Geschmacksvielfalt im Glas
Feine Drinks auf der Consumenta: Gin-Market zieht Liebhaber und Neueinsteiger an
30.10.2021, 19:35 Uhr"Das riecht deutlich nach Wald", stellt Oliver Bader fest, als er in das kleine Probierglas hineinschnuppert. Und der Eindruck auf dem Gaumen unterstreicht das natürlich noch: "Da kommt der Wacholder gut zur Geltung." Und das soll er auch, schließlich ist das nicht nur ein entscheidender Bestandteil, sondern auch der Namensgeber für das Getränk: Gin leitet sich von der lateinischen Bezeichnung juniperus für die Pflanze ab.
Große Vielfalt
Freilich hat sich mit vielen anderen Zutaten aus weit über 100 Früchten und anderen Gewächsen ("botanicals") eine betörende Vielfalt an Geschmacksnoten entwickelt. Und möglichst interessanten Kreationen ist auch Oliver Bader auf der Spur: "Mich hat einst ein Onkel auf den Geschmack gebracht", erzählt er. Nun ist er mit Freunden extra aus Bayreuth zum Gin-Market gekommen.
Nicht allein zum eigenen Vergnügen, sondern gezielt auf der Suche nach originellen und interessanten Kreationen. Die will das Quartett einem Bekannten empfehlen, der eine Bar betreibt und seinen Gästen möglichst "Neues und Frisches" bieten will. Wie wäre es also zum Beispiel mit einem "Krater Spirit" aus einem kleinen Ort im Nördlinger Ries?
Wacholder aus der Region
Zumindest die begleitende Geschichte hat schon eine originelle Note: Die kleine Familienbrauerei Scheible hatte vor gut 20 Jahren ihre eigene Bierherstellung aufgegeben, die Gebäude standen lange leer. Bis die heutige Generation um Karl F. Scheible, von Beruf eigentlich Arzt, und seinen Sohn Clemens die Räume neu beleben wollte - und einen Gin entwarf. "Und das mit Wacholderbeeren aus dem Umland, die verfügen über eine eigene Note, während die meisten Hersteller auf importierte Beeren angewiesen" seien, so Scheible. Und der Besuch von ehemaligen Astronauten des US-Apollo-Programms, die zu geologischen Studien ins Ries kamen, gaben den Anstoß zu einer eigenen "Full Moon"-Edition. Was die Familie in die Gläser bringt, hat ihnen inzwischen auch schon hohe Auszeichnungen bei einschlägigen Wettbewerben eingebracht.
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Andere Liebhaber der Kult-Spirituose waren zum Auftakt etwa bis aus Lindau angereist. Oder aus der Region München: "Wir haben die Fahrt hierher einer Bekannten zum Geburtstag geschenkt", erklärt ein junger Besucher mit weißem Hemd und Fliege. Und verfolgt dabei ebenfalls eigene Pläne: Aus der derzeit noch ganz privaten Vorliebe für Gin könnte sich, meint er, mit einem Freund auch etwas Professionelles entwickeln. Und schwärmt von drei Gin-Variationen eines schottischen Herstellers.
Die waren dann allerdings am Nachmittag vergriffen. "Das hätten wir so nicht erwartet", räumt der Nürnberger Händler Michael Gradl ein und zeigt sich mit dem Besuch insgesamt zufrieden. "Die Leute haben Spaß - und ich wünsche mir den direkten Kontakt." Dass es den (wieder) gibt, ist für viele schon ein Erfolg an sich. Bekannter ist Gradl freilich als Whisky-Kenner - und hat denn auch nicht nur Gins mitgebracht. Mit einer Mini-Auswahl aus aller Welt rührt er schon jetzt die Werbetrommel für die nächste Whisky-Messe im kommenden Februar - und kann nur hoffen, dass Corona nicht wieder alles ins Wanken bringt. Schließlich soll die zehnte Auflage von "The Village" mindestens ebenso viele Liebhaber anlocken wie zuletzt 2019.
Viele haben zu kämpfen
Dass jetzt der Gin-Market - mit wenigstens 15 Ausstellern - überhaupt zustande kam, sei auch keineswegs selbstverständlich gewesen, erläutert Oliver Kirschner von der Bar "Gelbes Haus" als Fachpartner bei der Organisation. Denn Corona habe vielen, geschäftlich gesehen, einen "Schlag in den Nacken" versetzt. "Nun arbeiten sie wahnsinnig hart und haben kaum Zeit, sich auf einer Messe zu präsentieren." Auch deshalb sei die Präsentation auf zwei Tage begrenzt, dabei hätte sich der Feiertag, 1. November, als dritter Tag geradezu angeboten.
Um das Publikum buchstäblich auf den Geschmack zu bringen, hat Kirschner an seinem Stand sechs Gläser als "Riechstationen" aufgestellt - natürlich mit Wacholder, dazu Orangenblüten, Majoran, Dill, Muskatblüte und Kubeben-Pfeffer. Das und einiges mehr macht den speziellen "Nürnberg-Gin" aus, den Kirschner im vergangenen Jahr mit zwei Partnern auf den Markt gebracht hat.
Dürer erschien im Traum
Und um die begleitende Geschichte ist der Nürnberger Bar-König auch nicht verlegen: Die Idee dazu sei ihm buchstäblich im Traum gekommen - in dem ihm kein anderer als Albrecht Dürer erschien, der auf seiner Reise in die Niederlande "Genever" kennenlernte. Diesen damals auch in Nürnberg zu etablieren, war Dürer verwehrt geblieben. "Das holen wir jetzt nach."
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