Fall 19 von "Freude für alle"
Abwasser drückte über die Spüle hinein: Nürnberger Familie verlor alles und kämpft mit Versicherung
30.11.2024, 17:00 UhrLange hat sie während des Gesprächs die Fassung bewahrt, doch als sie das noch fast unbenutzte Laufband sieht, kommen Hülya F. (Namen der Familie geändert) dann doch die Tränen. Es war ihr Geburtstagsgeschenk, die ganze Familie hatte zusammengelegt, um ihr diesen bescheidenen Traum zu erfüllen und ihr wenigstens ein kleines Stück ihres früheren Lebens zurückzugeben. Jetzt ist das Präsent wohl ein Fall für den Müll, so wie der restliche Hausrat der sechsköpfigen Familie, die noch mit vielen anderen Problemen zu kämpfen hat.
Früher, da war F. eine leidenschaftliche Läuferin, fand bei ausgedehnten flotten Spaziergängen den Ausgleich zum anstrengenden Familienalltag einer vierfachen Mutter. Davon kann heute längst nicht mehr die Rede sein. Nach einer Hirnblutung, deren Ursache unklar ist, ist sie mit nur 37 Jahren ein Pflegefall und kommt ohne Rollator nicht mehr aus dem Haus. Die Versorgung der Kinder stemmt weitgehend ihr Mann, auch wenn Hülya F. versucht, ihn so gut es noch geht zu unterstützen.
Das Laufband sollte dabei eine Hilfe sein, durch regelmäßiges Training wollte sie versuchen, wenigstens einen Teil ihrer ursprünglichen Kraft zurückzugewinnen. Doch jetzt ist das Geburtstagsgeschenk wahrscheinlich unbenutzbar geworden, so wie das übrige Hab und Gut der Familie, das sich in Tüten verpackt in der ehemaligen Wohnung stapelt, weil es demnächst wohl entsorgt werden muss. "Es tut weh, das hier zu sehen", sagt Hülya F. während eines Rundgangs durch das frühere Zuhause. "Das war unser Leben."
Nach dem Urlaub war die Wohnung komplett überflutet und verdreckt
Nach einem Urlaub bei der Verwandtschaft in der Türkei waren die F.s nach Hause gekommen - und fanden ihre Wohnung komplett überflutet vor. Bis zu zehn Zentimeter hoch habe das Abwasser in den Räumen gestanden, sagt Mustafa F. Die Familie trifft nach bisherigen Erkenntnissen keine Schuld an dem Schaden, verantwortlich war wohl ein verstopftes Fallrohr im Keller des Mehrfamilienhauses. Deshalb drückte das Abwasser über die Küchenspüle in die Räume hinein.
Weil die F.s verreist waren, blieb der Schaden über Tage unbemerkt - mit der Folge, dass wohl der komplette Hausrat unbenutzbar geworden ist, von der Wohnung ganz zu schweigen. Möbel und Wände fangen bereits zu schimmeln an, Bakterien aus dem Abwasser breiten sich aus, wie auch ein Gutachten bestätigt. "Von einem Tag auf dem anderen standen wir ohne Zuhause da", sagt der Vater, der auch von den Behörden enttäuscht ist. "Keiner hat sich verantwortlich gefühlt."
Amt bot nur Zimmer in Nürnberger Obdachlosenunterkunft an
Man habe der Familie lediglich ein Zimmer in einer Obdachlosenunterkunft angeboten, sagt der 39-Jährige. "Mit Alkoholikern und Drogenabhängigen in der unmittelbaren Nachbarschaft. Doch das wollte ich den Kindern nicht zumuten." Statt zu helfen, habe ein anderes Amt Zuschüsse zur Miete für die nicht mehr bewohnbare Wohnung zurückgefordert. Das sei natürlich im Prinzip verständlich, betont F. "Aber zu dem Zeitpunkt war es für mich wie ein Schlag ins Gesicht. Wenn ich nicht so geschuftet hätte, wären wir jetzt obdachlos."
So aber führte der Weg zurück in so etwas wie Normalität über ein Hotelzimmer und die beengte Wohnung der Schwiegermutter. Schließlich vermittelte die Beratungsstelle der Rummelsberger Diakonie ein neues Zuhause. Zwar kleiner als die bisherige Wohnung und nicht mehr barrierefrei im Erdgeschoss gelegen, doch dafür in unmittelbarer Nachbarschaft zum alten Domizil, sodass die Kinder wenigstens in ihrem Umfeld bleiben können.
Sie leiden ohnehin schon genug unter der Situation und brechen immer wieder in Tränen aus, wie die Eltern berichten - nicht zuletzt, weil auch die Spielsachen wohl verloren sind. Was der Familie besonders zu schaffen macht, ist der Streit mit der Versicherung um die Schadensregulierung. Zwar hat das Unternehmen schon Geld überwiesen, doch das reichte gerade mal für die Hotelkosten, die Kaution und das Allernötigste. Um die genaue Höhe des Schadens wird noch gestritten.
Wohnung ist nur spärlich möbliert
Deshalb ist die neue Wohnung bislang nur spärlich mit ein paar gebrauchten Möbeln eingerichtet, und auch das gelang nur, weil der Vater Verwandte und Freunde um Kredit bat. Dennoch fehlen Spül- und Waschmaschine, Schränke, Kommoden sowie ein richtiges Elternbett. Auch beim Geschirr und bei der Kleidung gibt es bislang nur das Allernötigste.
Die Weihnachtsaktion will helfen - auch, weil die Familie noch ein weiteres Unglück traf: Der Vater, der in dem Callcenter eines Modehändlers beschäftigt war, verlor seinen Job, weil die Dienstleistung ins Ausland verlagert wird. Durch den Wasserschaden und die damit verbundene Arbeit kam bislang auch die Suche nach einer neuen Stelle zu kurz. "Ich bin komplett am Limit", sagt F. "Was mich über Wasser hält, sind nur die Kinder, denn die brauchen mich."
So können Sie spenden
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Weitere Informationen zum Datenschutz und Antworten auf häufige Fragen zu unserer Weihnachtsaktion „Freude für alle“ finden Sie unter www.vnp.de/ffa
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