Vollelektrischer Crossover
Fahrbericht: Volvo C40 Recharge Pure Electric Twin
19.3.2022, 12:42 UhrWie er aussieht: Wie der XC40 baut auch der C40 auf der CMA-Plattform auf, die Volvo gemeinsam mit der chinesischen Konzernmutter Geely entwickelt hat. Heißt: Man hat es mit Brüdern zu tun. Dem XC40 kommt dabei die Rolle des klassischen SUVs zu, der C40 übernimmt den Part des coupéhafter geschnittenen Crossovers. An der Länge (4,44 Meter) hat sich im Rahmen des Umstylings kaum etwas geändert, in der Höhe – 1,60 Meter – verzichtet der C40 aber auf fünf Zentimeter, flacher kommt schließlich gleich sportlicher rüber. Das Gesamtpaket wirkt gleichermaßen wohlproportioniert wie muskulös, in den Fahrtwind reckt der C40 eine nahezu geschlossene Front, die Dachlinie mündet in einen elegant abgeschrägten Rücken.
Während es den XC40 mit klassischem Verbrennerantrieb und in einer elektrischen Variante gibt, fährt der C40 grundsätzlich mit Strom.
Wie er eingerichtet ist: In typischer Volvo-Manier, schön clean also, mit premiumwürdigen Materialien und bequemem Sitzmobiliar. Einen wohltuend erhellenden Effekt zeigte das großflächige (aber nicht zu öffnende) Panoramaglasdach, und wenn wir schon beim Licht sind, wollen wir auch die (aufpreispflichtige) hinterleuchtete Dekoreinlage entlang der Instrumententafel und in den Verkleidungen der vorderen Türen nicht unerwähnt lassen, deren sanfte Hinterleuchtung uns schon gefallen hat, bevor wir gelernt haben, dass die dreidimensionale Struktur „von topographischen Karten des schwedischen Abisko-Nationalparks inspiriert“ worden ist.
Der Blick richtet sich auf ein großes, digitales Fahrerdisplay, mit einem Head-up-Display kann der C40 leider nicht dienen. Hinter dem hochkant installierten Touchscreen lebt ein Android-basiertes Infotainment, das die üblichen Google-Anwendungen wie Maps, Assistant oder Play Store bereitstellt und ganz vorzüglich funktioniert, auch was die hellwache Sprachsteuerung („Hey Google“) betrifft. Datenvolumen steht unbegrenzt zur Verfügung, Updates kommen so unkompliziert „over the air“ ins Cockpit. Für Frust unter iPhone-Nutzer könnte allerdings sorgen, dass Apple CarPlay nicht vom System unterstützt wird. Gut möglich, dass das für den einen oder anderen ein Ausschlusskriterium ist.
Die ökologische Orientierung vieler Elektroauto-Kunden erstreckt sich auch auf eine vegetarische oder sogar vegane Lebensweise, und so wird man im C40 kein Leder finden, sondern nur nachhaltige, vielfach also recycelte Materialien.
Wie viel Platz er hat: Genug, um der Langstrecke gelassen entgegensehen zu können. Nur im Fond senkt sich die an sich schicke Dachschräge recht nah dem Scheitel entgegen. Der Kofferraum packt 413 bis 1205 Liter weg, die Ladekante fällt einigermaßen hoch aus, aber das ist bei Mitbewerbern ähnlicher Bauart auch nicht anders. Unter der Fronthaube gibt es ein zusätzliches 31-Liter-Staufach („Frunk“), so sind die Ladekabel schon einmal aus dem Weg.
Auf Wunsch (960 Euro) gibt es eine Anhängerkupplung, gebremst können bis zu 1800 Kilogramm in Schlepp genommen werden. Außerdem lässt sich so ein Kupplungsträger für Fahrräder installieren.
Was ihn antreibt: Gleich zwei Elektromotoren mit jeweils 150 kW/204 PS, macht insgesamt also 300 kW/408 PS und 660 Newtonmeter Drehmoment. Eine Maschine wirkt auf die Vorder-, die andere auf die Hinterachse, auf diese Weise kommt der C40 zu Allradantrieb, auch einen speziellen Geländemodus stellt er bereit. Der betankte Strom wird in einem Lithium-Ionen-Akku mit 75 kWh nutzbarer Kapazität gespeichert.
Wer auch mit weniger Leistung zufrieden ist und ohne 4WD auskommt, bekommt den C40 alternativ als Variante „Single Motor“ – mit nur einem, dann 170 kW/231 PS starken Elektromotor, Frontantrieb und 69-kWh-Akku.
Wie er sich fährt: Ganz famos. Der Zoom-Effekt des ansatzlos beschleunigenden Schweden ist beeindruckend, in 4,7 Sekunden knackt der 2,2-Tonner die Tempo-100-Marke, nahezu lautlos und so mühelos, dass es Tempolimits im Sinne des Führerscheinerhalts noch aufmerksamer als sonst im Auge zu behalten gilt. Bei 180 km/h setzt die Elektronik einen Schlusspunkt, das kennt man schon von anderen Volvo-Modellen. Parallel zu seiner sportiven Seite kann der C40 aber auch den entspannten Cruiser geben, leise und relaxt sind wir über Land geglitten und haben uns am geschmeidigen Federungskomfort erfreut.
Unterschiedliche Fahrmodi gibt es übrigens nicht. Während wir das nicht als Defizit empfunden haben, hätten wir uns bei der Rekuperation mehr Feintuning gewünscht. Die einzig verfügbare Stufe („One Pedal Driving“) muss umständlich über ein Untermenü auf dem Touchscreen aktiviert werden – und entwickelt dann gleich eine arg starke Verzögerungswirkung.
