Vorgezogenes Ende der Subventionen=
Plug-in-Hybride: Was steckt hinter dem Förder-Stopp?
15.4.2022, 12:52 UhrDer Plug-in-Hybrid – kurz: PHEV – ist ein Erfolgsmodell. Im März, so meldet es das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), haben die Teilzeitstromer einen Anteil von 11,3 Prozent an den bundesweiten Neuzulassungen erreicht. Der Diesel wurde bekanntermaßen als Schmuddelkind in die Ecke gestellt, an seiner Stelle sollten sich die Plug-ins als die neuen Sparmeister in Szene setzen. Für die Automobilhersteller sind die Hybride mit den extern aufladbaren Akkus wichtige Bausteine im Bemühen, den CO2-Bilanz der Flotte zu drücken – dies auch, weil der angenommene elektrische Fahranteil zu völlig unrealistischen Normverbrauchswerten führt, die letztlich aber einzahlen: Dem Porsche Cayenne E-Hybrid beispielsweise, Systemleistung 340 kW/426 PS, bescheinigt der NEFZ-Standard nur 2,4 bis 2,5 l Super/100 km.
Großzügige Subventionierung
Die Beliebtheit der PHEVs bei den Kunden wiederum resultiert zu einem nicht unerheblichen Teil aus der großzügigen Subventionierung. Plug-in-Hybride, die sowohl einen Verbrenner- als auch einen Elektromotor vorhalten, sind teuer. Da tut es gut, beim Kauf eine größere Summe abziehen zu können. Derzeit bewegt sie sich zwischen 5981,50 und 7177,50 Euro brutto. Keine Unterstützung erhalten Modelle, deren Listenpreis über 65.000 Euro liegt.
Früher als geplant
Die Umweltprämie wird gemeinsam vom Staat und vom Hersteller getragen. Der Bundesanteil beträgt dabei 3750 beziehungsweise 4500 Euro. Zum Ende diesen Jahres soll er nun gestrichen werden – früher als im Koalitionsvertrag eigentlich vorgesehen. Dies hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einem Interview mit der Funke-Mediengruppe angekündigt. Innerhalb der Koalition sind die Pläne noch nicht abgesprochen.
Wirklich überraschend kommt der Förder-Stopp nicht. In der Branche hat man ihn bereits erwartet. „2022 wird das Jahr der Plug-in-Hybride“, sagte etwa Kia-Deutschland-Chef Thomas Djuren im vergangenen Dezember. Viele Kunden würden – teils vom Händler entsprechend informiert – mit einem Ende der Subventionen rechnen und schnell noch einen PHEV bestellen.
Kritik an den Teilzeitstromern
Die Kritik an den Teilzeitstromern rumort indes schon länger. Das Fördergeld, so wird moniert, sei nicht gerechtfertigt – denn in der tagtäglichen Praxis würden die PHEVs viel zu selten elektrisch und viel zu oft mit Verbrenner bewegt. Schwer seien sie, und deshalb durstig. Auch die Ladedisziplin lasse sehr zu wünschen übrig. Berichte über Leasing-Rückläufer kursierten, bei denen das Ladekabel noch völlig unbenutzt und originalverpackt im Kofferraum gelegen habe.
Dass das Bundeswirtschaftsministerium deshalb die Zügel anziehen würde, war klar. Bereits zum Jahreswechsel 2021/2022 mussten Plug-in-Hybride eine höhere elektrische Mindestreichweite vorweisen können, um gefördert zu werden, aus 40 wurden 60 Kilometer. Bisher stand im Raum, dass das 2023 noch einmal steigen sollte, auf 80 Kilometer nämlich. Diskutiert wurde auch darüber, das alternative Kriterium des CO2-Ausstoßes wegfallen zu lassen – die Möglichkeit also, trotz geringer E-Reichweite zu einer Förderung zu gelangen, wenn die CO2-Emissionen des Fahrzeugs 50 g/km nicht überschreiten.
Den elektrischen Fahranteil überwachen
Zudem wurde in Erwägung gezogen, den elektrischen Fahranteil technisch überwachen zu lassen – beispielsweise, indem er in der Werkstatt oder bei einer Prüforganisation ausgelesen und bescheinigt wird. Andere Überlegungen galten Geofencing – einer Technologie, die automatisch den Elektro-Modus aktiviert, sobald das Fahrzeug mit ausreichend geladener Batterie beispielsweise eine Umweltzone befährt.
