Hybrid, Plug-in-Hybrid, EV
Neuer Kia Niro: Ausschließlich alternativ unterwegs
12.7.2022, 10:16 UhrWas andere jetzt erst betreiben, hat der Kia Niro bereits bei seinem ersten Auftritt im Jahr 2016 vorexerziert: Schon damals ist er ausschließlich mit alternativen Antrieben erhältlich gewesen. Eine bemerkenswerte Karriere hat zuletzt die rein elektrische Version hingelegt, die in Deutschland drei Viertel der Verkaufszahlen trägt. Das mag zunächst erstaunen. Aber die Kombination aus praxistauglicher Bauweise und ebenso alltagskonformer Reichweite weiß offensichtlich zu überzeugen, zumal die Umweltprämie ein weiteres schlagkräftiges Kaufargument liefert.
Gespaltene Persönlichkeit
Auch die jetzt vorgestellte zweite Niro-Generation bleibt eine dreifach gespaltene Persönlichkeit aus Hybrid (HEV), Plug-in-Hybrid (PHEV) und EV (Elektrovariante). Gemeinsam hat das – übrigens eng mit dem Hyundai Kona verschwisterte – Trio eine auf nunmehr 4,42 Meter Länge gestreckte, modern-versachlichte Karosserie, die in der Wahrnehmung zwischen SUV und Minivan changiert, Crossover halt. Als stilprägendes Detail macht die sogenannte Aero-C-Säule auf sich aufmerksam, die auf Wunsch kontrastfarbig lackiert wird und deren Kleidsamkeit wir etwas zweifelnd gegenüberstehen. Jaaa, sagt Kia dazu, das Teil soll nicht nur gut aussehen, sondern vor allem der Aerodynamik guttun, der integrierten Luftkanäle wegen.
Speziell der vollelektrische EV hält identitätsstiftend die Front geschlossen, an der sich auch der Stromanschluss befindet, das ist praktisch beim Ansteuern der Ladestation.
Anleihen beim EV6
Bei der Cockpitplanung hat der Niro zu anderen Kia-Modellen wie Sportage oder EV6 hinübergeschielt, so manches erinnert an den Edel-Stromer, die moderne Anmutung im Allgemeinen und das schöne, aus zwei Bildschirmen bestehende Panoramadisplay im Besonderen. Nicht genug Lob können wir aussprechen, wenn sich ein Hersteller dazu entschließt, bei aller erforderlichen Digitalisierung noch Direkttaster im Cockpit zu belassen, auch der Niro durfte sie behalten und vereint sie auf der wechselnd belegbaren „Multi Mode“-Bedienleiste. Gegen Aufpreis gibt es ein Head-up-Display, wohlgefällig registriert man praktische Details wie die in die Rückenlehnen der Vordersitze integrierten Kleiderbügel. Das Öko-Gewissen wiederum sieht sich durch den hohen Anteil an Recyclingmaterialien besänftigt - im Dachhimmel wurden überwiegend aufbereitete Papierfasern verarbeitet, und in den Kunstledersitzbezügen steckt Bio-Polyurethan aus Eukalyptusblättern.
Apropos Sitze: Der in Liegeposition zu bringende Relaxion-Sitz bleibt leider dem Beifahrer vorbehalten, der aufrecht verharrende Fahrer kann da während der Ladepause nur neidvoll nach rechts blicken. Und beim fortgeschrittenen Totwinkel-Assistenten, der beispielsweise im EV6 oder Sportage das Geschehen im uneinsehbaren Bereich ans Fahrerdisplay überträgt, muss der Niro passen – es gehen ihm die dazu erforderlichen 360-Grad-Kameraugen ab, wie Produktmanager Gregor Krumboeck erklärt.
450 Kilometer Norm-Reichweite
Weil der EV unangefochtener Star im Programm ist, verdient er als Erster ein genaueres Hinsehen. Seine Leistung bleibt im Vergleich zum Vorgänger unverändert bei 150 kW/204 PS, der Akku bietet etwas mehr Kapazität (64,8 statt 64 kWh), die Reichweite beträgt nach Norm 460 Kilometer, in der Praxis halten wir 350 bis 400 Kilometer für realistisch. An der AC-Wallbox oder -Ladesäule bedient sich der Niro EV dreiphasig und mit bis zu 11 kW, an der CCS-Schnellladestation zieht er 80 kW, das ist im Konkurrenzumfeld nicht rekordverdächtig, soll es nach Herstellerangaben aber möglich machen, den Akku in einer Dreiviertelstunde von 10 auf 80 Prozent zu befüllen.
