Im Seitental ist's viel billiger
Vom Bauernhof ab auf die Piste: An diesem Ort in Südtirol können Familien mal ganz anders Ski fahren
19.12.2024, 11:35 UhrEin Theaterregisseur hätte diese Landschaft nicht schöner in Szene setzen können: Mit der roten Gondel schaukeln wir von St. Ulrich im Südtiroler Grödnertal durch schattigen Wald zur Seiser Alm hinauf, der größten Hochalm Europas. Gleich sind wir oben, greifen nach Ski und Stöcken - und halten den Atem an.
Die Kabinentüre öffnet sich auf 2005 Metern Höhe wie ein Vorhang zum Panorama eines kitschigen Ölschinkens – nur eben in echt: Links das wuchtige rote Massiv des Sellastocks, rechts daneben der zackige Langkofel, vor uns die weite Seiser Alm mit weißen Hängen und sanften Pisten, darauf ein paar Hütten verstreut. Rechts steht wuchtig der Schlern. Mehr Alpen-Klischee geht nicht?
Doch, geht schon. Anderntags fahren wir von der anderen Seite St. Ulrichs mit der Seilbahn und hängen hoch über der roten Steilwand der Seceda. Auch hier der große Auftritt - auf 2518 Metern übertrifft dieser Blick sogar den über die Seiser Alm. Vor uns liegt ein Großteil der Dolomiten, wir blicken weit in andere italienische Provinzen hinein, sehen hinterm Sellastock sogar die Marmolada überm Fassatal im Trentino.
In dieses Panorama stürzen wir uns gern auf Skiern hinein und wedeln die weiten, nie allzu schweren Pisten in der Sonne hinab. Denn das Wetter südlich des Alpenhauptkamms ist tatsächlich meist besser: Freunde machen zur selben Zeit Skiurlaub am Dachstein im Salzburger Land und fahren bei viel Schnee unter Wolken und im Nebel – bei uns lacht die ganze Woche die Sonne aus dem blauen Himmel.
Genau hier treffen sich ladinische, deutsche und italienische Kultur
Egal, wo wir oben aussteigen – überall haben wir einen tollen Blick. Wir sind schließlich im Zentrum der Dolomiten, wo sich deutsche und italienische Sprache und Kultur im noch zu Südtirol gehörenden Grödnertal treffen, wo man aber weder das eine noch das andere als Muttersprache spricht. Hier sprechen sie - wie im nahen Alta Badia, das auch noch zu Südtirol gehört, Ladinisch, dieses seltene Idiom, das sich anhört wie eine Mischung aus Französisch, Portugiesisch und Katalan.
In den abgelegensten Tälern der Alpen konnte sich dieser altlateinische Dialekt halten, weil spätere Eroberer aus dem Norden und Süden einen Bogen um die abgelegenen Gebiete machten - und die dominant Kultur nur schwer den Weg bis in den letzten Winkel fand. Heute jedoch finden Touristen aus allen Himmelsrichtungen ihren Weg hierher, weil die bizarre Landschaft, die einst ein Fluch war, heute für viele Segen und ein großes Geschäft ist.
Das Grödnertal ist inzwischen mit Wolkenstein, St. Christina und St. Ulrich die teuerste Gegend Italiens – und Val Gardena / Seiser Alm mit 181 Pistenkilometern das größte Skigebiet von Dolomiti Superski mit über 500 Pistenkilometer. Das Grödnertal ist das nördliche Tor zur Sellaronda – dieser legendären Skirunde ums Sellamassiv.
Die führt insgesamt 40 Kilometer – davon 27 Kilometer auf Skiern – ab der Saslong bei Wolkenstein übers Grödnerjoch nach Alta Badia, nach Arabba in Venetien unter der Marmolada, übers Pordoijoch ins Fassatal und weiter zwischen Langkofel und Sellastock auf die Plan de Gralba nach St. Christina. Die Runde können Sie natürlich auch in die andere Richtung machen und fahren dann auch auf anderen Pisten.
Hier ist auch Südtirols Hotspot für Langläufer und Winterwanderer
Starten Sie aber nicht nach 10 Uhr, denn sie brauchen für die mittelschwere Skiwanderung etwas Ausdauer und mit Pausen gut 6 Stunden. Dafür carven Sie durch eine der grandiosesten Landschaften der Alpen – unzählige Motorradfahrer drehen diese legendäre Runde über vier Pässe auch im Sommer.
