Zu wenig Geld im Fördertopf?

Umweltbonus für Elektroautos: Warum Sie möglicherweise leer ausgehen

Ulla Ellmer

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24.8.2023, 20:34 Uhr
Produktion des VW ID.3 in Zwickau: Experten sehen den Hochlauf der Elektromobilität in Gefahr - auch, weil der Umweltbonus sukzessive reduziert wird.

© Oliver Killig/Volkswagen Produktion des VW ID.3 in Zwickau: Experten sehen den Hochlauf der Elektromobilität in Gefahr - auch, weil der Umweltbonus sukzessive reduziert wird.

Nicht jeder, der sich ein Elektroauto kauft, tut dies aus Überzeugung und Idealismus. Für viele ist entscheidend, dass der Kauf durch den sogenannten Umweltbonus unterstützt wird, der sich aus einem Hersteller- und einem Bundesanteil zusammensetzt.

Gedeckelter Fördertopf

Doch hinter dem Zuschuss stehen Fragezeichen. Der Bund stellt die Mittel nämlich nicht in unbegrenzter Höhe zur Verfügung. Stattdessen wird ähnlich wie schon bei der Wallbox-Subventionierung verfahren: Der Fördertopf ist gedeckelt, wenn er leer ist, gibt es für E-Auto-Käufer kein Geld mehr.

Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeug-Gewerbe (ZDK) will nun erfahren haben, dass das Förderbudget für 2024 wesentlich kleiner ausfällt als erwartet. Statt der bislang in Aussicht gestellten 1,4 Milliarden Euro sollen nur 810 Millionen Euro bereitgestellt werden, knapp 600 Millionen weniger also. Somit würde eine deutlich geringere Zahl von Elektroauto-Anschaffungen als gedacht bezuschusst werden, viele Käufer könnten leer ausgehen.

Elektromobilität eingebremst?

„Wenn das wirklich so kommt, erleben wir gerade einen weiteren Akt des Verwirrspiels beim Umweltbonus“, zeigt sich ZDK-Präsident Arne Joswig verärgert. Weder die Autohäuser noch die Kundinnen und Kunden seien noch in der Lage, den Kauf eines E-Fahrzeugs vernünftig zu planen. Das, so Joswig, „wird den von der Bundesregierung postulierten Hochlauf der Elektromobilität weiter bremsen“.

Der ZDK-Präsident befürchtet außerdem, dass es „auch im Dezember 2023 wieder zu einer Jahresendrallye bei den Zulassungen der E-Fahrzeuge kommt“. Ähnliches war schon Ende 2022 passiert, als die vielfach von Lieferschwierigkeiten betroffenen Elektroauto-Käufer unter Zeitdruck gerieten. Um die maximale Fördersumme von 9000 Euro zu erhalten – 6000 Euro vom Staat, 3000 Euro vom Hersteller – musste das Auto unbedingt noch im alten Jahr zugelassen werden. Das führte dazu, dass im Dezember 2022 mehr vollelektrische Pkw (104.325) eine Neuzulassung erhielten als Benziner (64.525) und Diesel (33.925 Euro) zusammengenommen.

Kein Geld mehr für Gewerbekunden

Zum Jahresbeginn 2023 sank der Umweltbonus von 9000 auf aktuell höchstens 6750 Euro, die sich aus 4500 Euro vom Staat und 2250 Euro vom Hersteller zusammensetzen. Doch das Abschmelzen geht weiter. Schon ab dem 1. September 2023 können nurmehr Privatleute, nicht aber die wichtigen gewerblichen Halter, einen Förderantrag stellen. Und bevor der Zuschuss im Jahr 2025 ganz gestrichen wird, erfahren ab 2024 nurmehr Elektroautos bis zu einem Nettolistenpreis von 45.000 Euro (Basismodell) eine Subventionierung, die außerdem auf 3000 Euro vom Bund sowie 1500 Euro vom Hersteller zusammengestrichen wird, insgesamt also auf 4500 Euro.

Selbst mit diesem reduzierten Betrag ist – wie erwähnt - nur solange zu rechnen, als überhaupt noch Geld im Fördertopf steckt. Leere drohte schon im vergangenen Juni: Da waren von den für 2023 vorgesehenen 2,1 Milliarden Euro bereits 1,72 Millionen ausbezahlt, weswegen das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) das Budget um 400 Millionen auf 2,5 Milliarden Euro aufgestockt hat.

Boom? Der Eindruck täuscht

Zwar ist der deutschlandweite Bestand an rein batterieelektrischen Fahrzeugen im ersten Halbjahr 2023 auf 1,17 Millionen gestiegen, innerhalb eines Jahres habe sich somit ein Zuwachs um 55 Prozent ergeben, wie das Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach ermittelt hat. Das hört sich ermutigend nach einem Boom an. Doch der Eindruck täuscht. Das Wachstum hat vorrangig damit zu tun, dass die dicken Auftragsbücher aus den Zeiten der Engpässe abgearbeitet worden sind und die E-Autos inzwischen schneller ausgeliefert werden können. Jetzt aber gehen die Bestelleingänge zurück, laut ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn liegen sie um 30 bis 50 Prozent unter Vorjahresniveau. Neben den steigenden Zinsen (viele Autos werden finanziert) und den inflationsbedingt reduzierten Reallöhnen schmälert wohl auch der verringerte Umweltbonus die Lust aufs Elektroauto.

Der Plan der Bundesregierung, bis 2030 rund 15 Millionen Stromer auf deutsche Straßen zu bringen, dürfte „mit den derzeitigen Programmen und Förderkulissen bei weitem verfehlt werden“, stellt CAM-Direktor Stefan Bratzel eine düstere Prognose auf. Um das ambitionierte Ziel zu erreichen, müssten im Gesamtjahr 2023 etwa 750.000 und 2025 rund 1,3 Millionen neue Elektroautos zugelassen werden. Realistisch erwartbar seien aber nur 450.000 beziehungsweise 650.000. Wenn sich die Entwicklung in diesem Tempo fortsetzt, ist laut Bratzel bis 2030 nur mit 7 bis 8 Millionen E-Mobilen zu rechnen – lediglich der Hälfte dessen also, was sich die Bundesregierung vorgenommen hat. Notwendig, so Bratzel, sei nun „ein Realitätscheck“, die politischen Ziele müssten mit den dazu erforderlichen Maßnahmen in Einklang gebracht werden.

Kritik von Experten

Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Car Center Automotive Research (CAR), hat die „chaotische Subventionspolitik des Bundeswirtschaftsministeriums“ bereits heftig kritisiert. Auch ZDK-Präsident Arne Joswig fordert „ein positives und verlässliches Förderumfeld, um den Hochlauf der Elektromobilität zu sichern“. Niemand dürfe sich wundern, „wenn die Zahl der Auftragseingänge bei E-Fahrzeugen derzeit in den Keller rauscht“.

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