Am 6. August

Im Nürnberger Rathaus: Kultusgemeinde feiert 75 Jahre Demokratie in Israel

Marco Puschner

Lokalredaktion Nürnberg

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1.8.2023, 11:00 Uhr
75 Jahre Israel: Jo-Achim Hamburger, Vorstandschef der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, freut sich auf das Fest. 

© Günter Distler 75 Jahre Israel: Jo-Achim Hamburger, Vorstandschef der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, freut sich auf das Fest. 

Die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg (IKGN) verspricht Musik, Tanz und viele interessante Informationen: Am kommenden Sonntag, 6. August, lädt sie gemeinsam mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) zu einer Feier zum 75-jährigen Bestehen Israels ein.

Proteste zeugen von Meinungsfreiheit

Dem IKGN-Vorstandsvorsitzenden Jo-Achim Hamburger ist freilich bewusst, dass die Veranstaltung angesichts der heftig umstrittenen Justizreform in politisch bewegte Zeiten fällt: Er sehe den Eingriff der israelischen Regierung unter Benjamin Netanjahu in die Befugnisse des Obersten Gerichts mit "großer Sorge", weil dadurch die Gewaltenteilung beschnitten werde - aber die massiven öffentlichen Proteste dagegen seien eben auch ein Beweis dafür, dass in Israel "die Meinungsfreiheit intakt" sei.

"Versuchen Sie mal, im Libanon, im Irak oder in Syrien zu demonstrieren." Auch Hamburgers in Israel lebende Schwester, erzählt er, beteilige sich regelmäßig an den Kundgebungen.

Bei Israel handle es sich um die einzige Demokratie im Nahen Osten, und ein Land, das so groß sei wie Hessen, habe es geschafft, diese Demokratie über 75 Jahre "in einer feindlichen Umgebung" zu erhalten, sagt Hamburger. Das wollten IKGN und DIG feiern - und ihre Freude darüber auch den Bürgern vermitteln. Jeder, der mitfeiern will, ist am Sonntag bei freiem Eintritt eingeladen.

Das Fest findet von 12.30 Uhr bis 20.30 Uhr in der Ehrenhalle und im Innenhof des Rathauses (Rathausplatz 2) statt. Hamburger dankt ausdrücklich der Stadt Nürnberg, dass man den Wolffschen Bau nutzen darf. Oberbürgermeister Marcus König gehört ebenso zu den politischen Rednern wie der bayerische Innenminister Joachim Herrmann, DIG-Präsident Volker Beck (alle ab 14.30 Uhr), Landtags-Vizepräsident Karl Freller sowie Ludwig Spaenle, Beauftragter der Staatsregierung für jüdisches Leben (beide ab 17 Uhr).

Geprägt von der Städtepartnerschaft

Die Veranstaltung sei zudem geprägt von der Nürnberger Städtepartnerschaft mit Hadera. "Wir haben 24 junge Leute aus der Partnerstadt dabei", sagt Hamburger. Sie würden moderne Volkstänze aufführen.

Das Publikum kann den aus Israel stammenden Sänger Daniel Pruzansky erleben, der in Erlangen studiert, und sich via 3D-Brille auf eine virtuelle Reise durch Israel begeben. "Man ist dann am Strand von Tel Aviv oder wandert durch Jerusalem", verrät Hamburger.

Eine Ausstellung in der Ehrenhalle informiert über die Gründung Israels im Jahr 1948, IKGN-Geschäftsführer Oren Osterer wird die Schau in zwei Führungen vorstellen (13.45 und 18 Uhr).

Hamburger erwartet zum Fest auch seine Nichten, deren Ehemänner und Kinder, die in einem Vorort von Tel Aviv wohnen. Letztlich, sagt er, feiere man auch das eigene Überleben. Hätte Arno Hamburger (1923-2013), Jo-Achims Vater, "es nicht geschafft, 1939 mit dem letzten Schiff vor Kriegsausbruch zu fliehen, hätten die Nazis ihn wahrscheinlich auch erwischt und meine Familie wäre ganz ausgelöscht worden", sagt der IKGN-Vorsitzende.

Ein Zufluchtsort

Und die 75 Jahre Israel seien auch deshalb ein Grund zur Freude, weil die Juden nun selbstbewusster in den verschiedenen Ländern leben könnten, da sie für den Fall einer Bedrohung "einen Zufluchtsort" hätten, wo sie jederzeit ohne Bedingungen hingehen könnten.

Dies alles wolle man feiern - und nicht etwa die israelische Regierung oder gar "radikale Siedler, die auf Palästinenser losgehen". Wobei Hamburger es hochproblematisch findet angesichts der vielen zahlreichen blutigen Konflikte in der Welt, wie sehr sich die öffentliche Kritik gerade in Deutschland auf Israel konzentriert. Er spricht von einer "obsessiven Beschäftigung mit diesem kleinen Land".

Was den Sonntag angeht, so dankt er neben der Stadt Nürnberg und den vielen "Helfern aus der Stadtgesellschaft", die das Fest ermöglichen, auch der DIG Nürnberg und ihrem Vorsitzenden Nicolai Makosch für die Kooperation. Und er betont, dass angesichts vieler israelischer Spezialitäten freilich auch für das leibliche Wohl gesorgt sei.