Blühflächen und Weltacker

Mehr Grün und mehr Qualität: So soll der Nürnberger Westpark schöner werden

5.2.2022, 07:55 Uhr
Sör-Sprecher André Winkel informiert über die Pflegemaßnahmen in und um den Westpark.

© Eduard Weigert, NNZ Sör-Sprecher André Winkel informiert über die Pflegemaßnahmen in und um den Westpark.

Noch recken eine Handvoll junger Eichen ihre kahlen Äste in den winterlichen Himmel über dem Nürnberger Westen. Bald werden auf einer 2300 Quadratmeter großen Wiesenfläche an der Lehrberger Straße zwischen Sündersbühl und Gaismanshof nur noch Blumen, Gräser und Kräuter zu finden sein. Der Servicebetrieb Öffentlicher Raum (Sör) entfernt hier im Februar Gehölz.

Sör-Sprecher André Winkel erklärt die Maßnahme: "Es handelt sich hier um Ausgleichsflächen für Nürnberger Projekte, bei denen Flächen bebaut und versiegelt wurden. Auf diesen Mager- und Halbtrockenrasenflächen haben sich an einigen Stellen Bäume und Sträucher angesiedelt, die die Entwicklung dieser artenreichen Biotope stören." Im Sommer blühen Blumen, Gräser und Kräuter um die Wette, zahlreiche Insekten- und Vogelarten finden hier einen Lebensraum. "Das ist für die Biodiversität ein besonders wichtiger Standort", erklärt Winkel.

Ausgleichsflächen für Bauprojekte

Südklinikum, das Schwimmzentrum Langwasser, Höfener Spange und in Zukunft vielleicht der kreuzungsfreie Frankenschnellweg: Für zubetonierte Flächen muss die Stadt Ausgleich schaffen. Schon vor Jahren verwandelte der Landschaftspflegeverband deshalb die ehemals landwirtschaftlich genutzte Fläche nach Vorgaben des städtischen Umweltamts in ein Biotop.

So schön blüht die Biotopwiese zwischen Lehrberger Straße und Westpark im Sommer. Damit das so bleibt, müssen Bäume und Sträucher weichen.

So schön blüht die Biotopwiese zwischen Lehrberger Straße und Westpark im Sommer. Damit das so bleibt, müssen Bäume und Sträucher weichen. © André Winkel, Sör, Stadt Nürnberg, NNZ

Kürzlich hat Sör die Pflege der Fläche vom Landschaftspflegeverband übernommen: Zweimal im Jahr mähen die Mitarbeiter die Fläche. Das Heu bleibt liegen, bis die Samen der Pflanzen abgefallen sind. So bleibt die Vielfalt nach Auskunft des Sör-Sprechers erhalten. Zur Pflege gehört auch, dass Büsche, Brombeerranken und Gehölze entfernt werden, weil sie die Wiesen verschatten.

Bäume werden verpflanzt

Schatten spenden darf ein Teil der jungen Eichen bald in einer neuen Grünanlage im benachbarten Großreuth: Hier soll ab 2023 der Züricher Park angelegt werden – und Bäume werden auf der kahlen Fläche dringend gebraucht. Eine Spezialfirma für Großbaumverpflanzung gräbt sie Ende 2023 in Sündersbühl aus, transportiert sie in den Züricher Park und pflanzt sie dort wieder ein, berichtet André Winkel. Derzeit prüfen Baumexperten, welche Exemplare sich für den Umzug eignen.

Auch im einige Meter weiter östlich gelegenen Westpark setzt Sör die Säge an: Entlang einer Kleingartenanlage holzen die Mitarbeiter nichtheimische Sträucher und abgestorbene Bäume ab und säen stattdessen einen Blühstreifen - auch hier liegt der Fokus auf Förderung der Artenvielfalt.

Spielplatz soll schöner werden

Jenseits der Brücke über die Von-der-Thann-Straße wird der Westpark für Familien aufgehübscht: Der stark frequentierte Kinderspielplatz soll schöner werden. Ein veraltetes Klettergerüst ist schon verschwunden. Ersatzweise steht ein Klettercontainer mit Rutsche für die Jüngsten bereit. Auch neue Schaukeln sind schon montiert.

Bürgerverein für Erweiterung

Der Bürgerverein St. Leonhard/Schweinau wünscht sich für den dicht bebauten Stadtwesten sogar noch eine Erweiterung der viertgrößten Grünanlage Nürnbergs: "Wir haben hier im Westen eine starke Nachverdichtung. Der Westpark wird jetzt schon sehr gut genutzt. Wir haben Bedenken, dass es zu Konflikten kommt, wenn noch mehr Menschen den Park nutzen", sagt BV-Vorsitzender Klaus Thaler. Aber auch für das Klima in der im Sommer überhitzten Großstadt seien Grünflächen wichtig. Im Umfeld gebe es Flächen, die sich eignen würden, weiß Thaler.

Eine Erweiterung der Grünfläche könnte bald Wirklichkeit werden. Es ist geplant einen "Weltacker", der gemeinnützig über Landwirtschaft und den wahren Preis für unser Essen aufklärt, am Rande des Westparks unterzubringen.

Park sorgt für Lebensqualität

Wie wichtig den Anwohnerinnen und Anwohnern von Sündersbühl der Westpark ist, haben auch Studierende der Sozialen Arbeit der Technischen Hochschule Nürnberg erforscht. Im Rahmen eines Seminars bei Melanie Mengel befragten sie Menschen vor Ort. "Die Befunde sind qualitativ gewonnen und nicht repräsentativ", sagt die Hochschullehrerin. Die Grünanlage spiele eine zentrale Rolle im alltäglichen Leben der Befragten, etwa für Erholung, Sport und Spiel sowie als nachbarschaftliche Kontaktmöglichkeit. "In Gesprächen mit den Studierenden wird der Westpark häufig direkt mit Lebensqualität von Wohnen in Sündersbühl verbunden. Auch Befragte, die sich insgesamt negativ über das Wohnquartier oder die Nachbarschaft äußern, heben den Park als einen der wenigen positiven Aspekte hervor", berichtet Mengel.

Neben viel Lob gibt es aber auch Kritik: So wünschen sich Nutzerinnen und Nutzer zum Beispiel eine öffentliche Toilette. Manche beschweren sich über rücksichtsloses Verhalten einzelner Gruppen. "Durch gezielte Begegnungsangebote mehr Verständigung und auch Verständnis zwischen den Bewohnergruppen zu schaffen, könnte ein Ansatzpunkt für Soziale Arbeit vor Ort sein", regt die Hochschullehrerin an.

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