Konferenz endete ohne Durchbruch
Artensterben und Klimawandel bedrohen unsere Lebensgrundlagen. Aber zum Umsteuern fehlt der Wille.
Der Fortschritt ist bekanntlich eine Schnecke. Nur: Auch einige Schneckenarten sind vom Aussterben bedroht. Und was nun bei der Artenschutzkonferenz an greifbaren Ergebnissen herauskam, das ist insgesamt eher ein Rück- als ein Fortschritt. Und das Tempo, mit dem die Weltgemeinschaft - sofern vorhanden - das Thema angeht, ist deutlich langsamer als das von Schnecken.
Warum ist die Biodiversität so wichtig? Die Erde hat schon etliche Phasen überstanden, in denen es Artensterben im großen Ausmaß gab. Der Unterschied zu dem, was die Welt aktuell erlebt: Damals war der Schwund von Arten auf natürliche Prozesse zurückzuführen. Nun ist es das Eingreifen des Menschen in Kreisläufe der Natur - und das hat, weil es zu oft brutal und rücksichtslos ist, immer sichtbarere Folgen.
Je weniger Arten es gibt, umso gefährdeter sind Ökosysteme
Leergefischte Meere. Gerodete Regenwälder. Verschwundene Biotope - die Liste an Verlusten lässt sich verlängern. Und immer sind auch Arten betroffen, die verschwinden. Je vielfältiger die Natur aber ist, desto robuster kann sie Risiken überstehen - je weniger Arten es gibt, umso gefährdeter sind Ökosysteme etwa gegen die Herausforderungen des Klimawandels.
Beide Krisen - Artensterben und Erderwärmung - hängen daher eng zusammen, verstärken sich gegenseitig. Der Klimawandel bestimme darüber, wie wir als Menschheit überleben - und das Artensterben darüber, ob wir überleben: So bringt es Katrin Böhning-Gaese auf den Punkt, die Geschäftsführerin des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung.
Die Resultate unserer Übernutzung und Ausbeutung werden zwar immer sichtbarer - siehe die Flutkatastrophe in Spanien, die durch den Klimawandel forciert wurde. Aber: Der Zeitgeist weht allen ins Gesicht, die ein Umdenken fordern. Spaniens Rechtsaußen-Partei Vox spricht von "Umweltfanatismus", den Ökologen betreiben. Trump hält den Klimawandel für eine Lüge, eine Erfindung der Chinesen oder etwas Gutes, weil es dann "mehr Grundstücke am Strand" gebe. FDP-Chef Lindner fordert ein Ende der bisherigen Klimapolitik, deren Stellenwert auch bei den anderen Parteien deutlich gesunken ist - alles Anzeichen für das Gegenteil von Umsteuern, für ein "Weiter so", mit dem trotzigen Zusatz "Jetzt erst recht".
Die wohlhabenden Staaten speisen die ärmeren mit Almosen ab
Bezeichnend, wie die Artenschutz-Konferenz zu Ende ging: Weil etliche Teilnehmende aus ärmeren Staaten abreisen mussten, war die Versammlung nicht mehr beschlussfähig. Diese Staaten sind in der Regel die Leidtragenden der Natur-Ausbeutung. Beschlossen wurde immerhin ein Fonds für die Aufteilung von Gewinnen, die aus der Nutzung von Gendaten von Pflanzen und Tieren aus Entwicklungsländern stammen. Mit dem Geld werden dann ärmere Länder unterstützt. Bindend ist das nicht, abzuführen wäre ein Promille der Gewinne.
Ein viel sagender Beschluss: Die wohlhabenden Staaten, die vor den Risiken des Raubbaus die Augen verschließen, speisen diejenigen mit Almosen ab, denen die Folgen längst zu schaffen machen.
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