Über eine Sitzbelegungserkennung weiß der C40 übrigens, dass es jetzt losgehen kann und versetzt sich automatisch in Fahrbereitschaft. Das macht das Leben insofern leicht, als es keines Drucks auf den Startknopf bedarf – es genügt, einfach die Fahrstufe einzulegen. Von essenzieller Bedeutung ist die serienmäßige Rückfahrkamera, denn das Heckfenster ist nicht mehr als ein schmaler Schlitz, der suchende Blick nach hinten bringt somit nur marginale Erkenntnisse.
Wie weit er kommt: Die WLTP-Norm weckt eine Erwartung von 439 Kilometern. Die Praxis sieht anders aus. Bei winterlichen Temperaturen um fünf Grad entsprachen eher 300 bis 340 Kilometer der Wirklichkeit.
Anders als es der Regelfall ist, zeigt der C40 die verbleibende Strecke nicht im Fahrerdisplay an. Dort wird lediglich der Batterieladestand in Prozent kommuniziert. Wer wissen will, wie viele Kilometer ihm noch bis zum nächsten Ladestopp bleiben, muss entweder die App „Range Assistant“ konsultieren oder Google fragen. Der Range Assistant nennt außerdem den Verbrauch und bietet über den „Range Optimizer“ die Möglichkeit, die Leistung der Klimaanlage zu drosseln, um mehr Strecke zu generieren.
Was er verbraucht: Der C40 ist kein Kostverächter. Unterm Strich vermerkten wir 26 kWh/100 km. Auf der Autobahn und bei Richtgeschwindigkeit 130 erhöht sich das auf Werte über 30 kW/h.
Wie er lädt: An der Wallbox füllt der C40 seine Zellen dreiphasig und mit bis 11 kW, die Komplettladung nimmt acht Stunden in Anspruch. Schnellladen von Gleichstrom gelingt mit maximal 150 kW, knapp 40 Minuten braucht es, um den Akku von 10 auf 80 Prozent Ladestand zu bringen.
Wird das Navi mit dem Aufsuchen einer Ladestation beauftragt, stellt sich die Technik beizeiten darauf ein und betreibt eine entsprechende Vorkonditionierung des Akkus.
Was er bietet: Schon das Basismodell „Core“ beruhigt mit dem markentypisch umfangreichen Personal an Sicherheitsassistenten - einem automatischen Notbremssystem beispielsweise, das auch Fußgänger, Radler und „Großtiere“ erkennt sowie spezielle Funktionen für Kreuzungen und Gegenverkehr beinhaltet, außerdem zählt ein Aufmerksamkeitsassistent zum Aufgebot und ein Schutzsystem, das bei Überfahren der Mittellinie und sich gleichzeitig näherndem Gegenverkehr per Lenkeingriff aktiv wird. Von der Rückfahrkamera und dem Android-Infotainment war bereits die Rede, aufzählen wollen wir außerdem Verkehrszeichenerkennung, Audiosystem mit acht Lautsprechern, induktives Smartphone-Ladesystem, Zweizonen-Klimaautomatik, Lenkrad- und Sitzheizung, Panorama-Glasdach und Wärmepumpe.
Mehr noch legen die Ausstattungsvarianten „Plus“ (Totwinkelassistent, Querverkehrswarner, Heckaufprallabschwächung, teilautonome Fahrfunktionen, elektrische Heckklappe) und „Ultimate“ (Premium-Audiosystem, 360-Grad-Parkkamera, intelligentes Scheinwerfersystem) drauf.
Was er kostet: Ab 57.650 Euro. Abzugsfähig ist der Umweltbonus in Höhe von 7500 Euro netto.
Was wir meinen: Mit dem C40 hat Volvo einen wertigen und sehr vorzeigbaren Stromer auf die Räder gestellt, der mit souveränem Fahrverhalten und energischem Vortrieb für das elektrische Fahren einnimmt. Die Reichweite ist nicht überragend, könnte sich bei frühlingshafteren Temperaturen aber freundlicher darstellen und muss, was die Langstreckentauglichkeit betrifft, auch in Relation zur zügigen Ladeleistung gesetzt werden. Mit dem Verzicht auf Allradantrieb und die ganz starke Leistung sinkt der Preis um 8800 auf 48.850 Euro.
Ulla Ellmer
Volvo C40 Recharge Pure Electric Twin
Leistung 300 kW/408 PS (2 x 150 kW/300 PS) bei 4350 – 13.900/min
max. Drehmoment 660 Nm (2 x 330 Nm) bei 1750/min
Batterietyp Lithium-Ionen, Kapazität 78 kWh brutto, 75 kWh netto
Ladeanschluss AC dreiphasig bis 11 kW, DC bis 150 kW
Höchstgeschwindigkeit 180 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h 4,7 sec
Normverbrauch WLTP 22,3 – 20,7 kWh/100 km
Testverbrauch 26 kWh/100 km
CO2-Emission 0 g/km
Energie-Effizienzklasse A+
Länge 4,44 m
Breite 1,87 m ohne, 2,03 m mit Außenspiegeln
Höhe 1,60 m
Kofferraum 413 bis 1205 l Heck, 31 l Front
Leergewicht 2185 kg
zulässiges Gesamtgewicht 2620 kg
Zuladung 435 kg
Anhängelast 1800 kg (gebremst), 750 kg (ungebremst)
Eingangautomatik, Allradantrieb
Preis ab 57.650 Euro
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