Mit Elektroantrieb

Im Fahrbericht: Mercedes EQA 250

Ulla Ellmer

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2.11.2021, 19:15 Uhr
Im Fahrbericht: Mercedes EQA 250

© Hersteller

Wie er aussieht: Dem Mercedes GLA sehr ähnlich. Und das kommt nicht von ungefähr. Denn in Gestalt des EQA haben die Schwaben ihren kleinsten Crossover elektrifiziert. Heißt aber auch: Der 4,46 Meter lange EQA basiert nicht auf einer speziellen Elektro-Plattform, sondern ist ein umgebauter Verbrenner. Als optische Unterschiede erfasst der Kenner beispielsweise den geschlossenen Grill und das durchgehende Leuchtenband am Heck.

Wie er eingerichtet ist: Piccobello und von perfekter Verarbeitungsqualität. Weiße Ledersitze, weiße Einlagen in den Türen, großes, zweigeteiltes Panoramadach – unser Testwagen zeigte besonders viele lichte Momente. Die Farbe Blau ist von den Automobilherstellern zur Signaturfarbe für Stromerndes erkoren worden, auch dem Innenleben des EQA fehlt es nicht an entsprechend colorierten Elementen. Die illuminatorische Leistung des Ambientelichts erstreckt sich auch auf den beifahrerseitigen Teil des Armaturenträgers, was bei Nacht durchaus spacig aussieht und – ebenso wie das verbaute Aluminium – besser zur modernen Elektrowelt passt als die gediegenen Hölzer alter Mercedes-Designschule.

Im Fahrbericht: Mercedes EQA 250

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Eine ziemliche Wucht sind die turbinengleichen Lüftungsdüsen, und als Tor zur Welt des Multimedialen breitet sich eine Widescreen-Landschaft vor dem Fahrer beziehungsweise der Fahrerin aus.

Wie er mit sich umgehen lässt: Die schier unerschöpfliche Informationsvielfalt des MBUX-Infotainments erschließt sich über zwei 10,25-Zoll-Displays, die hinter einer gemeinsamen Glasfläche zu besagtem Widescreen-Cockpit werden. Zugriff und Konfiguration erfolgen über das obligatorische Touchen und Sliden, aber auch mithilfe kleiner berührungssensitiver Flächen und Rollrädchen am Lenkrad, das Touchpad in der Mittelkonsole und nicht zuletzt mithilfe des überaus aufmerksamen Sprachassistenten, der sogar die verbale Aufforderung zum Ausschalten des Head-up-Displays versteht und befolgt. Selbiges in der Höhe verstellen zu wollen, haben wir indes selbst nach Konsultation der Betriebsanleitung aufgegeben.

Besonders stolz ist Mercedes auf die Augmented-Reality-Kompetenz des Navigationssystems: Beim Zusteuern auf eine Abbiegesituation öffnen sich die Kameraaugen an der Wagenfront und übertragen die Live-Szenerie auf das rechte Infodisplay. Muss man das, was man doch ohnehin durch die Windschutzscheibe sieht, noch einmal auf einem Monitor serviert bekommen? Nicht unbedingt, finden wir, zumal die eingeblendeten und eigentlich hilfreichen Richtungspfeile im Bewegtbild leider untergehen. Sehr sinnvoll dagegen: Wer sich via Android Auto oder Apple CarPlay von Google Maps leiten lässt, bekommt die Navi-Hinweise auch aufs Fahrerdisplay übertragen.

Apropos Navi: Der Routenplaner schlägt die passenden Ladestopps vor und baut sie auf Wunsch in die Zielführung ein; angezeigt wird, wann man die Ladestation erreicht und wie hoch die Stromreserven dann sind, außerdem gibt es eine Empfehlung, wie lange und bis zu welchem Akkustand sinnvollerweise geladen werden sollte. Beim Stromern über die Langstrecke haben wir das als große Hilfe empfunden.

