Elektrischer Kompaktsportler
Fahrbericht: Cupra Born
17.6.2022, 22:43 UhrWie er aussieht: Die Verantwortung für das rein elektrische Fahren hat Seat seiner erfolgreichen Submarke Cupra überlassen, der mit dem sportlichen Anspruch also. Wie die ID-Modelle von VW (ID.3, ID.4 oder ID.5), der Skoda Enyaq IV und der Audi Q4 e-tron ist der Cupra Born ein Abkömmling des Modularen Elektro-Baukastens (MEB). Die technischen Rahmenbedingungen sind da klar gesteckt, es bleibt in erster Linie die Optik, um sich von den Konzerngeschwistern abzuheben. Der Born hat sich erfolgreich um eine differenzierende Prise Coolness bemüht, konkret mit leichter Tieferlegung, scharf ins Blech gepressten Sicken und Kanten, Seitenschwellern und, am Heck, einem unbescheidenen Dachspoiler sowie einem Diffusor, der ebenso eine gewisse Aggressivität ausstrahlt wie der Grimm der Gesichtszüge. Und natürlich finden sich allerorten Details in Cupras Signaturfarbe Kupfer, vom Markenlogo bis hin zum Cupra-Schriftzug am Heck.
Gebaut wird der Born übrigens nicht etwa in Spanien, sondern im sächsischen Zwickau.
Wie er eingerichtet ist: Das Grundlayout ähnelt wiederum dem der übrigen MEB-Familie. Das nach heutigen Maßstäben kleine und, was die Anzeigen betrifft, nur wenig variable Fahrerdisplay kennt man ebenso wie den Dreh-Satelliten für die Fahrstufen und überhaupt die kompromisslose Volldigitalisierung, die selbst Natives auf dem Gebiet nicht durchweg mit Begeisterung erfüllt. Allzu viele Funktionen müssen erst in Untermenüs des Infotainments aufgespürt werden, die Sitz- und Lenkradheizung beispielsweise, und über den unbeleuchteten Slider für die Temperatur- und Lautstärkeregelung sind schon beim ID.3 viele missmutige Worte verloren worden. Eher suboptimal funktioniert auch der etwas fummelige Umgang mit den kleinen Touchflächen am Lenkrad, die zudem nicht immer zuverlässig ansprechen.
Anderes gibt schon eher Anlass, dem Born wohlgesonnen zu begegnen: Das Head-up-Display mit Augmented-Reality-Darstellung beispielsweise (1010 Euro Aufpreis), die sehr guten – und ab Werk verbauten – Sportschalensitze oder der Umstand, dass der hohe Hartplastik-Anteil der Inneneinrichtung einen höherwertigeren Anstrich als im ID.3 bekommen hat.
Das Smartphone lädt induktiv und verbindet sich kabellos über Android Auto und Apple CarPlay, ansonsten gibt es nur USB-C-Buchsen, gegebenenfalls ist also ein Adapter nötig.
Nach Ledersitzen durchforstet man die Aufpreisliste übrigens vergeblich, der Born bleibt – bis aufs Lenkrad - tierhautfreies Terrain. Die Sitzbezüge wurden aus Seaqual gewebt, einem Recyclinggarn aus Meeresplastik. Im Rahmen des Dinamica-Packs gelangt die gleichnamige, alcantara-ähnliche Microfaser zur Verwendung, ebenfalls ein Recyclingmaterial. Das allein rechtfertigt freilich nicht den hohen Paketpreis von 1745 Euro, er resultiert auch aus Funktionen wie elektrischer Sitzverstellung, Sitzmassage und Sitzheizung.
Wie viel Platz er hat: Das Raumangebot ist vielleicht nicht opulent, aber doch ziemlich großzügig. Groß gewachsene Hinterbänkler müssen sich allerdings darauf einstellen, mit einigermaßen stark angewinkelten Knien zu reisen, der Platzbedarf der Batterie „hebt“ den Fußboden.
Der Kofferraum erreicht ein Ladevolumen von sehr ordentlichen 385 Litern. Ein zusätzliches Staufach unter der Fronthaube (Frunk) bietet der Born nicht an, zumindest aber einen doppelten Gepäckraumboden, was bei Elektroautos von besonderem Interesse ist, der Verstaumöglichkeit für die Ladekabel wegen. Eine elektrisch zu betätigende Heckklappe findet sich in der Aufpreisliste ebensowenig wie eine Anhängerkupplung. Mit einem Kupplungsträger für Fahrräder braucht man dem Born also gar nicht erst zu kommen.
Was ihn antreibt: Ein 150 kW/204 PS starker, im Heck verbauter Elektromotor. Den Fahrstrom liefert ein Lithium-Ionen-Akku der Kapazität 58 kWh. Antriebstechnisch ist das die kleinste Lösung. Alternativ gibt es den Born auch mit 170 kW/231 PS, das Leistungs-Plus schießt ein kurzzeitiger – 30 Sekunden - Extra-Boost zu. Diese e-Boost-Variante lässt sich dann auch mit einer größeren 77-kWh-Batterie kombinieren. Allradantrieb ist für den Born nicht vorgesehen.