Gerade die hoch gelegenen, sanften Almen eignen sich prima auch für Langläufer und Winterwanderer – sie finden überall ausgezeichnete Wege und Loipen. Für ihre schönen Wanderungen bekannt ist die Raschötz-Alm, ein Stück über der Talstation der Seceda-Umlaufbahn bringt Sie die Standseilbahn hinauf. Klar, dass Sie wieder eine tolle Aussicht haben werden.
Sie können diese Tour auch machen, wenn Sie kleinere Kinder dabeihaben - zehn Jahre alt und gute Skifahrer sollten sie nämlich schon sein. Die Kleineren geben Sie daher am besten bei einem Skiurs in der Skischule Ortisei/St. Ulrich ab, dem Platzhirsch mit gut 100 Skilehrern in der Hauptsaison.
Hier lohnt sich auch ein Trip am Abend, den Sie bei der Skischule Ortisei buchen können: Um kurz nach 18 Uhr treffen Sie andere Urlauber und drei Skilehrer der Scuola Sci & Snowboard St. Ulrich, fahren mit der Bahn zur Raschötz-Alm und kehren erst mal zünftig zu Hüttenmakkaroni, Gemüsesuppe, Gulasch oder Spare-Ribs ein und sausen dann mit Stirnlampen und Rodeln auf frisch präparierter Bahn zur Mittelstation hinab.
Der Wintertourismus fordert seinen Tribut – gerade in den Ferien ist das Grödnertal überlaufen und kratzt am Verkehrskollaps. Eine Ferienwohnung für die Familie kostet in St. Ulrich schnell 4000 Euro – die Woche! In manchen Hütten etwa auf der Seiser Alm verlangen sie für den Kaiserschmarrn 18 Euro, für die Suppe 15 Euro, das große Bier 7 Euro. Fünf Getränke, fünf moderate Gerichte und sie bezahlen 120 Euro. Vergleichen lohnt sich also.
In diesem Örtchen zahlen Sie nicht mal die Hälfte fürs Quartier ins Südtirol
Sie möchten dennoch die tolle Gegend erkunden, ohne zumindest in der Hochsaison ausgenommen zu werden? Weichen Sie zeitlich (Ferien meiden!) und örtlich etwas aus und quartieren Sie sich in den umliegenden Gemeinden vor dem Tal ein, zum Beispiel im netten Örtchen Lajen, mit zwei markanten Kirchen etwas oberhalb der Zufahrtsstraße ins Grödnertal auf einer Anhöhe gelegen.
Hier wohnen sie etwa im Ansitz Zehentner am Dorfplatz in einem historischen, behutsam modernisierten Bauernhaus mit Sauna im ehemaligen Stall – und zahlen inklusive Frühstück kaum die Hälfte dessen, was man in St. Ulrich in einem Apartmenthaus verlangt. Sie kommen dennoch bequem auf die Piste, denn der Skibus bringt sie einmal stündlich in 25 Minuten ins Zentrum von St. Ulrich.
Sind sie mit dem Bus zurück von der Piste, kaufen Sie sich beim örtlichen Dorfmetzger oder im Dorfladen für den Abend ein Stück Speck und ein Vinschgerl. Setzen Sie sich ins nette Café am Platzl oder mit einem Handbierchen auf eine Bank und blinzeln über den Dorfplatz und die zwei Kirchtürme in die Sonne und lauschen den Gesprächen der Einheimischen, die hier ganz entspannt ihrem Alltag nachgehen.
Mehr Informationen zu dieser Südtirol-Winterreise:
Destination:
IDM Südtirol
www.suedtirol.info/de
Tel.: +39 0471 094 000
www.seiseralm.it/de
www.valgardena.it/de
www.lajen.info/de/urlaub-lajen-dolomiten
Skigebiet:
www.dolomitisuperski.com/de
Tel: +39 0471 795397
www.dolomitisuperski.com/de/Entdecken/Skigebiete/Groeden-Seiser-Alm
Anreise:
Ab Nürnberg nach St. Ulrich über den Brenner 440 Km in ca. 5 Stunden, mit Zug und Bus via Innsbruck ab ca. 6 1/2 Stunden.
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