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Wie viel Platz er hat: Vorne bietet der EQA die heutzutage wertgeschätzte hohe Sitzposition, und über Mangel an Platz können Fahrer(in) und Beifahrer(in) nicht klagen. Auch im rückwärtigen Teil der Kabine ließe es sich eigentlich gut leben, wäre da nicht die im Fahrzeugboden verbaute Antriebsbatterie. Ihr Platzbedarf führt zu einer hohen Aufstellfläche für die Füße und dazu, dass zumindest erwachsene Hinterbänkler mit ein bisschen arg angezogenen Knien dasitzen.

Auch der Kofferraum – 340 bis 1320 Liter – ist kein Gierschlund, zumal sich unter dem doppelten Boden nur gerade so das Ladekabel unterbringen lässt. Einen „Frunk“ als zusätzliches Ladefach unter der Fronthaube gibt es nicht. Immerhin bietet die im Verhältnis 40:20:40 geteilte Rücksitzlehne eine Durchlademöglichkeit.

Der EQA gehört zu den Zugpferden unter den Elektroautos, kann also einen Anhänger in Schlepp nehmen. Allerdings beschränkt sich die Anhängelast beim Fronttriebler auf 750 Kilogramm.

Was ihn antreibt: Der EQA 250 ist das Einstiegsmodell der Baureihe. Sein 140 kW/190 PS starker Elektromotor wirkt auf die Vorderräder, an Drehmoment stehen 375 Newtonmeter zur Verfügung. Die stärkeren Brüder heißen EQA 300 und EQA 350, sie leisten 168 kW/228 PS beziehungsweise 215 kW/292 PS und bringen es dank eines zweiten Elektromotors an der Hinterachse zu Allradantrieb. Als Energiespeicher nutzen alle EQA-Varianten eine Batterie mit 66,5 kWh nutzbarer Kapazität.

Wie er sich fährt: Anders als beispielsweise der VW ID.3 erkennt der EQA nicht per Sensor, dass sein Pilot auf dem Fahrersitz Platz genommen hat. Es bedarf also noch des Drucks auf den Startknopf, um die elektrischen Lebensgeister zu wecken. Die Fahrstufen werden, wie es bei Mercedes Brauch ist, über einen Lenkstockhebel eingelegt. Leise, flüssig, komfortabel geht es dann voran, elektrisches Easy Going, ansatzlose und gleichmäßige Beschleunigung inklusive.

Das Karosseriekonzept des Crossovers und das hohe Gewicht – 2040 Kilogramm – verwehren dem EQA eine Karriere als Kurvenräuber, dank des tiefen Schwerpunkts und der guten Arbeit der Fahrwerksingenieure lässt sich der elektrische Mercedes aber auch durch ambitioniertere Fahrmanöver nicht aus dem Konzept bringen, bleibt gut kontrollierbar und entwickelt nur geringe Seitenneigung.

Auf nasser Fahrbahn bekommt man es indes mit einer leichten Traktionsschwäche zu tun; es hat schon seinen Grund, warum viele E-Autos mit ihrem typischerweise hohen Drehmoment auf Allradantrieb setzen.

Im Fahrbericht: Mercedes EQA 250

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Für den Sprint von 0 auf 100 km/h verspricht Mercedes glaubhaft 8,9 Sekunden, bei 160 km/h wirft die Elektronik den Anker.

Über Paddles am Lenkrad lassen sich insgesamt fünf Rekuperationsstufen vom „Segeln“ bis hin zum One-Pedal-Driving einstellen, bei dem das Bremspedal zumindest innerorts praktisch obsolet wird. Als besonders komfortabel empfiehlt sich der Modus „D-Auto“, hier wählt die Software situationsbedingt den optimalen Grad.

Wie weit er kommt: 400 bis 426 Kilometer, verspricht die WLTP-Norm. In der Praxis hat sich das, wie so oft, relativiert. Bei herbstlichen Temperaturen wollte der Bordcomputer unser Potenzial nie höher als 348 Kilometer einschätzen, eher pendelte sich die Perspektive bei nicht allzu opulenten 320 bis 330 Kilometern ein. Das ist realistisch, auch wenn wir es nie bis zum Stillstand ausgereizt haben.

