Deutschland vor der Bundestagswahl
Alarmierend: Frankreich, Österreich, Belgien und die Niederlande ringen um stabile Bündnisse
6.12.2024, 12:36 Uhr"Um uns herum wird die Weltlage immer dramatischer. Und Zentraleuropa ist im Wesentlichen mit sich selbst beschäftigt." Ein kluger Satz, den Robert Habeck an den Beginn seiner jüngsten Bundestagsrede zur Lage der Wirtschaft gestellt hat. Denn sowohl in Deutschland als auch in etlichen Nachbarländern gibt es derzeit einen Mangel an stabilen Regierungen.
Eine ungewöhnliche Situation, die es in dieser Ballung schon lange nicht mehr gegeben hat. Und eine Entwicklung, die Sorge bereitet. Denn eine der Verheißungen der Demokratie lautet: Am Ende wird es in den Parlamenten den dort vertretenen Parteien gelingen, sich auf einen tragfähigen Kompromiss zu einigen.
Trübe Perspektiven für Frankreich
Genau dies gelingt zum Beispiel den Franzosen seit geraumer Zeit nicht mehr. Drei in etwa gleich große politische Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber, keiner der mathematisch denkbaren Konstellationen verspricht Stabilität. Und der Präsident Emanuel Macron versucht sich mit Kritik an den bockigen Parlamentariern im Amt zu halten. Trübe Perspektiven für ein Land, das mit Deutschland zu den Treiber der europäischen Einigung zählt.
Weiteren Kernländern der EU, den Niederlanden und Belgien, geht es nicht wesentlich besser. Auch dort sind stabile Verhältnisse eher Wunschdenken denn Realität. Und auch Österreich ringt um ein tragfähiges Bündnis: Viele Experten geben einer Kooperation von ÖVP, SPÖ und Neos keine allzu lange Halbwertszeit. Und sehen die FPÖ, also die Rechtspopulisten, bereits als nächsten Koalitionspartner bereitstehen. Zur Erinnerung: Parteichef Kickl lässt seinen Fantasien von einem "Volkskanzler" seit langem ungeniert freien Lauf.
Was uns zurück in die oben genannten Krisenländer führt: In Frankreich scheint ein noch stärkerer Anteil des RN von Marine Le Pen nur mehr eine Frage der Zeit, in den Niederlanden ist der extrem Rechte Geert Wilders schon am Ruder. Und in Deutschland?
Hier steuert das Land auf schwierige Zeiten zu. Bei Umfragen zu den Bundestagswahlen am 23. Februar liegt die AfD in allen Umfragen auf Platz zwei hinter der Union. Für eine Blockadepolitik sind die derzeit genannten 18 Prozent Wählerstimmen zwar nicht ausreichend, doch der Höhenflug der AfD scheint unaufhaltsam.
Am Ende kennt die Instabilität nur einen Sieger: den Populismus
Wozu das führen kann, ist derzeit im Osten der Republik zu beobachten: Dort versuchen teils abenteuerliche Bündnisse Politik zu machen. Dass dies in Brandenburg, Thüringen und Sachsen fünf Jahre lang gut geht, glauben selbst sehr optimistische Beobachter nicht.
Im Zentrum Europas wird es also immer schwieriger, stabile Regierungen, die aus kompromissfähigen Partner bestehen, zu formieren. Das ist ein alarmierender Befund, denn am Ende kennt die Instabilität nur einen Sieger: den Populismus. Übrigens: Kommen Populisten an die Regierung, gibt es keine Garantie, dass sich diese Kräfte dann selbst zerlegen. In Italien regieren die Postfaschisten schon erstaunlich lange. Trübe Aussichten.
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