Zerstörte Plakate gab es schon immer in Wahlkämpfen. Seit letzter Woche steigt die Aggressivität aber sichtlich. Hier ein heruntergerissenes FDP-Plakat in Nürnberg.
© Janik Westerweller
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Zerstörte Plakate gab es schon immer in Wahlkämpfen. Seit letzter Woche steigt die Aggressivität aber sichtlich. Hier ein heruntergerissenes FDP-Plakat in Nürnberg.

Kommentar

Attacken, Vorwürfe, Rückzug in die Wagenburg: Die Demokraten bekämpfen sich gegenseitig

Ach, worüber könnte man in diesem Wahlkampf alles streiten! Über Steuern, Wachstum, Klima, Bildung, Wohnungen... über Wege in eine bessere Zukunft. Stattdessen hat sich die Auseinandersetzung aufs Thema Migration verengt - das wichtig ist, aber nun höchst polemisch und teils faktenfrei besprochen oder eher beschrien wird. Leider.

Blicken wir nach Erlangen: Da kündigt die CSU die Zusammenarbeit mit der SPD im Stadtrat auf. Begründung: die Tonlage, mit der SPD-OB Florian Janik bei einer Demo am Freitag gesprochen hatte. "Wieder einmal sind es die sogenannten bürgerlichen Parteien, die der extremen Rechten das Feld bereiten", so Janik mit Blick auf die Bereitschaft von CDU und CSU, eine Mehrheit mit Stimmen der AfD zu akzeptieren. Er blickte auf den Bund, nicht auf die Kommunalpolitik.

Das "Tor zur Hölle" wurde doch nicht geöffnet

Das gewagte Unternehmen, auf das sich Friedrich Merz ganz bewusst einlassen wollte, ist gescheitert. Jenes "Tor zur Hölle", von dem SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in nicht mehr steigerbarem Pathos sprach und das Janik zitierte, wurde also doch nicht geöffnet.

Gut so: Wer sehen musste, wie die AfD der ersten Abstimmung von einer "neuen Epoche" schwärmte, der spürte: Was der CDU-Chef da wagte, das war genau der Tabubruch, von dem er nun nichts mehr wissen will. Ein Schritt hin zur Normalisierung der AfD - die das genau so verstand wie viele empörte Bürger auch.

Es war, das ist festzuhalten, Merz, der mit seinem Manöver jene Emotionswelle auslöste, die nun das Land überzieht. Merz lieferte seinen Gegnern den absehbaren Anlass, ihn und die Unionsparteien nun in Frage zu stellen, an seiner Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Er bot ihnen eine offene Flanke, ohne Not.

Das darf es all jenen, die nun gegen einen Rechtsruck demonstrieren, aber nicht erlauben, ihn und andere zu oft völlig maßlos zu diffamieren und auszugrenzen. Es ist gut und wichtig, dass viele auf die Straße gehen in Sorge um die Stabilität der Demokratie. Aber es wäre ebenso wichtig, dass sich dabei alle um einen zivilen Umgang bemühen.

Die Nazi-Keule gegen die CDU schwingen - bitte nicht!

Das schließt Gewalt ohnehin aus, zu der auch das Zerstören von Plakaten gehört oder verbale Drohungen. Und es bringt nichts, nun mit der Nazi-Keule auf CDU, CSU, teils auch FDP einzuprügeln. Die CDU regiert in drei Bundesländern mit den Grünen, von faschistischen Projekten ist da nichts überliefert...

Wir erleben einen gefährlichen Rückzug in Wagenburgen rund um die Mitte. Die Merz-Union schart sich um den angeschlagenen Chef. Sie attackiert alle Kritiker ähnlich pauschal und heftig wie diese Kritiker ihrerseits gegen die CDU austeilen.

Und alle sagen: Wenn die nächste Regierung nicht liefert, dann erleben wir 2029, wie die AfD übernimmt. Aber: Sie tun zu wenig dagegen, dass es so kommt. Sie beschädigen sich selbst gegenseitig. Vertiefen Gräben anstatt sie zuzuschütten.

All das macht die zwingende Zusammenarbeit der Demokraten nach der Wahl noch schwieriger. Und alle wissen das.

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