Die Förderung in Abhängigkeit von der elektrischen Fahrleistung hätte zu „unverhältnismäßig hohem Aufwand geführt“ und sei deshalb verworfen worden, heißt es jedoch in einem Schreiben des parlamentarischen Staatssekretärs Michael Kellner (Grüne) an Abgeordnete der Ampel-Koalition.
Tag der Neuzulassung gilt
Letztlich wirft Habeck den Plug-in-Hybriden freilich gar nichts vor. Sie seien inzwischen einfach „marktgängig und brauchen keine öffentliche Förderung mehr“, erklärte der Bundeswirtschaftsminister im Interview. Für viele PHEV-Käufer ist das eine böse Überraschung. Denn als Stichtag, um die Förderung zu erhalten, gilt nicht das Datum der Bestellung, sondern das der Neuzulassung.
Betroffen sind wohl viele. Denn die Prämie (und, siehe oben, auch die Sorge um deren Ende) hat eine hohe Nachfrage nach Plug-in-Hybriden ausgelöst – und damit teils extrem lange Lieferzeiten. On top kommt da noch die Halbleiterkrise hinzu. Und so muss man schon Glück haben, wenn der jetzt bestellte PHEV noch bis zum Jahresende ausgeliefert wird, zumal Habecks Ankündigung einen zusätzlich verstärkten Run auf die Teilzeitstromer zur Folge haben dürfte. Die Neuwagenbörse „Carwow“ beispielsweise nennt für einen Cupra Formentor e-Hybrid zehn bis elf Monate Lieferzeit, für einen Hyundai Tucson Plug-in-Hybrid acht Monate, für einen Kia Ceed Sportwagon Plug-in-Hybrid immerhin nur vier Monate. Andere Modelle – Mercedes A- und B-Klasse PHEV beispielsweise oder Renault Captur PHEV – unterliegen demzufolge sogar einem Bestellstopp. Verifizieren lässt sich das letztlich nur durch Nachfrage beim Händler.
"Förderlotterie"
„Wer ein batterieelektrisches Fahrzeug bestellt, erwirbt jetzt nur noch ein Los zur Teilnahme an der Förderlotterie“, sagt Reinhard Zirpel, Präsident des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK). Und Habecks Anregung, die Hersteller möchten doch die gestrichenen Prämien übernehmen, stößt bei Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), erwartungsgemäß auf Ablehnung: „Die Hersteller tragen bereits von Anfang an ihren Anteil am Umweltbonus. Eine Erhöhung als Ausgleich der Unsicherheit über den Lieferzeitpunkt ist nicht finanzierbar“.
Einstieg in die Elektromobilität
Außerdem, so Peckruhn, eröffneten Plug-in-Hybride doch einen „niedrigschwelligen Einstieg in die Elektromobilität und bieten zurzeit die einzige Möglichkeit, lokal emissionsfreies Fahren mit Langstreckentauglichkeit zu verbinden“. Ähnlich sieht es auch Andreas Marx, Deutschland-Chef von Opel: „Plug-in-Hybride sind eine gute Möglichkeit, um die Leute an elektrisches Fahren heranführen und gewöhnen zu können“.
Wenn es überwiegend auf der Kurzstrecke eingesetzt und zudem diszipliniert geladen wird, kann ein PHEV tatsächlich zum seltenen Gast an der Tankstelle werden. Dies umso mehr, als die elektrische Reichweite neuer Modelle beständig steigt: Volvo beispielsweise ermöglicht nach WLTP-Norm bis zu 90 Kilometer, Mercedes um die 100, und die chinesische Marke Wey annonciert für das Plug-in-SUV Coffee 01 sogar rund 150 Kilometer. Und zur Mär um das unbenutzten Ladekabel darf angemerkt werden, dass man es oft wirklich gar nicht braucht – weil oft schon an der Wallbox oder Ladestation eines hängt.
Auch reine Elektroautos büßen ein
Auch bei reinen Elektroautos (BEV) soll die Förderung sukzessive abgeschmolzen werden. Demnach würde der Bundesanteil ab 2023 von derzeit 6000 Euro auf dann 4000 Euro sinken, 2024 und 2025 auf 3000 Euro, bevor die Subventionierung durch den Steuerzahler ab 2026 ganz entfällt. Spätestens dann schlägt für das BEV die Stunde der Wahrheit – und es wird beweisen müssen, dass es auch ohne Fördergeld bestehen kann.
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