Podcast mit Harald Riedel
Nürnbergs Stadtkämmerer: Kein "Kahlschlag", sondern eine Offensive
9.11.2022, 16:57 UhrEs ist der letzte Haushalt, den Stadtkämmerer Harald Riedel zu verantworten hat, ehe er am 30. April 2023 in den vorzeitigen Ruhestand geht. Und der hat es in sich. Riedel hat massive Einsparmaßnahmen angekündigt, um die Finanzen der Stadt einigermaßen im Lot zu halten. Vor allem der Aufschrei aus der Kultur war laut und heftig. Alles halb so wild, meint Harald Riedel und spricht sogar von einer Offensive für die Kultur.
Seine Kürzungsvorschläge für den kulturellen Bereich, verbunden mit der Frage, ob bestimmte Veranstaltungen wie Bardentreffen oder das Klassik-Open-Air wirklich jährlich stattfinden müssen, haben nicht nur Kulturschaffende auf die Barrikaden getrieben. Jetzt liegt ein Kompromiss vor, auf den sich die drei großen Parteien im Stadtrat (CSU, SPD und Grüne) geeinigt haben. Damit kann Riedel gut leben, sagt er im Podcast "Horch amol".
Die Aufregung drumherum versteht er allerdings nicht ganz. Wer von einem "Kahlschlag" der Kultur spreche, der müsse nur einen Blick in den mittelfristigen Investitionsplan der Stadt werfen, so der Kämmerer. Dort schlage allein der Ausbau der Kongresshalle mit den Ermöglichungsräumen für die Kulturschaffenden mit 211 Millionen Euro zu Buche. Die Sanierung des Museums Industriekultur konnte ebenfalls noch berücksichtigt werden, weshalb Riedel eher von einer "Kulturoffensive" und von einem "Zukunftspaket Kultur im besten Sinn" spricht.
Sparen wieder im Vordergrund
Angesichts der hohen Investitionen in die Kultur, war Riedels Vorschlag die kulturellen Großveranstaltungen nur noch alle zwei Jahre stattfinden zu lassen, als eine Art "kleine Gegenfinanzierung gedacht. Denn dass die Stadt sparen muss, daran besteht kein Zweifel. "Unser letzter Haushalt wurde von der Regierung von Mittelfranken gerade noch so genehmigt", macht der Stadtkämmerer deutlich. Man habe in den vergangenen Jahren Sparrunden verzichtet. Doch jetzt "muss das Sparen wieder in den Vordergrund rücken", so Harald Riedel.
Betroffen davon ist zwar auch der Kulturbereich, aber alle anderen städtischen Referate eben auch, betont der Kämmerer. Die Streichung von 500 Stellen sei für alle Dienststellen ein schmerzhafter Einschnitt. Gleichzeitig steht die Stadt in etlichen Bereichen vor großen Herausforderungen. Harald Riedel nennt als Beispiele die Digitalisierung der Kommunalverwaltung, den ÖPNV oder die Energieversorgung in der Stadt. Nicht zu vergessen will er das Thema "sozialer Zusammenhalt", das er auch mit dem Bau und der Sanierung von Schulen und Kindertagesstätten in Verbindung bringt.
Keine Steuererhöhungen geplant
Doch woher soll das benötigte Geld kommen? An der Steuerschraube will der Stadtkämmerer nicht drehen. Die letzte Gewerbesteuererhöhung sei noch vermittelbar gewesen, weil er aufzeigen konnte, dass die Mehreinnahmen in notwendige Investitionen fließen. In der momentan schwierigen wirtschaftlichen Lage könne man den Unternehmen nicht noch mehr aufbürden, so Riedel und gleiches gelte auch für die Grundstücksbesitzer, die keine Erhöhung der Grundsteuer fürchten müssen.
Bleibt der Ruf nach dem Freistaat Bayern, der für die Stadt Nürnberg Gutes tun könnte. Beispielsweise in Sachen städtische Schulen und die Bezahlung der Lehrkräfte. Diesen Sonderweg möchte Nürnberg am liebsten wieder verlassen. "Wenn der Freistaat bereit wäre, die Hälfte der 60 Millionen Euro jährlicher Personalkosten zu übernehmen, wäre unserem Haushalt schon sehr geholfen", sagt Riedel, dessen Ziel es ist, den Haushalt dauerhaft um jährlich 50 Millionen Euro zu entlasten.
Allein der Stadt fehlt es in dieser Sache an einem "Druckmittel" gegenüber dem Freistaat, der die Stadt "am langen Arm verhungern lassen kann". Im Gesamtpaket der Sparvorschläge steckt deshalb auch der Arbeitsauftrag an OB Marcus König das Thema nochmal anzupacken und entsprechende Gespräche zu führen.
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