
Mehrheit mit der AfD
Contra: Merz hat einen Fehler gemacht - und Zweifel an seiner Eignung geschürt
Wer hat Recht? Angela Merkel oder Friedrich Merz? Die lange Geschichte ihrer Parteifeindschaft ist doch noch nicht zu Ende, sie bekommt nun ein überraschendes, neues, spektakuläres Kapitel: Die Altkanzlerin verurteilt das Verhalten des wahrscheinlichen Bald-Kanzlers in der Bundestagssitzung vom Mittwoch. Sie halte es für "falsch", dass der CDU-Chef sich mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit holte - entgegen seiner Ankündigung vom November, genau das nicht zu tun.
So heftig, so offen wurde ein Kanzlerkandidat aus den eigenen Reihen noch nie attackiert. Da prallen zwei Fronten, ja: zwei Parteien aufeinander. Die alte Merkel-CDU setzte auf Konsens und Kompromiss. Konservative mussten unter ihr viele Kröten schlucken. Merkels Beschluss, die Grenzen 2015 nicht zu schließen, war dann eine Zäsur, er spaltete die Partei und führte zum eigentlichen Aufstieg der AfD.
Brandmauer zur AfD: Merz wollte mehrere Trennlinien ziehen
Merz wollte nun, mit dem Vorstoß im Bundestag, mehrere Trennlinien ziehen: endgültig zur Merkel-CDU, zudem eine Absage an Kompromisse - und, dies vor allem, sich damit als entscheidungsfreudiger Macher im Wahlkampf-Endspurt präsentieren.
Das ist gewaltig schiefgegangen. Die Risse innerhalb der Unionsparteien, bisher wegen des Wahlkampfs noch unterdrückt, werden voll sichtbar. Und es zeigt sich immer deutlicher: Merz hat sein Manöver ohne Not gestartet. Ein vorzeigbares Ergebnis wird es vor der Wahl ohnehin nicht geben. Hätte er bis nach dem 23. Februar gewartet - die Fronten wären klarer, er hat dann das Heft des Handelns wohl ohnehin in der Hand. Nun riss er es an sich, mit vollem Risiko. Und wird nun nicht nur von SPD und Grünen, sondern auch Wertkonservativen als unberechenbarer Wackelkandidat gesehen, der um des eigenen Vorteils willen die AfD massiv aufwertet.
Wie will er nun, nach diesem von ihm verursachten Flurschaden, nach der Wahl aussichtsreiche Koalitionsgespräche führen? Da wurden, wegen seines kompromisslosen Vorpreschens, Brücken zwischen den Demokraten abgebrochen. Auf beiden Seiten. Brücken, die wir noch dringend brauchen werden.
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