Zur Serienausstattung gehören eine Wärmepumpe, ein navigationsbasiertes Vorheizsystem für die Batterie und die V2D-Funktion (Vehicle to Device), mithilfe eines Adapters fließen so bis zu 3 kW Strom an externe Verbraucher wie das E-Bike oder den Campinggrill. Zudem macht sich der Niro EV jetzt auch als Zugpferd nützlich, die Anhängelast liegt (ungebremst) bei 750 Kilogramm. Und als Ergänzung zum 475-Liter-Gepäckabteil – übrigens mit faltbarer Abdeckung, die eine Parallel-Existenz als Sonnenschutz führen kann – findet sich unter der Fronthaube ein beleuchteter 20-Liter-„Frunk“.
Bei einer ersten Ausfahrt erweist sich der elektrische Niro als eleganter Gleiter, leise flüstern wir durch Frankfurt und den Taunus, hinauf geht es auf den Feldberg, das fein komfortabel abgestimmte Fahrwerk ist auch der flotter angegangenen Kurve nicht abgeneigt.
Inspiration – oder Inspiration?
Weil es mit der Liefersituation derzeit so eine Sache ist, bietet Kia den EV ausschließlich in der hochwertigen Ausstattungslinie „Inspiration“ an, das vereinfache vieles und nehme „Druck heraus“, wie Sprecherin Susanne Mickan sagt.
Weiter zum Plug-in-Hybriden: Er mobilisiert 135 kW/183 PS, freigesetzt von einem 1,6-l-Vierzylinder mit 77 kW/105 PS und einem 62 kW/84 PS starken Elektromotor, die 11,1-kWh-Batterie ermöglicht nach Norm bis zu 65 Kilometer elektrischer Strecke. Der Vollhybrid-Niro wiederum bringt es auf 104 kW/141 PS, hier steuert die E-Maschine 32 kW/44 PS bei.
Automatisch elektrisch
Neu ist bei beiden Hybriden der „Greenzone“-Modus, der auf Basis der Navidaten in bestimmten Situationen – etwa in Wohngebieten oder im Umfeld von Schulen und Kindergärten – automatisch in den E-Betrieb wechselt.
Erwartungsgemäß führt der – freilich auch am besten ausgestattete EV – mit 47.590 Euro (abzüglich Umweltbonus 38.020 Euro) – die Niro-Preisliste an. Der PHEV fährt ab 36.090 Euro vor, der HEV ab 30.690 Euro. Unterm Strich kommt die Stecker-Variante da sogar günstiger, zumindest solange sie noch bezuschusst wird, netto bleiben dann 29.513 Euro.
Wer jetzt bestellt, räumt Kia ein, kann allerdings nicht mehr mit einer Auslieferung vor dem Jahreswechsel rechnen. Ob man dem Beispiel anderer Hersteller folgt und selbst subventionierend tätig wird, soll sich spätestens im dritten Quartal entscheiden.
Kia Niro in Kürze:
Wann er kommt: Ist bereits bestellbar.
Wen er ins Visier nimmt: Hyundai Kona, Toyota CH-R, Ford Kuga, VW ID.4 etc.
Was ihn antreibt: Elektromotor mit 150 kW/204 PS (Niro EV); 1,6-l-Vierzylinder-Benziner mit 77 kW/105 PS und E-Motor mit 62 kW/84 PS, Systemleistung 135 kW/183 PS (Niro PHEV); 1,6-l-Vierzylinder-Benziner mit 77 kW/105 PS und E-Motor mit 32 kW/44 PS, Systemleistung 104 kW/141 PS (Niro HEV).
Was er kostet: Niro EV ab 47.590, Niro PHEV ab 36.090 Euro, Niro HEV ab 30.690 Euro.
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