Wo man bedenkenlos zugreifen kann
Auf der Kinderweihnacht: Auch das Nürnberger Christkind spielt lieber fair
14.12.2024, 15:00 UhrDas Christkind möchte liebend gern fair hergestelltes Spielzeug bringen. Das heißt: Augen auf beim Kauf von Teddybär und anderen Spielwaren. Insbesondere in der asiatischen Spielzeugindustrie läuft ziemlich viel falsch. Das hat das Nürnberger Bündnis Fair Toys auf dem Kinderweihnachtsmarkt gemeinsam mit dem Nürnberger Christkind gezeigt. Das Motto der Veranstaltung: "Arbeitsrechte sind Menschenrechte".
Die Mitglieder des Zusammenschlusses - mehrere kirchliche und städtische Einrichtungen sowie Menschenrechtsgruppen - setzen sich seit 2001 für gerechte und menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der Spielzeugproduktion ein. Von China ist die Branche mittlerweile zunehmend nach Vietnam abgewandert, weil in dem Niedriglohnland noch billiger produziert werden kann. Das beleuchtete auch der "Toys Report 2023" die Arbeitsbedingungen in dem südostasiatischen Land.
Die Zeche zahlen die Arbeitenden
"Die Hände der Arbeiterinnen sind verätzt von Farbe und Lösungsmitteln", beschreibt Maik Pflaum, was er jüngst in vietnamesischen Spielwarenfabriken gesehen hat. Der Arbeitsexperte ist stellvertretender Bereichsleiter Ausland der Christlichen Initiative Romero (CIR), eine der Organisationen im Bündnis.
Die Zeche für billiges Spielzeug zahlen die Arbeitenden in den Industriebetrieben Asiens - in erster Linie Frauen, allen voran Saisonarbeiterinnen, aber auch Saisonarbeiter. Es gibt weder Arbeitsschutzmaßnahmen, etwa gegen gesundheitsgefährdende Chemikaliendämpfe, noch einen zumindest existenzsichernden Lohn.
Laut Asia Floor Wage Alliance (AFWA) sind es zwischen 167 und 195 Euro - notwendig wären 486 Euro. Aus der Not heraus leistet jede und jeder Beschäftigte "freiwillig" bis zu 110 Überstunden. Während der Hochsaison von drei Monaten wird laut Pflaum oft rund um die Uhr bis zur totalen Erschöpfung gearbeitet. Beschäftigte sehen ihre Kinder in den weiter entfernten Heimatdörfern oft nur einmal im Monat. Echte Gewerkschaften sind nicht vorhanden, sondern lediglich sogenannte Basisgewerkschaften, für die automatisch ein Prozent vom Lohn eingezogen wird.
Die allgegenwärtigen Menschenrechtsverletzungen und die Umweltzerstörungen sind aufgrund der politischen Rahmenbedingungen schwer belegbar. Damit die Branche, anders als die Textilproduktion, nicht mehr komplett unter dem Radar bleibt, macht der Verein Fair Toys Organisation (FTO) auf die Situation in den asiatischen Produktionsbetrieben aufmerksam.
Auszeichnung für zwei Spielzeug-Hersteller
FTO setzt sich für sozial- und umweltverträglich hergestelltes Spielzeug ein. Die Organisation zählt derzeit insgesamt 28 Mitglieder, zivilgesellschaftliche Akteure, dazu gehören Kommunen wie die Städte Nürnberg und Fürth, Vertreter der Wissenschaft und 17 Spielzeugunternehmen, darunter die derzeit wirtschaftlich sehr erfolgreiche Firma Ravensburger mit Sitz in Ravensburg am Bodensee.
Geschaffen wurde der gemeinnützige Verein 2018 in der Spielzeugstadt Nürnberg auf Initiative vom Nürnberger Bündnis Fair Toys und CIR in Nürnberg. 2023 hat die FTO erstmals das Siegel "Fair Toys" vergeben - und zwar an Heunec in Neustadt bei Coburg, die Kuscheltiere herstellen. Außerdem die Firma Plasticant Mobilo mit Sitz in Ellwangen, bekannt für Bau- und Konstruktionsspielzeug.
Das sind Unternehmen, die nachweislich soziale und ökologische Verantwortung in der Spielzeugproduktion übernehmen und einen umfangreichen Prüfungsprozess durchlaufen haben, der jährlich zu wiederholen ist.
"Hier könne die Kundschaft bedenkenlos zugreifen", sagt Jürgen Bergmann von Mission EineWelt, eines der Mitglieder des Bündnisses und "Finger weg von Direktimporten". Unter anderem lässt sich im Fenster zur Welt, im Lorenzer Laden, in Ulla Riegers Werkstattladen und im Eine-Welt-Laden in Fürth fair hergestelltes Spielzeug erwerben.
Mehr Infos zum Spielzeugreport finden Sie unter www.ci-romero.de/toys-report-2024
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