Landschaft voller Extreme

Urlaub im Wüstencamp: So geheimnisvoll ist Marokkos Süden abseits der großen Königsstädte

Johanna Mielich

Online-Redaktion

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13.3.2024, 12:00 Uhr
Der Erg Chebbi ist ein majestätisches Sandmeer in der marokkanischen Wüste: Teils türmen sich die Dünen bis zu einer Höhe von 150 Metern auf. 

© Johanna Mielich Der Erg Chebbi ist ein majestätisches Sandmeer in der marokkanischen Wüste: Teils türmen sich die Dünen bis zu einer Höhe von 150 Metern auf. 

Mit Bedacht steuert Mohammed unseren Bus die teils schwindelerregenden Haarnadelkurven über den Tizi n’Tichka-Gebirgspass im Hohen Atlas gen Süden. Die beiden Wörter tizi und tichka kommen aus der Berbersprache – wobei tizi so viel wie "Bergwiese" und tichka "gefährlich" bedeutet. Die Abgründe werden immer steiler, die grüne Hügellandschaft immer karger, bis wir schließlich auf 2.260 Metern den höchsten Punkt des Passes erreichen. "Im Winter müssen hier die Straßen bei Schnee teils sogar gesperrt werden", betont unser Reiseführer Hassan Taki und stößt nur auf ungläubiges Gemurmel.

Wer nach der Landung im Marrakesch dem Trubel und der Enge der zweitältesten Königsstadt Marokkos, entfliehen will, muss nicht lange suchen: Schon nach rund 30 Kilometern erreicht man die ersten Ausläufer des Atlas-Gebirges. In den abgeschiedenen Bergdörfern, in denen Esel noch als Transportmittel dienen, lässt sich das quirlige Leben innerhalb der Großstadtmauern nur noch erahnen.

Marokko aufs Dach steigen: In Schlangenlinien führt der Tizi n'Tichka-Gebirgspass im Hohen Atlas auf bis zu 2.260 Metern Höhe. 

Marokko aufs Dach steigen: In Schlangenlinien führt der Tizi n'Tichka-Gebirgspass im Hohen Atlas auf bis zu 2.260 Metern Höhe.  © Johanna Mielich

Wie kleine Juwelen funkeln rechts und links der Straße prächtige Kasbahs und Kasbah-Ruinen auf unserem Weg in Richtung Ouarzazate. Diese für den Süden Marokkos so typischen Wohnburgen aus Lehm und Stroh werden in den nächsten Tagen unsere ständigen Begleiter sein.

Hier trifft Historie Hollywood: Aït Ben Haddou

Rund 200 Kilometer südöstlich von Marrakesch, am Fuße des Hohen Atlasgebirges, ragt die wohl beeindruckendste aller Kasbahs in die Höhe: Aït Ben Haddou. Die alte Karawanenstadt aus Lehm und Erde mit ihren ineinander verschachtelten Wohntürmen ("Tighremts") erzählt Geschichten aus vergangenen Zeiten. Schon im 11. Jahrhundert war der befestigte Ksar eine wichtige Station auf der Handelsroute zwischen Timbuktu und Marrakesch.

Seit 1987 ist die exzentrische Wohnburg UNESCO-Weltkulturerbe und dürfte vielen bekannt vorkommen: Denn der Stammsitz der Berbersippe der Ben Haddou diente seit den 1960er Jahren etliche Male als Schauplatz für Hollywood-Filme wie "Gladiator" oder "Sodom und Gomorrha" und für die bekannte Fantasy-Serie "Game of Thrones".

Wie riesige, saftig-grüne Farbkleckse malen sich weiter östlich im Dades-Tal Oasen aus Dattel-Palmen und Feigen in die sonst ockerfarbene, trockene Landschaft. Wer hier unterwegs ist, sollte einen Spaziergang durch die Todra-Schlucht nahe der Kleinstadt Tinerhir nicht auslassen. Jahrtausendelang hat der gleichnamige Todra-Fluss dort einen beeindruckenden Canyon geschaffen. Die steil aufragende Felswände und rostroten Gesteinsformationen, die in der Sonne zu schmelzen scheinen, ziehen Kletterer aus aller Welt an.

Die Straße der Kasbahs erstreckt sich entlang des Hochplateaus vor der Sahara durch den gesamten Süden Marokkos. 

Die Straße der Kasbahs erstreckt sich entlang des Hochplateaus vor der Sahara durch den gesamten Süden Marokkos.  © Johanna Mielich

Die Ruhe zwischen meterhohen Sanddünen finden

In der kleinen Wüstenstadt Rissani südlich von Erfoud verlassen wir den Asphalt und tauchen mit dem Geländewagen in den schier unendlichen Sand der Sahara ein. Die letzten Meter geht es zu Fuß weiter. Schweren Schrittes stapfen wir unbeirrt im Gänsemarsch die Kamellinie entlang, bis wir unser Wüstencamp erreichen, wo vor uns weiße Beduinenzelte flattern - unser Schlafplatz für heute. Zum Schutz gegen den Wind sind sie im Halbrund aufgebaut. Der freie Platz in der Mitte ist mit schweren Teppichen und Sitzsäcken ausgelegt.

