Fall 2 der Aktion "Freude für alle"

Von der U-Bahn erfasst: Früherer Lagerist ist nach übler Attacke halbseitig gelähmt

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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14.11.2022, 08:00 Uhr
Eine U-Bahn steht an der Haltestelle "Hauptbahnhof" am Gleis.

© Daniel Karmann/dpa/Archiv Eine U-Bahn steht an der Haltestelle "Hauptbahnhof" am Gleis.

Ein solcher Einsatz gehört zum Furchtbarsten, was im Betrieb der Nürnberger U-Bahn passieren kann: Ein Mensch wird von einem einfahrenden Zug erfasst, eingeklemmt und schwerst verletzt. Widerfahren ist das Jonathan B. (Name geändert) vor bald drei Jahren. Allerdings nicht einfach so: Der damals 33-Jährige wurde rüde geschubst, ja regelrecht mit voller Absicht gestoßen. Und das ausgerechnet an Heiligabend.

Kurz vor Mitternacht war der Nürnberger am Hauptbahnhof unterwegs. Auf einem Bahnsteig der U-Bahn kam es zu einer Auseinandersetzung mit einem Mann, der offenkundig schon ziemlich angetrunken war. Jonathan B. wies ihn ab - und der rammte ihn wutentbrannt mit solcher Wucht, dass der 33-jährige ins Gleisbett purzelte, als gerade ein Zug einfuhr. Er selbst konnte dazu lange nichts sagen, denn er erlitt schwerste Verletzungen mit diversen Brüchen und ist, weil ein Hauptnerv an der Schulter durchtrennt wurde, bis heute halbseitig gelähmt.

Aber der Hergang ließ sich über die Videoaufzeichnungen der Verkehrs-AG Minuten nach dem Vorfall nachvollziehen. Der Täter wurde inzwischen wegen versuchten Totschlags rechtskräftig verurteilt - zu neun Jahren Haft. Jonathan B. bekam Hilfen nach dem Opferentschädigungsgesetz zugesprochen. Aber das bringt ihm weder die körperliche noch die geistige Kraft zurück. Er wird auf fast alles verzichten müssen, was ihm viel bedeutete, Fußballspielen zum Beispiel, Reisen wohl auch. "Dazu kommen immer wieder Panikattacken, deshalb muss fast immer jemand bei ihm sein", berichtet eine Bekannte, die sich dazu entschloss, ihn bei sich aufzunehmen.

Mutter brach unter Last zusammen

Denn auch Jonathans Eltern hatte der fatale Schubs und Sturz schwer zugesetzt - psychisch, aber auch körperlich. Denn zunächst übernahm die Mutter aufopferungsvoll ihres Sohnes. Doch damit hat sie sich wohl übernommen: Inzwischen ist sie selbst pflegebedürftig (Pflegegrad 2), der Vater muss sich aktuell einer Herz-OP unterziehen. So hat der Täter nicht nur einem Menschen seine Lebensperspektiven zerstört, sondern die von anderen gleich mit.

Natürlich benötigt Jonathan Hilfe bei fast allen täglichen Abläufen, egal ob beim Anziehen, Duschen oder Rasieren. Einen Hoffnungsschimmer gibt es immerhin: Dank ärztlicher Kunst, Physiotherapie und intensiven Trainings schafft er es seit wenigen Monaten, mit Krücken wenigstens wieder kurze Wege zu bewältigen und zum Beispiele allein zur Toilette zu gehen.

Rehabilitation wird viel Zeit benötigen

Auch eine berufliche Rehabilitation ist zumindest angelaufen, doch bei einem Grad der Behinderung von 100 ist an eine Rückkehr in seine frühere Tätigkeit als Lagerist nicht zu denken. "Dabei muss er täglich zu seiner Firma gefahren werden und manchmal auch vorzeitig wieder abgeholt", sagt die Bekannte, das fühle sich manchmal an wie bei einem Kindergartenkind. "Aber man darf nicht über alles nachdenken und muss einfach funktionieren."

Treue Spenderinnen und Spender werden sich vielleicht erinnern, dass die Weihnachtsaktion bereits vor einem Jahr auf das Schicksal des jungen Mannes aufmerksam gemacht hatte. Dass sich seither wenigstens ganz bescheidene Verbesserungen ergeben haben, ist ein großer Lichtblick. Der Bedarf an Unterstützung aber ist dadurch keineswegs geschrumpft, im Gegenteil: Durch die Aufnahme bei der Bekannten sind in deren Wohnung wichtige Anpassungen erforderlich, die nicht alle von der Pflegekasse übernommen werden.


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