Umweltbonus gestoppt
Förder-Aus für Elektroautos: Wie es für Betroffene jetzt weitergeht
20.12.2023, 14:48 UhrDas vorzeitige Förder-Aus für Elektroautos ist für deren Käufer völlig überraschend gekommen. Dass man im kommenden Jahr 2024 möglicherweise nicht mehr bedacht werden würde, musste zwar klar gewesen sein. Denn schon vor der Haushaltskrise und den damit verbundenen Sparzwängen hatte die Bundesregierung unmissverständlich auf den gedeckelten Fördertopf hingewiesen: Wenn die darin befindlichen 810 Millionen Euro ausgeschöpft seien, wäre es vorbei mit der staatlichen Subventionierung.
Doch nun ging plötzlich alles ganz schnell. Am vergangenen Samstag erfolgte die Ankündigung, dass letzte Anträge nur noch bis Sonntag um Mitternacht angenommen werden würden – eine praktisch chancenlose Situation.
"Unfassbarer Vertrauensbruch"
„Das ist ein unfassbar großer Vertrauensbruch für mehrere zehntausend Kundinnen und Kunden, die ihre E-Fahrzeuge bestellt haben unter der Voraussetzung, dass die Fördersumme fließt“, sagt Arne Joswig, Präsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). „Wer das neue Elektroauto bereits bestellt hat, es aber noch nicht zulassen konnte, muss nun bis zu 4500 Euro mehr zahlen als eingeplant“, beklagt auch der Auto Club Europa (ACE). Ähnlich ginge es Leasingnehmenden, die nicht mehr mit einer Erstattung der bereits geleisteten Mietsonderzahlungen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) rechnen können.
Autohersteller springen ein
Zwar haben die allermeisten Automobilhersteller inzwischen zugesichert, den staatlichen Anteil an der Kaufprämie für Privatkunden zu übernehmen. Dennoch stellt sich für manchen angehenden E-Mobilisten die Frage, wie es nun weitergeht und ob er/sie rechtliche Ansprüche geltend machen kann.
Nach Ansicht des ACE ist dies unter Umständen möglich, zumindest Teilkosten könnten Betroffene dann erstattet bekommen. ACE-Vertrauensanwalt Arndt Kempgens weist darauf hin, dass „ein Anspruch gegen den Bund auf nachwirkende Zahlung der Prämie auch über den 17.12.2023 zwar rechtlich zweifelhaft erscheint“. Doch wenn Hersteller und Autohäuser beim Vertragsschluss explizit mit dem Umweltbonus geworben hätten, könne „eine Haftung des Händlers für die Zahlung oder Anrechnung des Bonus in Betracht kommen“.
Um dies zu erreichen, müssen allerdings Nachweise erbracht werden. Kempgens empfiehlt, eventuell noch vorhandene Werbeprospekte, Fotos von Plakaten oder andere Werbemittel, in denen Händler oder Hersteller den Umweltbonus zum Zeitpunkt des Kaufes verbindlich zugesichert haben, „dringend aufzuheben“. Hilfreich könnten auch aktuelle Screenshots von der Homepage sein, auf der weiterhin mit der Kaufprämie geworben wird. „Im Einzelfall können sich Käuferinnen und Käufer dann trotz des Wegfalls des Umweltbonus auf die sogenannte Prospekthaftung berufen“, sagt der Anwalt.
Sonderrabatt oder Rücktrittsrecht?
Wenn keine entsprechenden Unterlagen vorhanden sind, muss im Vertrag nachgesehen werden, ob und - wenn ja welche - individuellen Vereinbarungen für den Fall der Versagung des Umweltbonus dort getroffen worden sind. Ratsam ist es, sich dabei rechtliche Unterstützung zu holen. Unter Umständen hilft es auch, als Kunde „sein“ Autohaus zu kontaktieren und nachzufragen, ob eventuell ein Sonderrabatt gewährt wird.
Auch ein Rücktrittsrecht kann im Raum stehen, schließlich kommt das E-Auto nun teurer als geplant. „Dazu müsste jedoch die Gewährung des Umweltbonus zur Reduzierung des Kaufpreises Vertragsbestandteil geworden sein“, erklärt Arndt Joswig. Weil beide Vertragsparteien den Umweltbonus fest einkalkuliert haben und von dessen Streichung überrascht wurden, könne man sich womöglich auf eine „Störung der Geschäftsgrundlage“ berufen. Ohne anwaltliche Unterstützung sollte man an die Sache aber nicht herangehen, und – der ungewissen Erfolgsaussichten wegen – ohne Rechtsschutzversicherung besser auch kein Gerichtsverfahren anstrengen.
Längerfristige Erfahrungen mit Elektroautos gibt es noch kaum. Um sich keine Gedanken über den Werterhalt beziehungsweise Wertverlust machen zu müssen, entscheiden sich viele Kunden gegen den Kauf und für ein Leasingmodell. Auch hier konnte man bislang vom Umweltbonus profitieren. Das sah dann so aus, dass die Prämie zumeist als Mietsonderzahlung in die Berechnung der monatlichen Leasingraten einfloss, die sich so reduzierten. „Mit der Erstattung der Mietsonderzahlung kann nun nicht mehr gerechnet werden“, stellt ACE-Anwalt Kempgens klar. Die (vertraglich festgelegte) Zahlung nun zu verweigern, sei aber „wenig aussichtsreich“. Werde sie nicht geleistet, würde das Fahrzeug nicht übergeben und man mache sich gegebenenfalls gegenüber dem Leasinggeber schadensersatzpflichtig.
Auch auf den Leasingvertrag selbst hat der Wegfall der staatlichen Förderung keine Auswirkungen, er bleibt nach wie vor bestehen. Wer vorzeitig aussteigen möchte, sollte sich von einem Anwalt oder einer Anwältin beraten und unterstützen lassen. Denn wie der Kauf- muss auch der Leasingvertrag genau auf die Möglichkeiten eines Sonderkündigungsrechts hin überprüft werden.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen