Tierisch was geboten

Bern beflügelt: Virtuelle Vögel erobern die Schweizer Hauptstadt

Claudia Beyer

NN Lokales

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1.11.2024, 19:00 Uhr
Greifvögel in der Nacht: An der Fassade des Berner Parlamentsgebäudes starren Eulen in den Schnee.

© Rendez-vous Bundesplatz Greifvögel in der Nacht: An der Fassade des Berner Parlamentsgebäudes starren Eulen in den Schnee.

Manche haben einen Vogel. In Bern haben sie ganz viele. Bei einer nächtlichen Kunstaktion flattern im November allerlei Bergfinken, Kiebitze und weitere gefiederte Gefährten virtuell durch die Innenstadt. Das angestrahlte Parlamentsgebäude verwandelt sich dabei in heimische Vogelwelten, akustisch untermalt von Gezwitscher, Flügelschlägen, aber auch Musikklängen, die zum Mitsingen einladen. Unter dem Titel "Volare", also "Fliegen", entführt das Lichtspektakel an geflügelte Orte – anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Schweizer Vogelwarte Sempach.

Mauerläufer erklimmen die Fassade, Wasseramseln durchfliegen einen tosenden Wasserfall, Eisvogel und Steinadler zeigen ihre Flugkünste. Beim großen Finale hämmern Spechte die Namen der Beteiligten ins Parlamentsgebäude, der Greifvogel nimmt es zwischen die Klauen und trägt es mit seinen mächtigen Schwingen in die Nacht davon. Applaus!

Beim Balzen der Kraniche erstrahlt die Fassade in rotem Licht.

Beim Balzen der Kraniche erstrahlt die Fassade in rotem Licht. © Claudia Beyer

Brigitte Roux hat als Initiatorin die kostenlose Lichtershow am prominenten Ort angezettelt. Hartnäckig verhandelte sie vier Jahre lang, bis das Bundeshaus schließlich für ihre Vision freigegeben wurde. Heuer lockt das vierwöchige Lichtspektakel bereits zum 14. Mal - mit wechselnden Themen. Warum gerade das Bundeshaus? Ganz klar, "es ist nicht nur das wichtigste politische Gebäude, sondern zugleich mit seiner tollen Fassade das schönste Haus in der ganzen Schweiz – und gut zu bespielen", sagt die 67-Jährige.

Hier im Zentrum der Macht lassen Politiker regelmäßig Federn, finden Hahnenkämpfe statt, wird kräftig gebalzt, aber auch gepfiffen und tiriliert. Sowieso punktet das heimelige Bern als Hauptstadt durch seine politische Bedeutung, weniger durch seine wirtschaftliche. Da haben Zürich und Basel den Schnabel vorn.

Beeindruckendes Lichtspektakel: Am Schluss trägt der Adler das Bundeshaus davon.

Beeindruckendes Lichtspektakel: Am Schluss trägt der Adler das Bundeshaus davon. © Rendez-vous Bundesplatz

Über die Frage, welcher Vogel ihr persönlich am nächsten steht, muss Roux nicht lange nachdenken. Der Adler - lautet die prompte Antwort. Der freiheitsliebende König der Lüfte beeindruckt sie mit seiner Größe und seinem Scharfsinn, er spielt deshalb auch eine besondere Rolle bei "Volare". Die Eulen bleiben dagegen im Schatten und starren in den Schnee.

Es gibt auch sonst ein paar komische Käuze, die man mit Bern verbindet. Albert Einstein etwa lebte mit seiner Frau in einer Wohnung im zweiten Stock in der Altstadt mit ihren sechs kilometerlangen Laubengängen (Arkaden) - inmitten des heutigen UNESCO-Weltkulturerbes. Hier hirnte er über seine Relativitätstheorie. In dem kleinen Museum, dem Einsteinhaus, begibt man sich auf Zeitreise. Auch die Dauerausstellung im Bernischen Historischen Museum, die dem Physiker gewidmet ist, gewährt Einblicke in sein Denken.

Beim Bummel durch die Altstadt mit ihren Märkten begegnet man vielen Spatzen, die keck am Boden umher hüpfen. Hier sind auch reizende Kellergeschäfte. In den früheren Lagerräumen haben sich mittlerweile kleine Läden, Restaurants, Bars und Theater eingenistet. Von Barrierefreiheit allerdings eine Spur.

In Bern kann man also gut runterkommen. Gemütlich geht es zu. "Es läuft alles etwas langsamer", bestätigt Artur Vogel, ehemaliger Chefredakteur der Berner Tageszeitung "Der Bund". Die Menschen sind offen und herzlich – schnell ist man beim Du.

Über der historischen Stadtkulisse erhebt sich Berns Hausberg, der Gurten. Gut erreichbar mit der Standseilbahn geht es barrierefrei aufwärts. Oben vermischen sich Touristen und Einheimische beim Brunch oder Picknick mit herrlichem Ausblick, Alpengipfel inklusive.

Bern ist eine Brückenstadt, hier der Blick auf die Aare.

Bern ist eine Brückenstadt, hier der Blick auf die Aare. © Claudia Beyer

Durchs Herz der Stadt schlängelt sich die Aare. Sie ist der längste Fluss in der Schweiz. An heißen Sommertagen tummeln sich viele Berner in den Fluten, springen von einer der über 100 Brücken hinein und lassen sich flussabwärts treiben. Gerne auch im Schlauchboot. Touristen sind ebenfalls mit von der Schwimmpartie – wobei sie immer mal wieder die Strömung unterschätzen. Es gibt eine eigene App, die über den jeweiligen Zustand der Aare informiert. Derzeit heißt es "uschaflig chaut", also "unglaublich kalt".

Am Rande der Altstadt liegt der Bärenpark - am gegenüberliegenden Ufer der Aare. Besucher schauen den Schwergewichten gerne beim Schwimmen zu.

Am Rande der Altstadt liegt der Bärenpark - am gegenüberliegenden Ufer der Aare. Besucher schauen den Schwergewichten gerne beim Schwimmen zu. © Claudia Beyer

Am Rande der Altstadt gibt es noch ein, für Besucher ebenfalls kostenfreies Tierparadies zu entdecken. Jedoch trifft man im Bärenpark auf keine gefiederten Lichtgestalten, sondern auf Schwergewichte mit vier Tatzen: die 24-jährige Braunbärin Björk, ihr sechs Jahre jüngerer Partner Finn und Tochter Ursina. Noch sieht man die fellige Familie umherwandern und in einem gesicherten Bereich in der Aare schwimmen. Aber bald ist Winterschlaf angesagt. Der Bär ist übrigens auch das Wappentier der Stadt und des Kantons Bern. Was für eine Bärenmarke.

Weitere Infos: Noch bis zum 23. November ist die 25-minütige Lichtershow "Volare" täglich am Bundesplatz zu sehen, jeweils um 19, 20 und 21 Uhr.

Freie Fahrt: Übernachtungsgäste brauchen sich keine Gedanken um Tickets für den öffentlichen Verkehr zu machen. Bereits ab der ersten Nacht in einem Beherbergungsbetrieb innerhalb der Stadt gibt es das "Bern Ticket" für den gesamten Aufenthalt dazu.

Tourist Information Bern, Bahnhofsplatz 10a, 3011 Bern, Schweiz, https://www.bern.com/de, Kontakt unter info@bern.com

Anreise: Mit dem Zug braucht man ab Nürnberg über München und Zürich rund sechs Stunden bis nach Bern.

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