Eltern sind sauer
Nürnberg: Testpflicht in katholischen Kitas sorgt für Ärger
30.11.2021, 08:46 UhrFür Angelika K. (Name geändert) und ihre Familie war es der reinste Hindernislauf. "Wir haben extra das Clubspiel am Sonntag abgewartet, bevor wir unsere Tochter testen ließen", sagt die 30-Jährige. "Doch dann war in mehreren Testzentren kein Material mehr da." Anderswo standen die Menschen auch nachmittags noch Schlange, die Wartezeit in der Kälte wollte K. weder sich noch ihrer Fünfjährigen zumuten.
Doch am Montagmorgen sei die Lage auch nicht viel besser gewesen, sagt die Nürnbergerin, deren Kind einen katholischen Kindergarten in der Südstadt besucht. Erst nach 90 Minuten waren Mann und Tochter im Testzentrum an der Reihe. Doch die Familie hatte keine andere Wahl: Seit dieser Woche verlangt die katholische Stadtkirche, die in Nürnberg 20 Kitas mit insgesamt 1200 Betreuungsplätzen betreibt, von ihren Schützlingen zu Wochenbeginn ein aktuelles negatives Testergebnis. Wer es nicht vorlegen kann, darf sein Kind nicht in die Einrichtung bringen.
Dass die Eltern erst wenige Tage vor der Neuerung, am Donnerstag, 25. November, informiert worden sind, ärgert auch Julius Müller, Vorsitzender des Elternbeirates der katholischen Kindertagesstätte Großgründlach. Es sei eine Zumutung, Eltern und Kleinkinder in die derzeit völlig überlasteten Testzentren zu schicken und sie dort obendrein einem erhöhten Ansteckungsrisiko auszusetzen.
"Wir haben dem Träger sogar angeboten, vernünftige Testmöglichkeiten mit aufzubauen", sagt Müller. Aber durchgedrungen sei er mit seinen Vorschlägen nicht. Ihm gehe es überhaupt nicht darum, das Testen als solches in Frage zu stellen, so der zweifache Vater. "Aber das ganze Prozedere ist unmöglich. Man hat mit uns Eltern im Vorfeld überhaupt nicht das Gespräch gesucht." Er frage sich auch, ob eine solche Vorgabe eines einzelnen Trägers überhaupt rechtens sei.
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In der Tat beschreitet die katholische Kirche mit ihrer Regelung einen Sonderweg. Die meisten anderen Einrichtungen setzen auf Selbsttests, die der Freistaat Bayern den Eltern zu Verfügung stellt. Bis zu drei kostenlose Selbsttests pro Woche können sich Mütter und Väter in den Apotheken abholen, die entsprechenden Berechtigungsscheine für mehrere Wochen verteilen die Kitas. Nachschub gibt es erst, wenn mit einem von der Apotheke abgezeichneten Coupon nachgewiesen wurde, dass die ersten Tests abgeholt wurden.
Doch die Nachfrage nach dem Angebot schwankt offenbar sehr. "Sie werden genutzt", sagt die Leiterin des Nürnberger Jugendamtes, Kerstin Schröder. "Aber der Umfang ist unterschiedlich. Es hängt davon ab, wie sehr die Einrichtung dafür wirbt." Das Jugendamt testet derzeit Pooltests, doch sei deren Organisation sehr aufwendig, so Schröder.
In den katholischen Kitas seien die Selbsttests leider nicht gut genug angenommen worden, sagt Elena Geus, Geschäftsführerin des Zweckbetriebs Kindertagesstätten der katholischen Gesamtkirchengemeinde in Nürnberg. Doch die Zahl positiv getesteter Mitarbeiter und Kinder sei in den Einrichtungen zuletzt gestiegen, der Träger habe reagieren müssen. "Deshalb haben wir diesen Weg gewählt." Dass die Infektionszahlen in den Kitas zunehmen, bestätigt auch Schröder. Allerdings stecken sich die Kleinen laut Jugendamt eher außerhalb der Einrichtung an, "unser Hygienekonzept scheint zu funktionieren".
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Strengere Testvorgaben in einzelnen Einrichtungen können die Träger laut Schröder aber problemlos erlassen, das sei juristisch möglich und auch immer wieder vorgekommen. "Allerdings sollte man sie im Vorfeld mit den Eltern abstimmen." Es sei wichtig, die Kinder nicht aus dem Blick zu verlieren, die auf die Betreuung angewiesen sind, weil sie daheim nicht optimal gefördert werden können. "Und gerade für diese Familien ist es schwer, kurzfristig auch noch einen Test vorzulegen." Man solle lieber das Gespräch mit den Eltern suchen, sagt Schröder.
Darauf hofft auch Julius Müller. Es sei "äußerst fragwürdig", die Verantwortung an die Eltern zu delegieren, findet der Nürnberger, der Selbsttests oder Pooltests in den Kindergärten für die bessere Lösung hält. Elena Geus kann ihm da immerhin Hoffnung machen. "Wir suchen schon nach Alternativen." Vorerst gelte die Regelung weiter, "aber das heißt nicht, dass das so bleibt".