Wie viel er verbraucht: Mit seiner Crossover-Karosserie ist der EQA keiner, der geschmeidig unterm Fahrtwind hindurchschlüpft. Das wiederum wirkt sich auf den Stromverbrauch aus. Bei Autobahn-Richtgeschwindigkeit 130 haben wir 26,8 kWh/100 km notiert, im Stadtverkehr mit seinen niedrigen Geschwindigkeiten und häufigen Rekuperationsphasen dagegen nur 18,7 kWh. Im Schnitt hielten wir 20,5 kWh fest.

Wie er lädt: Zügig. Wir fangen mit der Schnellladestation an: Gleichstrom aus der DC-Säule holt sich der EQA mit bis zu 100 kW, weil die Ladekurve dabei nur langsam abflacht, ist der Akku in einer halben Stunde von 10 auf 80 Prozent gebracht. Unsere praktischen Erfahrungen bestätigen diesen guten Wert. Zur Lebenswirklichkeit der meisten E-Auto-Fahrer gehört eine 11-kW-Wallbox, hier dauert das Ladeprozedere von 10 auf 100 Prozent 5,75 Stunden. Die Haushaltssteckdose ist nur eine Option für die Not, 30 Stunden von 10 auf 100 Prozent haben also lediglich protokollarischen Wert.

Wer sich „Mercedes me Charge“ anschließt, bekommt unkomplizierten Zugang zu über 450.000 Ladepunkten in mehr als 30 Ländern, der Lade- und Bezahlvorgang wird entweder via Ladekarte, App oder das Multimediasystem initiiert. „Tanken“ bei Ionity kostet dann 29 Ct/kWh, normalerweise verlangt der Schnellladeverbund 79 Ct/kWh.

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Was er bietet: Zur Basis-Ausstattungslinie „Progressive“ zählen unter anderem Aluräder, Klimaautomatik, Rückfahrkamera, elektrisch öffnende und schließende Heckklappe, Fernlicht-, Spurhalte- sowie Geschwindigkeits-Assistent. Das lässt noch genügend Spielraum für teure Extras vom Fahrerassistenz-Paket (1439 Euro) über das Advanced-Paket (mit Widescreen-Cockpit, 2570 Euro) bis hin zu Simplem wie Sitzheizung (345 Euro) und dem Ladekabel für die Haushaltssteckdose (286 Euro).

Was er kostet: Ab 47.540,50 Euro. Das entspricht einem Nettolistenpreis von 39.950 Euro, der somit haarscharf unter der 40.000-Euro-Grenze bleibt, bis zu der es den vollen Umweltbonus in Höhe von 9570 Euro brutto gibt.

Was wir meinen: Der Mercedes EQA ist ein luxuriöser Elektro-Crossover mit feinen Fahrmanieren, hervorragendem Infotainment und ebenso zügigem wie – Stichwort Routenplanung – gut organisiertem Lademanagement. Die Reichweite geht gerade noch so in Ordnung, üppig ist sie nicht. Dass der Preis eine Herausforderung darstellt, ist man von Mercedes nicht anders gewöhnt.

Die Daten des Mercedes EQA 250

Leistung 140 kW/190 PS, max. Drehmoment 375 Nm, Batterietyp Lithium-Ionen, Batterie-Kapazität 66,5 kW/h, maximale Ladeleistung AC/Wechselstrom 11 kW, DC/Gleichstrom 100 kW, Spitze 160 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 8,9 sec, Reichweite WLTP 400 - 426 km, Normverbrauch 19,0 – 17,7 kWh/100 km, Testverbrauch 20,5 kWh, CO2-Emission 0 g/km, Schadstoffklasse Elektrofahrzeug, Energie-Effizienzklasse A+, Länge 4,46 m, Breite 1,83 m, Höhe 1,62 m, Kofferraum 340 - 1320 l, Leergewicht 2040 kg, zulässiges Gesamtgewicht 2470 kg, Zuladung 430 kg, Anhängelast ungebremst/gebremst 750 kg. Automatisches 1-Gang-Getriebe, Frontantrieb. Versicherungs-Typklassen 17 (KH), 21 (TK), 24 (VK). Preis ab 47.540,50 Euro.

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