute Nachricht gibt es trotz des völlig unklaren Ausgangs des Arbeitskampfes zwischen GDL und Bahn: Bis 7. Januar soll nach Aussage der Gewerkschaft kein Warnstreik mehr stattfinden. Die weiteren Adventssonntage, das Weihnachtsfest und der Jahreswechsel sind für Zugfahrer nun hoffentlich gesichert. Das ist dann wirklich mal eine Rücksichtnahme auf die Bevölkerung. Danke wenigstens dafür!

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