Splitternackt bis auf die Unterhose
Stirnguss, Massagen, befremdliche Gefühle: Das erleben Sie bei einer Ayurveda-Kur auf Sri Lanka
25.11.2023, 06:00 UhrIch sitze in einer großen Badewanne, die mit einer Kräuter-Wasser-Mischung gefüllt ist. Die Therapeutin im weißen Kleid mit blau-weiß gestreifter Schürze beugt sich über mich, lächelt und fragt: "Water ok, Madam?". Ich nicke. Sie bedeutet mir, mich hinzulegen. Das Wasser reicht mir etwa zu den Ohren, während ich flach in der Wanne liege. Was wohl jetzt passiert?
Sie schöpft mit einer Kanne das Badewasser und übergießt mich immer und immer wieder damit. Erst den Oberkörper, dann die Beine und Füße, die aus dem Wasser herausragen. Zum Schluss soll ich mich hinsetzen, dann übergießt sie auch noch meinen Rücken. Es ist ein befremdliches Gefühl, wie ich dort nackt bis auf die Unterhose sitze und als erwachsene Frau von einer erwachsenen Frau gebadet werde. Ob ich mir das freiwillig so ausgesucht hätte? Wahrscheinlich nicht. Doch das Kräuterbad ist Teil meines Selbstversuchs: Was passiert eigentlich bei einer Ayurveda Kur - dort, wo sie erfunden wurde?
Dieses Selbstexperiment bringt mich nach Sri Lanka, genauer gesagt nach Weligama an die Südküste der Insel. Die acht Tage meiner Kur bin ich im Barberyn Ayurveda Resort Waves untergebracht, das erst drei Monate zuvor eröffnet hat. Ich habe kaum Ahnung, was mich dort erwarten wird. (Eine neutrale Einordnung von Ayurveda, das im Westen den Pseudowissenschaften zugeordnet wird, finden Sie am Ende des Artikels.)
Das Vorgespräch
Der erste Tag beginnt für mich mit einem ausführlichen Gespräch mit meiner Ayurveda-Ärztin. Sie wird mich die gesamte Zeit betreuen, Behandlungen anordnen und alternative Medizin verschreiben. Doch am Wichtigsten: Sie bestimmt meine Doshas. Man unterscheidet zwischen drei Typen: Vata, Pitta und Kapha. Ihr Ungleichgewicht zu kennen, ist für meine Kur sehr wichtig.
Denn nach dem Verständnis des Ayurveda entstehen Krankheiten, wenn ein Ungleichgewicht dieser Doshas vorliegt, was verschiedene Ursachen haben kann. Um einen Über- oder Unterschuss zu ermitteln, misst meine Ärztin mein Gewicht, Puls und Blutdruck, wirft einen Blick auf meine Zunge und stellt mir viele Fragen zum Beispiel zu Schlaf und Ernährung. Außerdem besprechen wir Vorerkrankungen und aktuelle Probleme.
In meiner Sprechstunde findet die Ärztin heraus, dass ich aktuell einen Vata-Pitta-Überschuss habe und stimmt darauf und auf meine Beschwerde die Behandlungen und sogar den Essensplan für die kommende Woche ab. Als welcher Typ ich auf die Welt gekommen bin, will sie mir noch nicht sagen. Dafür müsse sie mich noch besser kennenlernen.
Danach geht es mit der ersten Einheit los: der Abhyanga Massage - eine vierhändige Öl-Massage. Wobei es mich währenddessen eher an eine Einölung erinnert, denn absolut keine Stelle meines Körpers wird ausgelassen (nicht mal das Innere meiner Ohren).
Nachdem ich von den zwei Therapeutinnen auf der Liege massiert wurde, darf ich mich noch auf einen Stuhl vor einen Spiegel setzen und dabei zuschauen, wie auch mein Kopf und nochmals mein Rücken massiert werden - wieder unbekleidet bis aufs Höschen, wieder ist die Situation für mich etwas befremdlich. Später erfahre ich, dass das Öl eine sehr wichtige Rolle spielt und individuell für den Gast ausgewählt wird. Einen Großteil dieser Öle und der anderen Medizin stellt Barberyn für seine vier Ayurveda Resorts selbst her - mit eigens dafür angebauten Heilkräutern.
Die unterschiedlichen Phasen der Kur
Das Prinzip dieser Kur lässt sich in drei Phasen einteilen - daher sollten Gäste zwei, besser drei Wochen dort bleiben. Die erste Phase nennt sich Purva-Karma und beschäftigt sich mit der Vorbereitung des Körpers. Und da spielen die Massagen eine wichtige Rolle: Sie sollen der Haut ermöglichen, das Öl aufzunehmen und auf diese Weise die Wirkstoffe ins Gewebe transportieren. Gleichzeitig sollen die Öle Gifte herausziehen, wodurch sie in den Verdauungstrakt befördert und ausgeschieden werden sollen. In der zweiten Phase, dem Pancha Karma, sollen eben diese Giftstoffe zum Beispiel durch Einläufe aus dem Körper herausbefördert werden. Bei Rasayana, soll der Körper regenerieren und gestärkt werden.
Auf meine erste Massage folgen Akupunktur-Behandlungen, eine Dampfinhalation, Kräuter-Packungen und das bereits beschriebene Kräuterbad. Diese Einheiten werden so fast jeden Tag wiederholt. Pausieren muss ich nur an den Tagen, an denen ich eine andere Spezialbehandlung bekomme. Wie zum Beispiel Shirodhara, also den Stirnölguss.
Nicht nur meine Behandlungen, auch meine Ernährung spielen eine wichtige Rolle. Mit dem Gast bestimmen die Ärzte und Ärztinnen, ob während der Kur auf bestimmte Lebensmittel verzichtet werden sollte. Mir wird keine bestimmte Diät verordnet, weshalb ich mich am Buffet frei bedienen darf. Allerdings bekomme ich bestimmte, auf mein Dosha-Ungleichgewicht abgestimmte Vorspeisen, Säfte und Suppen. Insgesamt ist das Essen vegetarisch, sehr gesund und natürlich ayurvedisch gekocht. Außerdem gibt es weder Alkohol noch Kaffee.
So starte ich meinen Morgen nicht mit meinem gewohnten Cappuccino, sondern mit meiner deutlich weniger schmackhaften Medizin. Jeden Tag aufs neue werden mir Kräuterextrakte, Tabletten und Pulver gebracht. Inklusive einer Anleitung, zu welcher Uhrzeit und ob ich sie mit Honig, Wasser, Tee oder Ghee nehmen soll. Die Einnahme beschränkt sich übrigens nicht nur auf meinen Aufenthalt - auch für zuhause wird mir ein Paket aus Pulvern für besseren Schlaf, mehr Energie und einen aktiveren Stoffwechsel bereitgestellt.
Das Fazit
Wie war es für mich und was hat es mir gebracht? Vorab sollte ich dazu sagen, dass ich eben nur eine Woche dort war, weshalb ich nicht durch alle der drei Phasen gehen konnte. Das gesamte Areal, die Lage direkt am Strand, die zusätzlichen Angebote wie Meditation, Yoga und Ausflüge haben mich insgesamt sehr entspannt. Ich habe mich während der Zeit dort zwar sehr müde und ausgelaugt gefühlt, zuhause war ich aber dann aber plötzlich ausgesprochen energiegeladen.
In insgesamt zwei Wochen (eine Woche Kur und eine Woche zuhause) habe ich außerdem fünf Kilogramm Gewicht verloren. Gefühlsmäßig habe ich weniger Haarausfall als vor meinem Aufenthalt, meine Haut sieht deutlich besser aus als zuvor. Ob das alles an Ayurveda liegt? Keine Ahnung. Gut getan hat es mir auf jeden Fall.
Wichtiger Hinweis zur Einordnung von Ayurveda aus Wikipedia:
"Im westlichen Kulturkreis setzt man Ayurveda zumeist für Wellness-Zwecke ein, was in Asien erst durch den wachsenden Tourismus zum Thema wurde. Ayurveda ist keine therapeutische Einzelmaßnahme, sondern ein ganzheitliches System und gehört heute in den Bereich der traditionellen Alternativmedizin. Mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen ist Ayurveda vielfach nicht vereinbar. Wirkungsnachweise nach den Grundprinzipien der evidenzbasierten Medizin sind kaum oder nicht vorhanden. Aus heutiger wissenschaftlicher Sicht wird Ayurveda hauptsächlich in der westlichen Welt den Pseudowissenschaften zugeordnet."
Mehr Informationen:
Barberyn Aurveda Resorts Sri Lanka
www.barbarynresorts.com/german
Anreise: Es gibt Direktflüge nach Colombo ab Frankfurt oder ab München mit einem Zwischenstopp in Doha, Katar. Von Colombo bis Weligama braucht man mit dem Auto oder Tuktuk noch etwa 1,5 Stunden.
Sehenswert: Ausflug nach Galle
Beste Jahreszeit: November bis April
Unbedingt einpacken: Flip-Flops oder Schlappen