Wie er sich fährt: Vielleicht nicht so dynamisch, wie es die erwartungsfroh stimmende Optik annehmen lässt. Und doch reicht die gebotene Leistung allemal aus. Dank Sitzbelegungserkennung versetzt sich der Born automatisch in Fahrbereitschaft, ansatzlos zügig und spurtstark strebt er voran, das Sprintduell gegen die meisten Vertreter der alten Verbrenner-Welt gewinnt er lässig, unter Mitwirkung des niedrigen Schwerpunkts, der ausbalancierten 50:50-Gewichtsverteilung und der direkt arbeitenden Progressivlenkung lässt es der Spanier durchaus sportlich angehen und folgt souverän seiner Linie. Auch der Komfort kann überzeugen, nur böswilligere Querfugen fahren etwas unsanft ins Kreuz.
Verschiedene Fahrprogramme – Range, Comfort, Performance und Individual – erlauben eine Anpassung des Fahrverhaltens an die Vorlieben des Fahrers beziehungsweise der Fahrerin, allzu große Unterschiede werden dabei jedoch nicht spürbar. Außerdem gibt es einen B-Modus für verstärkte Rekuperation, die aber nicht fürs One-Pedal-Driving reicht, bei dem das Fahrzeug – etwa beim Zurollen auf eine Ampel – auch ohne Zutun des Bremspedals zum Stehen kommt.
Wie weit er kommt: 418 Kilometer, verspricht die WLTP-Norm vollmundig. Darauf sollte man sich nicht verlassen. Die Realität führt nach ungefähr 320 Kilometern an die Ladestation, bei frostigen Temperaturen wird die Fahrt zur Strom-Tanke oft schon nach 250 Kilometern nötig, selbst im verbrauchsmindernden „Range“-Modus.
Das Navi ist bei der Ladeplanung leider keine große Hilfe, nicht immer sind die vorgeschlagenen Ladestopps auch sinnvoll, beispielsweise, indem sie gleich zum Schnelllader leiten würden. Bei der Suche nach einer Ladestation lässt sich es sich nicht nach Anbieter oder Ladeleistung gefiltert vorgehen, auch wie es um die Belegung der Ladesäule bestellt ist, weiß der Born nicht zu sagen.
Was er verbraucht: Im Schnitt 21,3 kWh/100 km. Das könnte sparsamer gehen.
Wie er lädt: An der Wechselstrom-Wallbox dreiphasig und mit bis zu 11 kW, einmal „Volltanken“ nimmt sechseinviertel Stunden in Anspruch. Aus der Gleichstrom-Schnellladesäule holt sich der Born bis zu 120 kW, im Idealfall ist der Akku in 35 Minuten von 5 auf 80 Prozent Ladestand gebracht. In der Praxis werden allerdings nur knapp 100 kW Ladeleistung erreicht.
Demnächst soll der Born zu Plug & Charge ertüchtigt werden, das Fahrzeug wird sich dann automatisch an der Ladestation identifizieren, Ladekarte, App oder QR-Code braucht es nicht mehr.
Was er bietet: Einiges – unter anderem 18-Zoll-Leichtmetallräder, Klimaautomatik, Ambientelicht, höhenverstellbare Sportschalensitze, kabellose Smartphone-Anbindung, Infotainment mit 12-Zoll-Touchscreen, Spurhalteassistent und Voll-LED-Scheinwerfer. Matrix-Licht gibt es nicht. Die sinnvolle Wärmepumpe kostet 1010 Euro extra.
Was er kostet: Ab 37.220 Euro. Abzüglich Umweltbonus bleiben 27.650 Euro. Der vergleichbare Basis-ID.3 kommt auf 38.060 Euro.
Was wir meinen: Der Cupra Born ist der Hingucker unter den MEB-Modellen. Als Pluspunkte verbucht er das vermittelte Maß an Fahrspaß, das gute Platzangebot und das – im Vergleich zum Bruder ID.3 – hochwertigere Ambiente. Anlass zu Kritik geben die allzu radikale Digitalisierung, die noch ausbaufähige Ladeplanung per Navi und die Abwesenheit von Details wie Anhängerkupplung und Matrix-Licht.
Ulla Ellmer
Die Daten des Cupra Born
Antrieb Elektro, Eingang-Automatik, Heckantrieb
Leistung 150 kW/204 PS
max. Drehmoment 310 Nm
Batterietyp Lithium-Ionen
Kapazität 62 kWh brutto, 58 kWh netto
Ladeanschluss Typ 2, 3-phasig, bis 11 kW und CCS bis 120 kW
Höchstgeschwindigkeit 160 km/h (abgeregelt)
Beschleunigung 0 auf 100 km/h 7,3 sec
Reichweite WLTP 418 km
Normverbrauch WLTP 18,0 – 15,5 kWh/100 km
Testverbrauch 21,3 kWh/100 km
CO2-Emission 0 g/km
Energie-Effizienzklasse A+++
Länge 4,32 m
Breite 1,81 m ohne, 2,07 m mit Außenspiegeln
Höhe 1,54 m
Kofferraum 385 l
Leergewicht 1811 kg
zulässiges Gesamtgewicht 2260 kg
Anhängelast -
Versicherungs-Typklassen 16 (HP), 20 (TK), 18 (VK)
Preis Ab 37.220 Euro
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