Und als wäre die Wüstenszene in sattem Orange ohne ihn unvollständig, reicht uns Gastgeber Zaid mit seinem traditionell tiefblauen Turban ein Glas Berber-Whisky. "Hot and very sweet", warnt er uns. Das Nationalgetränk der Marrokkaner enthält allerdings keinen einzigen Tropfen Alkohol, stattdessen besteht es aus grünem Tee sowie frischer Minze und viel Zucker.

Schauplatz zahlreicher Hollywoodfilme und Serien: Die Lehmziegelstadt Aït Ben Haddou.

Schauplatz zahlreicher Hollywoodfilme und Serien: Die Lehmziegelstadt Aït Ben Haddou. © Johanna Mielich

Die Erg Chebbi ist neben der Erg Chegaga eine von nur zwei reinen Sandwüsten in Marokko. Das Gebiet ist lediglich 22 Kilometer lang und 5 Kilometer breit und wird von kleineren Örtchen wie Merzouga und Erfoud umgeben, wo viele Wüstentouren ihren Ausgang haben. Einige der Sandberge erreichen eine Höhe von bis zu 150 Metern. Wer sich bei einem Spaziergang mitten in die Sanddünen begibt, hört plötzlich nur noch sich selbst. Die Zeit löst sich hier auf einmal auf.

Voller Kontrast: das pulsierende Leben von Marrakesch

Laut, pulsierend und niemals schlafend: Der volle Kontrast erwartet uns dagegen in Marrakesch. Um die Königsstadt mit ihrer als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannten Medina zu erkunden, sollte man vor Abreise noch einen Extra-Tag einplanen. Das pure Leben spielt sich im Labyrinth des Souks, ein rund 20 Hektar großer Basar rund um den Gauklerplatz Djemaa el Efna ab: Er ist das Herz von Marrakesch. Von etwa zehn Uhr morgens bis spät abends herrscht hier wuselige Betriebsamkeit.

Die majestätische Macht der Natur bekommt man inmitten der Todra-Schlucht zu spüren.

Die majestätische Macht der Natur bekommt man inmitten der Todra-Schlucht zu spüren. © Johanna Mielich

Wenn sich das Rot der untergehenden Sonne weiter ausbreitet und durch die Lücken zwischen den Wellblechdächern blitzt, fährt der Markt erst zu seiner Hochphase auf. "Das Leben spielt sich hier vor allem spätabends und nachts ab, weil es tagsüber mit oft 40 Grad im Sommer einfach zu heiß ist", erklärt unser Reiseführer Hassan Taki.

Vor den Läden sitzen die Verkäufer. Aufmerksam lesen sie jede Regung der Passanten. Auf den neugierigen Blick einer Frau vor uns folgt binnen Sekunde eine Kostprobe, ein Preisvorschlag. "Am Anfang besser nicht allzu interessiert wirken", rät uns Guide Taki mit einem Augenzwinkern.

Ein Plan, der hier einfach nicht aufgehen will, denn im Souk gibt es nichts, was es nicht gibt: Teppiche in den unterschiedlichsten Farben, Schlangenbeschwörer, Akrobaten, Wahrsager, Garküchen neben aufgetürmten Bergen von Gewürzen wie frischer Minze oder feurigem Harissa. Für jedes Handwerk und jede Ware hält der Basar sein eigenes Quartier bereit. Dazwischen brausen Mopedfahrer zwischen Eselskarren und hängenden Teppichen durch die Gassen - oft nur mit wenigen Zentimetern Abstand zu den Fußgängern und ockerfarbenen Lehmwänden. Das Attribut "geordnetes Chaos" trifft auf Marrakesch zu wie nur auf wenige andere Städte.

Inmitten der Sanddünen bekommt man es mit der absoluten Ruhe zu tun. 

Inmitten der Sanddünen bekommt man es mit der absoluten Ruhe zu tun.  © Johanna Mielich


Mehr Informationen:

Reiseveranstalter Gebeco - veranstaltet verschiedene Rundreisen durch Marokko

Homepage: www.gebeco.de

Telefonnummer: +49 (0) 431 5446-734

Anreise

Anreise erfolgt beispielsweise als Gabelflug ab dem Nürnberger Airport (z.B. mit Zwischenstopp in Paris) zum Flughafen Marrakesch-Menara. Auch die Flughäfen Frankfurt (direkte ICE-Verbindung ab Nürnberg) und München bieten Gabelflüge beispielsweise über die Airline Royal Air Maroc an.

Wohnen:

Marrakesch: Adam Park Marrakech Hotel & Spa: https://www.adamparkmarrakech.com/de/

Erg Chebbi-Wüste: Luxury Camp by Dar Azawad: https://www.azawad-luxury-camp.com/

Beste Reisezeit

Auch in Marokko gibt es wechselnde Jahreszeiten mit Temperaturunterschieden. Wenngleich sich diese nicht so drastisch auswirken wie in Mitteleuropa. Angenehme Temperaturen herrschen vor allem im Frühling und Herbst. Von Reisen zu den Sommermonaten kann in die Städte Marokkos abgeraten werden, da die Temperaturen dann nicht selten die 40-Grad-Marke erreichen.

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