Nun geht es erst richtig los: SPD und Union müssen ihre Koalition aushandeln - von links Markus Söder, Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Saskia Esken.
© Kay Nietfeld/Kay Nietfeld/dpa
1
Nun geht es erst richtig los: SPD und Union müssen ihre Koalition aushandeln - von links Markus Söder, Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Saskia Esken.

Kommentar

Billionen-Paket gebilligt: Die ersten Hürden sind genommen - es folgen jede Menge weitere

Geschafft: Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Markus Söder werden tief durchgeatmet haben, als das Ergebnis der Abstimmung im alten Bundestag bekanntgegeben wurde. Sie haben jene Zwei-Drittel-Mehrheit bekommen, um das Grundgesetz so zu ändern, dass der Weg frei wird für ihre milliardenschweren Pakete - und für die Reform der Schuldenbremse.

Dass der Bundesrat am Freitag ebenfalls zustimmen wird, ist nach der Klärung der Querelen zwischen CSU und Freien Wählern in Bayern nur noch Formsache. Damit haben die angehenden Koalitionäre eine heftig umstrittene Hürde genommen - und müssen nun erst in ihren Verhandlungen, dann vor allem in der konkreten Regierungsarbeit Gewaltiges leisten.

Die Sorgen sind ernst zu nehmen

Es ist ohne Zweifel eine Zäsur. Die einen sagen: eine katastrophale Zäsur. Das sind die Gegner der Verschuldung. Im Bundestag meldeten sich da vor allem die Liberalen zu Wort - zum vorerst letzten Mal. Sie befürchten, dass sich Deutschland mit den Milliarden-Paketen nicht Spielraum schafft - wie es die Befürworter sagen -, sondern künftigen Spielraum beschneidet: weil die Schuldenlast künftige Haushalte erdrückt.

Diese Sorgen sind ernst zu nehmen. Steigende Zinsen, steigende Inflation, in der Folge eine Ansteckung anderer europäischer Staaten und eine Neuauflage der Euro-Schuldenkrise: Dieses Worst-Case-Szenario ist nicht auszuschließen.

Aber die bisherigen Signale in Europa und der Welt deuten in eine andere Richtung: Das Mega-Paket wird als eindeutige Botschaft interpretiert - und die lautet: Deutschland macht nun auch mit Taten, nicht nur mit Reden Ernst mit jener Zeitenwende, die nach Trumps Wahlsieg die Bundesrepublik vor nicht neue, aber nun ganz klar sichtbare und dringend anzupackende Herausforderungen stellt.

Das Land muss rasch und klug nachholen, was es jahrzehntelang versäumt hat: die Bundeswehr verteidigungsbereit - man kann auch sagen: kriegstüchtig - zu machen. Die Bedrohung ist sichtbar. Wer da, wie das BSW, eine Parallele zu den Kriegskrediten von 1914 zieht, der verbiegt fahrlässig Geschichte: Damals wurde Geld für einen Angriffskrieg bewilligt, nun geht es um Verteidigungsbereitschaft angesichts eines russischen Aggressors, der keinerlei Friedenssignale aussendet.

Die Runderneuerung der Infrastruktur ist überfällig

Notwendig ist auch die Runderneuerung der deutschen Infrastruktur - überfällig seit vielen Jahren. All diese Investitionen können einen Riesen-Schub für die zu lange zu schwache deutsche Wirtschaft bringen - und sich so zu einem Gutteil selbst refinanzieren.

Die entstehende Koalition braucht nun Disziplin und Klugheit: Sie muss tatsächlich trotz der Milliarden sparen - und zumindest versuchen, einen großen Wurf zu landen. Reformvorschläge für einen handlungsfähigeren Staat liegen auf dem Tisch. Wenn Union und SPD sie aufgreifen und umsetzen, können sie auch bei jenen Vertrauen zurückgewinnen, die nun enttäuscht oder wütend sind über ein Billionen-Paket, von dem vor der Wahl keiner geredet hatte.

1 Kommentar