Aktenberge wachsen
Die Zahlen steigen wieder: Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth zieht Bilanz
7.4.2022, 09:20 UhrErst schrumpften die Aktenberge, nun wachsen sie wieder. Zum Vergleich: 65.473 neue Ermittlungsverfahren gingen bei der Anklagebehörde im Jahr 2020 ein, im Jahr 2019 waren es 61.622. Mutmaßlich ging damals die Anzahl, etwa von Verkehrsstraftaten, auch aufgrund des Lockdowns zurück. Nun, so teilt Behörden-Sprecherin Antje Gabriels-Gorsolke mit, ist erstmals seit dem Jahr 2016 wieder ein leichter Anstieg der Eingangszahlen zu verzeichnen: Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ist die zweitgrößte Anklagebehörde im Freistaat, im Jahr 2021 hatten die 85 Staatsanwälte der Behörde insgesamt 66.634 Ermittlungsverfahren zu bearbeiten. Dies entspricht einer Steigerung von 1.161 Verfahren im Vergleich zum Vorjahr.
Vermögensdelikte als stärkste Deliktgruppe
Die stärkste Deliktgruppe bleibt mit 32 Prozent der Bereich der Vermögensdelikte. In Zahlen gefasst: Diebstahl und Unterschlagung steht auf den Aktendeckeln von 6.900 Verfahren, Betrug und Untreue wird auf 14.134 Fälle beziffert. Die Strafverfolger beobachten schon länger, verstärkt vor allem zu Lockdown-Zeiten, dass in Läden weniger gestohlen wird, und sich die Kriminalität zunehmend ins Internet verlagert.
Auch bei den Verkehrsverfehlungen zeigen sich die Folgen des Lockdown: Die Straßen waren halbleer, in der Folge gingen im Jahr 2020 auch die Verkehrsdelikte zurück. Längst ist das Verkehrsaufkommen wieder gestiegen, so erreichte auch die Anzahl der Verkehrsverstöße wieder den Stand vor der Pandemie. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 kam es zu 446 massiven Verkehrsverfehlungen, 2020 waren es 367 Delikte, und 433 im Jahr 2019.
Weniger Gewaltdelikte, mehr Beleidigungen
Die gute Nachricht: Die Anzahl der übrigen, kleineren Verkehrsstraftaten geht seit Jahren zurück und dies gilt auch für das Jahr 2021 mit 11.936 Delikten. 12.506 Taten waren es im Jahr 2020, 13.905 im Jahr 2019.
Betäubungsmittel: Knapp zehn Prozent aller neuen Ermittlungsverfahren betrifft Drogendelikte. Die Anzahl der "kleineren Verfahren", bezogen auf die Menge des Stoffes und dessen Wirkstoffgehalt, sinkt seit Jahren: 2021 waren es 5.900 Fälle, dies sind gut sieben Prozent weniger als 2020 (6.348 Fälle). Im Jahr 2019 wurden noch 7.225 kleinere Verfahren geführt. Die Anzahl der größeren Fälle ist dagegen von 569 Fällen (Jahr 2020) auf 587 Fälle gestiegen.
Sexualstraftaten werden häufiger angezeigt
Gewalt: Die Anklagebehörde notiert auch seit einigen Jahren immer weniger Gewaltdelikte: Die Verfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung sanken von 5.180 (Jahr 2019) auf 4.912 (Jahr 2020) auf 4.225 (Jahr 2021). Auch die Zahl der Verfahren wegen Kapitalverbrechen, also der Straftaten gegen das Leben, ging von 78 (Jahr 2019) auf 66 (Jahr 2020) auf 48 (Jahr 2021) zurück.
Politische Strafsachen: Auch hier spiegelt sich die Pandemie wieder - ganz massiv ist die Anzahl der Beleidigungen gegen Politiker gestiegen, allein schon aufgrund der Hass-Postings im Internet wegen der Corona-Maßnahmen. Im Jahr 2021 ist im Vergleich zum Jahr 2020 ein Anstieg von 398 auf 421 zu verzeichnen. Die Anzahl der Staatsschutzsachen stieg von 38 auf 85 Fälle.
Wirtschaftskriminalität: Subventionsbetrug (etwa bei den Corona-Hilfen) sorgte im Jahr 2020 für einen Anstieg der Zahlen, dagegen ging die Anzahl möglicher Insolvenzverschleppungen zurück, aufgrund der Pandemie war die Antragspflicht ausgesetzt worden. Im vergangenen Jahr sank die Anzahl der Großverfahren von 71 (Jahr 2020) auf 46, auch die Anzahl der "kleineren" Wirtschaftsstrafverfahren sank von 707 (Jahr 2020) auf 589 Verfahren. Auch die Anzahl der Steuerstrafverfahren ging von 243 auf 180 Verfahren zurück. Jedoch wird bei Geldwäsche ein signifikanter Anstieg von 846 (Jahr 2020) auf 1.488 Fälle beobachtet.
Umweltdelikte: Auch hier ist die Sensibilität der Bürger seit Jahren hoch - der Anstieg der angezeigten Fälle setzt sich weiter fort. Wurden im Jahr 2020 noch 100 Fälle angezeigt, waren es im Jahr 2021 nun 120 Fälle.
41.138 Ermittlungen gegen Unbekannt
Durchschnittlich dauert es bei erwachsenen Beschuldigten 1,2 Monate, bis die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren erledigt. Bei Jugendlichen und Heranwachsenden (bis 21 Jahre) soll die Strafe aus erzieherischen Gründen auf den Fuß folgen, hier betrug die durchschnittliche Dauer des Verfahrens 0,9 Monate.
Die Ermittlungsbehörde führte neben den 66.634 Verfahren gegen bekannte Beschuldigte auch noch 41.138 Verfahren gegen unbekannte Täter. 14.620 Stunden saßen die Staatsanwälte in Hauptverhandlungen am Landgericht Nürnberg-Fürth oder in einem der sieben Amtsgerichte aus des Zuständigkeitsbereiches.