Live-Podcast

Streit vor Publikum: Wie man seinem Chef gründlich den Abend vermiest

4.7.2024, 16:25 Uhr
Live im Museum für Kommunikation: Chefredakteur Michael Husarek und Lukas G. Schlapp nehmen einen Streit-Podcast vor Publikum über Digitalisierung auf.

© Stefan Hippel Live im Museum für Kommunikation: Chefredakteur Michael Husarek und Lukas G. Schlapp nehmen einen Streit-Podcast vor Publikum über Digitalisierung auf.

Sich mit seinem Chef zu streiten, ist selten eine gute Idee. Wenn die Auseinandersetzung dann ausgerechnet noch vor 100 Menschen stattfindet - na dann gute Nacht. Aber in diesem Fall heißt es: herzlich willkommen! Denn wir befinden uns im ersten live vorgetragenen Podcast der neuen Reihe "Bratwurst mit Chilli" - und da darf es natürlich feurig zur Sache gehen.

Da sitzen sie, die beiden. Auf der Bühne im Foyer des Museums für Kommunikation. Auf der linken Seite, hellblau behemdet, Chefredakteur Michael Husarek - "ich bin dann wohl die Bratwurst" - und ihm gegenüber, lange Locken, pinkfarbene Socken, der Volontär Lukas G. Schlapp, der mit jugendlicher Verve das Chilli beifeuert. Denn die knapp 30 Jahre, die zwischen beiden liegen, schaffen genug Raum für sehr unterschiedliche Sichtweisen. Egal, ob es dabei um Autorennen, Kartenzahlung oder Digitalisierung geht. Und natürlich geht es um Digitalisierung, denn wir befinden uns ja mit dem Streitpodcast mitten im Programm des noch bis 10. Juli laufenden Nürnberg Digital Festival.

Unerwartete Kritik

Lukas G. Schlapp und Michael Husarek wissen zu Beginn selbst nicht, wohin sie die Wellen auf dem Meer der Diskussion in den nächsten 70 Minuten treiben werden. Und vor allem: Wird es auch wirklich ein Streit, wie es der Titel verspricht? Nur um der Diskussion wegen eine andere Haltung einzunehmen - das ist nicht ihre Sache. Stets authentisch bleiben, ist das Credo. Die Sorge, dass zu viel Harmonie einkehren könnte, ist allerdings unbegründet. Denn Michael Husarek packt gleich einen Kracher des Volontärs aus. Und dann kommt sogar noch Kritik von unerwarteter Seite - aber der Reihe nach.

"Mir hat‘s da die Laune gründlich vermiest", sagt Michael Husarek und erinnert an jenen Abend, als er wie immer gegen 20 Uhr die elektronische Ausgabe der Nürnberger Nachrichten auf sein Handy bekam. An diesem Tag war er nicht im Dienst gewesen und las daher mit Interesse, was ein gewisser Lukas G. Schlapp kommentiert hatte. Aha, die Tatsache, dass die Bahn die Plastikversion ihrer Bahncard abschaffen will und nur noch digital herausgibt. Ja, das muss man wirklich kommenti... Bitte wie? Aber doch nicht so!

Lukas G. Schlapp grinst derweil und liest genüsslich seinen Kommentar noch einmal vor: Die Abschaffung des "Kärtla" sei konsequent, praktisch und zeitgemäß. Husarek atmet durch. Als erfahrener Redakteur wusste er bereits an jenem Abend, was ihn morgen erwarten wird: ein Shitstorm in Windstärke 12. Luft mit Schaum und Gischt. Und so kam es auch. Als Zumutung empfanden etliche Leser, dass sie gezwungen werden sollen, das Handy anstelle des Geldbeutels zu nutzen. Und dass eine Zeitung das auch noch gut findet! Die kommt doch selbst noch haptisch, also in Papierform daher.

Dann erhebt sich ein Herr aus den Reihen der gespannt lauschenden Zuhörer und sagt ins Mikrophon, wie aufgebracht er war, als er den Kommentar lesen musste. "Am liebsten hätte ich sofort einen Leserbrief geschrieben", sagt er, "doch das ist vielleicht ein bisschen komisch, wenn der Autor des Kommentars der eigene Sohn ist." Mittlerweile, so ergänzt Lukas G. Schlapp lachend und der Herr Papa nickt zustimmend, sei er aber bei seinen Eltern wieder willkommen.

Schlechte Karten ohne Karte

Und so geht es kontrovers weiter. Generell Kartenzahlung statt Bargeld? Der Jüngere findet es genau richtig, der Ältere hat die Erfahrung im Schwedenurlaub gemacht, dass dort selbst das einzelne Brötchen mit Karte gezahlt wird, kann hierzulande aber darauf gut verzichten. Nicht weniger unterhaltsam wird es, wenn die Streithähne unisono krähen, was durchaus vorkommt.

So halten beide die Künstliche Intelligenz für ein wichtiges Instrument, führen aber noch so ihre Kämpfe damit. Lukas G. Schlapp berichtet, wie er für ein Mehrgänge-Menü, das er zubereiten wollte, Rezepte aus dem Internet zusammengestellt hat. Aus den Zutaten die Einkaufsliste zu erstellen, das schien ihm zu mühsam. Er vertraute diese Aufgabe Chat GPT an - und kaufte nach dieser erstellten Liste ein. Zu Hause bemerkte er, dass ein guter Teil fehlte, weil er gar nicht erst auf der Liste stand. "Hast du etwas vergessen?", fragte er das Computerhirn. Die Antwort: "Ja, ich habe folgende Zutaten nicht beachtet...", um dann gewissenhaft die ausgelassenen Artikel aufzuschlüsseln.

Am Ende geht es weiter

Dass es dem Publikum mehrheitlich gefallen hat, konnte man am Ende sogar bei einer Blitzumfrage via Smartphone von der Videoleinwand ablesen, die das Museum als Gastgeber eingerichtet hat. Für heute sind die Mikrophone stumm, die Lichter gehen aus und der Ältere von beiden ist bereit, sich auf sein Rad zu schwingen. "Kein E-Bike?", staunt der Jüngere, "ich dachte ab 50 braucht man..." Da ist doch schon wieder Zündstoff für eine nächste Folge drin.

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