"Hoffnung, Diversität, Inspiration"

Das Land der Gegensätze: Die Kultusgemeinde feiert im Nürnberger Rathaus 75 Jahre Israel

Ngoc Nguyen

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6.8.2023, 17:16 Uhr
Die besondere Lebensfreude ist auch im fränkischen Nieselregen spürbar.  

© Stefan Hippel, NNZ Die besondere Lebensfreude ist auch im fränkischen Nieselregen spürbar.  

Dass hier ein besonderes Fest ist im Rathaus, zeigt sich an vielen Stellen. An den Eingängen sind die Warteschlangen lang, die Security prüft Personalausweise und persönliche Einladungen, lässt Taschen und Rucksäcke öffnen. In der Ehrenhalle des Rathauses und im Innenhof sind Männer und Frauen mit Walkie-Talkies zu entdecken. Später, so steht es auf dem Flyer, wird eine "Repräsentantin des Generalkonsulats des Staates Israel" die Gäste begrüßen, ihr Name wird aus Sicherheitsgründen nicht genannt.

Gewachsener Stolz

75 Jahre Demokratie in Israel, das ist in Jahrzehnten gewachsener Stolz auf eine einzigartige Kultur, auf die vielen Menschen, die den Staat aufgebaut haben und ihn prägen. Die immerwährende Habacht-Stellung, die Wachsamkeit, das Wissen um die Verletzlichkeit - auch das ist Israel.

Im Rathaus, beim Fest der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg, ist diese besondere Lebensfreude überall spürbar, selbst im fränkischen Nieselregen. Sie speist sich aus der schmerzlichen Vergangenheit und dem Selbstbewusstsein der Gegenwart.

Nach einer Weltreise angekommen

Auch bei Frau Mali ist das so. Die 74-Jährige mit dem freundlichen Lächeln möchte ihren vollen Namen lieber nicht nennen, ansonsten erzählt sie gerne: Davon, dass sie in Israel geboren wurde und lange in Haifa gelebt hat, dass sie seit sechs Jahren in Nürnberg wohnt, sie ist wegen ihres Sohnes nach Deutschland gezogen. Ihr Vater stamme aus Fürth, er sei damals wegen seines Glaubens der Schule verwiesen worden und als 16-Jähriger geflohen, nach einer Reise durch die Welt kam er nach Israel und gründete eine Familie.

Aufgewachsen in Israel, lernt Frau Mali Hebräisch in der Schule und Deutsch durch die Verwandtschaft. Ihr Heimatland sieht sie falsch wahrgenommen, die Nachrichten zeigten "überall Soldaten und Polizei", dabei sei es ein guter Ort zum Wohnen.

Eine Gruppe aus Hadera, der Partnerstadt Nürnbergs, zeigt Volkstänze. 

Eine Gruppe aus Hadera, der Partnerstadt Nürnbergs, zeigt Volkstänze.  © Stefan Hippel, NNZ

An der Seite der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg (IKGN) steht Polit-Prominenz: Alexander Lissak (2. Vors. IKGN), Volker Beck (Präsident Deutsch-Israelische Gesellschaft), IKGN-Vorsitzender Jo-Achim Hamburger, OB Marcus König (von links).  

An der Seite der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg (IKGN) steht Polit-Prominenz: Alexander Lissak (2. Vors. IKGN), Volker Beck (Präsident Deutsch-Israelische Gesellschaft), IKGN-Vorsitzender Jo-Achim Hamburger, OB Marcus König (von links).   © Stefan Hippel, NNZ

"Frag mich alles über Israel" steht auf ihrem weißen T-Shirt. "Außer Politik" ist darunter in Klammern zu lesen. Möchte sie vielleicht nicht doch etwas zu der aktuellen Lage sagen, zu der umstrittenen Justizreform und die massiven öffentlichen Proteste dagegen? "Nein", sagt Frau Mali und ihr freundliches Lächeln erlischt.

Der Konflikt sei nur "ein winzig kleiner Teil der Probleme in der Welt", betont Jo-Achim Hamburger, der Vorstandsvorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg (IKGN). Diese hat zusammen mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) zu dem Fest eingeladen, die Stadt Nürnberg hat dafür den Wolff´schen Bau des Rathauses zur Verfügung gestellt.

Mit einer VR-Brille lassen sich virtuell Jerusalem und der Strand von Tel Aviv erkunden.

Mit einer VR-Brille lassen sich virtuell Jerusalem und der Strand von Tel Aviv erkunden. © Stefan Hippel, NNZ

Oberbürgermeister Marcus König erzählt von einer "gewachsenen Freundschaft zwischen Nürnberg und Hadera, die uns auch durch Unruhen trägt". Er spricht sich für Gewaltenteilung aus und schlägt sich damit auf die Seite der Demonstranten, Hamburger betont seine "große Sorge" wegen der Justizreform der israelischen Regierung.

Doch im Mittelpunkt des Festes steht das Land Israel und seine Gründung 1948. Bei freiem Eintritt gibt es Kinderschminken, koscheres Essen, Musik, man kann seinen Namen in Hebräisch als perlengeschmücktes Armband auffädeln lassen, es gibt Infos zu der Städtepartnerschaft zwischen Nürnberg und Hadera. Mit einer VR-Brille lassen sich virtuell Jerusalem und der Strand von Tel Aviv erkunden. "Israel ist Hoffnung, Diversität, Inspiration", sagt die Moderatorin auf der Bühne. "Es ist das Land der Gegensätze."

Der Israel-Tag findet am Sonntag, 6. August, bis 20.30 Uhr bei freiem Eintritt in der Ehrenhalle und im Innenhof des Rathauses in Nürnberg statt.