Fahnder brauchen mehr Befugnisse

Anschlag in München: Das Sicherheitskonzept hat sich bewährt - doch die Terrorgefahr erfordert mehr

Roland Englisch

München-Korrespondent

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5.9.2024, 15:43 Uhr
Binnen Minuten hat die Polizei mit einem Großaufgebot die Lage in München in den Griff bekommen. Die jahrelange Vorbereitung hat sich als effektiv erwiesen.

© Simon Sachseder/Simon Sachseder/dpa Binnen Minuten hat die Polizei mit einem Großaufgebot die Lage in München in den Griff bekommen. Die jahrelange Vorbereitung hat sich als effektiv erwiesen.

Zwar ergeben die Details zum Münchner Attentäter noch ein unvollständiges Bild, doch zwei Erkenntnisse lassen sich gewinnen. Bayerns Sicherheitskonzept hat funktioniert. Und wer sich damit zufriedengibt, verkennt die Gefahr, mit der wir leben.

Seit Jahren bereiten sich unsere Sicherheitsbehörden auf den Tag X vor, hat das bayerische Innenministerium in den Ausbau der Polizei investiert, die Beamtinnen und Beamten immer besser ausgerüstet und ausgebildet. Jetzt ist der Tag X eingetreten - und es hat sich gezeigt, dass jeder Cent gut angelegt und das Sicherheitskonzept tragfähig ist.

Der Staat muss alle schützen

Denn die Terrorgefahr ist real, auch bei uns; und sie nimmt täglich zu, durch Islamisten, durch Rechtsterroristen, durch linke Gewalttäter. Oberste Aufgabe des Staates ist, dass er seine Bürgerinnen und Bürger bestmöglich davor schützt. Und bestmöglich bedeutet auch, dass er dafür Geld ausgeben muss.

Bayern hat unter Edmund Stoiber diesen Weg verlassen, wie andere Bundesländer bei der Polizei gespart. Es war ein Irrweg, den das Land wieder verlassen hat. Auch das hat seine Kritiker gefunden, die vor zu viel Polizei, vor dem Polizeistaat, gewarnt haben.

Sicher, es gilt, wie überall, das richtige Maß zu finden. Doch das blinde Misstrauen, das manche den Sicherheitskräften entgegenbringen, ist unangebracht. Nicht erst in München hat sich gezeigt, dass Polizeibeamte ihr Leben für andere riskieren. Das verdient Respekt. Und verpflichtet den Staat seinerseits, dass er ihr Leben bestmöglich schützt.

Dazu gehört auch, dass der Staat den Sicherheitsbehörden alle Instrumente an die Hand gibt, die sie für ihre Arbeit brauchen. Wir leisten uns in der Bundesrepublik den Luxus, dass wir unseren Fahndern die Augen verbinden.

Die Sicherheit muss neu gedacht werden

Noch immer gibt es bei uns keine Vorratsdatenspeicherung, die schwerste Straftaten im Internet rückverfolgbar macht. Noch immer ist das Internet ein weitgehend geschützter Raum, in dem sich Menschen zu schwersten Verbrechen verabreden, sich radikalisieren - und die Sicherheitsbehörden bleiben draußen.

In ruhigeren Zeiten konnte das Land sich das vielleicht noch leisten. Doch die sind vorbei, für lange Zeit. Fanatiker, Kriminelle, russische Trolle und Saboteure bedrohen unser Land, unsere Gesellschaft, unsere Gesundheit. Darauf muss der Staat reagieren. Auf der Straße hat er es in Bayern bereits getan. Jetzt muss der präventive Bereich folgen.

So bitter das ist: Wir werden uns von lieb gewonnen Freiheiten verabschieden müssen. Dass die Polizei beispielsweise nur kontrollieren darf, wenn sie dafür einen erkennbaren Grund hat, passt nicht in die Gegenwart. Und so wertvoll auch der Abbau der Grenzkontrollen war - zur Wahrheit gehört, dass dies auch für Übeltäter eine offene Tür geworden ist.

Deutschland, die Politik, muss die Sicherheit des Landes deshalb neu denken. Nicht, weil die Freiheit kein Wert ist. Sondern, weil diese Freiheit bedroht wird.

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