Pläne der VNP-Verlegerinnen

Zukunftsprojekt in Nürnberg: Warum in diesen Zeiten ein „Haus der Demokratie“ dringend notwendig ist

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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12.10.2024, 19:59 Uhr
Der Sitz des Verlags Nürnberger Presse in der Marienstraße 11 (rechtes Gebäude) kann in einigen Jahren zum "Haus der Demokratie" werden.

© Michael Matejka/NN Der Sitz des Verlags Nürnberger Presse in der Marienstraße 11 (rechtes Gebäude) kann in einigen Jahren zum "Haus der Demokratie" werden.

An Erinnerungsorten mangelt es Nürnberg nicht. Auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände, einem der größte Täterorte Deutschlands, ist Hitlers Größenwahn nachvollziehbar. Und im Dokumentationszentrum in der Kongresshalle ist viel über Propaganda und deren Wirkung zu erfahren.

Dass im Innenhof der Kongresshalle bald das Nürnberger Staatstheater heimisch wird, war kein Selbstläufer. Jahrelange Debatten über den "richtigen" Umgang mit den steinernen Resten der Nationalsozialisten gingen der Entscheidung für eine intensive kulturelle Nutzung voraus. Bald wird die Kongresshalle zu einem Kulturort mutiert sein, der weit über Nürnberg hinaus Beachtung finden dürfte - ein Sieg der Demokratie über die Diktatur.

Auch der Saal 600 ist ein besonderer Ort, gilt er doch als Geburtsstätte des modernen Völkerstrafrechts. Am Schauplatz der Nürnberger Prozesse wird vom Ende des Nazi-Diktatur nach vorne gedacht - unter Betonung global wirksamer Rechtsnormen, den Nürnberger Prinzipien.

Neben der Justiz gibt es noch eine weitere Instanz, die als Kitt der Demokratie wirkt - die freie Presse. Als so genannte IV. Gewalt erfüllt sie eine wichtige Wächterfunktion, deckt Skandale auf und blickt den Mächtigen in Politik und Wirtschaft auf die Finger. Zudem sind seriöse Medien Garanten verlässlich recherchierter Informationen, auf deren Basis die profunde Meinungsbildung überhaupt erst erfolgen kann. Und auch hier hat Nürnberg einen hochspannenden Ort zu bieten, der bislang der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt ist: Das als Gauhaus der Nazis erbaute Gebäude in der Marienstraße 11.

Haus der Demokratie in Nürnberg: Projekt hat Unterstützung verdient

Wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs zogen dort die Nürnberger Nachrichten ein - exakt in das Haus, das rund zehn Jahre vorher der Antisemit Julius Streicher, der als Herausgeber des Hetzblattes "Der Stürmer" für übelste Hassbotschaften stand, errichten ließ.

Wenn nun die Verlegerinnen des Verlags Nürnberger Presse, Bärbel Schnell und Sabine Schnell-Pleyer, diesen Ort in ein "Haus der Demokratie" verwandeln wollen, hat dies Unterstützung von Stadt, Land und Bund verdient. Denn an keinem anderen Ort lässt sich der Bogen von der verheerenden Wirkung von Propaganda in einer Diktatur bis zur Demokratie-stabilisierenden Funktion einer unabhängigen Presse besser darstellen.

In einer Zeit, in der viele Demokratien von Desinformationskampagnen und Fake News destabilisiert werden, gibt es keinen geeigneteren Lernort als diesen. Noch ist der Weg lang, ehe dort Schüler und Erwachsene ihre Medienkompetenz, ihr Wissen über demokratische Strukturen und die Bedeutung seriöser Quellen sowie der Pressefreiheit vertiefen können. Doch schon heute steht fest: Es gibt keinen authentischeren Lernort - das "Erfolgsmodell ,Demokratie‘", so die Verlegerinnen, kann dort vermittelt werden. Das ist in Zeiten, in denen Populisten und Extremisten die Demokratie auszuhöhlen versuchen, wichtiger denn je.

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