Preise ab 7990 Euro
Elektrischer Opel Rocks-e: Minimalist für den Moped-Führerschein
14.11.2021, 12:30 Uhr
"Vorsicht, Auto", ruft der ältere Herr, der mit seiner Frau das Frankfurter Mainufer entlangflaniert. Sanft zieht er die Gattin beiseite. Grinsen müssen dabei beide Ehepartner. Und Keanu Eftekhari sollte das Wort vom Auto ohnehin nicht hören. Eftekhari, gerade einmal 24 Jahre jung, ist Produktmanager des Rocks-e. Und wird, wie praktisch alle bei der Vorstellung anwesenden Opelaner, nicht müde zu betonen, dass das elektrische Würfelchen bitteschön kein Auto ist. Sondern – ja, was eigentlich?
Offiziell ist der Opel Rocks-e als Leichtkraftfahrzeug in der Klasse 6e zugelassen, inoffiziell könnte man ihn als Moped mit Dach, vier Rädern, Lenkrad und zwei Sitzen bezeichnen. Aufgrund besagter Einstufung darf er schon von Jugendlichen ab 15 Jahren und mit dem "Mopedführerschein" AM pilotiert werden. Dafür legt er nicht mehr als 45 km/h vor, beschränkt sich auf 6 kW/8 PS und ein schmales Versicherungskennzeichen.
Moped mit vier Rädern
Tatsächlich hat Opel als Zielgruppe zunächst Teenies im Visier, die in dem elektrischen Mini-Mobil eine wind- und wetterfeste Alternative zum Mofa, Roller oder Fahrrad vorfinden, auch Winterreifen lassen sich aufziehen. Die Eltern dürfte das höhere Maß an Sicherheit beruhigen – auch wenn ein Leichtfahrzeug weder Airbags noch ESP oder einen TÜV-Besuch braucht, bieten vier Wände plus Dach doch entschieden mehr Schutz als ein Zweirad. Auch die kulleräugigen LED-Scheinwerfer sind ein Sicherheits-Plus. Und während der Pandemie zieht außerdem der Hinweis auf Privatsphäre, fernab vom Virenstrom, der sich möglicherweise durch überfüllte Schulbusse oder Öffis zieht.
Aber da sind auch weitere Kundengruppen, bei denen Eftekhari "ganz klar eine Anwendung" sieht. Der Rocks-e könnte über Werksgelände stromern, Berufspendler transportieren, bei Liefer- oder Pflegediensten zum Einsatz gelangen oder Senioren helfen, die keine Lust mehr auf ein richtiges Auto haben, aber ebensowenig darauf, ihre Einkäufe nach Hause zu schleppen und die überhaupt noch ein gewisses Maß an individueller Mobilität behalten wollen.
Opel gehört bekanntlich zum Stellantis-Konzern, mit dem Citroën Ami hat der Rocks-e dort einen baugleiches Pendant. Die Märkte werden säuberlich unter den Brüdern aufgeteilt – der Ami bedient beispielsweise Frankreich, der Opel vorerst nur Deutschland, weiteres wird sich zeigen.
Kürzer als der Smart
Mit 2,41 Metern Kürze reicht der putzige Winzling noch nicht einmal an einen Smart (2,69 Meter) heran, ohne Außenspiegel misst er 1,39 Meter in der Breite und 1,52 Meter in der Höhe. Mit Traktionsbatterie – die unter den Sitzen verbaut ist - wiegt der Rocks-e federleichte 471 Kilogramm.
Wir umrunden das Quadratisch-Praktisch-Gut-Gefährt. Wo ist jetzt gleich vorne? Und wo hinten? Front und Heck sehen gar nicht viel anders aus, das unterstreicht die Würfel-Attitüde um ein weiteres. Immerhin haben die Designer eine Andeutung des Opel-typischen "Vizor"-Kühlergrills quer über die Front gezeichnet.
An der Kofferraumklappe ziehen wir vergeblich – sie ist nämlich keine. Der Zugriff auf den Micro-Stauraum hinter den Sitzen erfolgt ausschließlich vom Innenraum aus. Zur kostensparenden Gleichteilstrategie gehört auch, dass Fahrer- und Beifahrertür identisch sind, aber einfach so angeschlagen werden, dass die eine nach hinten und die andere nach vorne öffnet. Einen Öffnungshebel an der Türinnenseite gibt es nicht, seine Rolle übernehmen Schlaufen, mit der einen ziehen wir die Tür zu, mit der anderen werden wir sie später wieder öffnen.
Kurbel für die Fenster? Elektrische Fensterheber gar? Auch das braucht es nicht. Stattdessen wird der untere Teil der Scheibe einfach nach außen und dann hochgeklappt.
Stauraum vor dem Fahrersitz
Allmählich wird uns klar, warum Opel den Rocks-e nicht als Auto betrachtet haben will. Es wäre ein unfairer Vergleich. Hier geht um etwas anderes. Und so richten wir uns auf den harten, versetzt installierten Sitzen ein, von denen nur der für den Fahrer verstellbar ist, werfen den Rucksack in den 63-Liter-Staubereich vor dem Beifahrersitz und hängen die Tasche an den dafür vorgesehenen Haken. Eine Halterung wartet auf das Smartphone, das die Funktionen von Navi und Unterhaltungsprogramm übernimmt. Anschluss findet es an einer USB-Buchse, per mitgebrachtem Bluetooth-Lautsprecher wird der Innenraum beschallt. Hätten wir eine Getränkedose dabei, gäbe es auch für sie eine entsprechende Aussparung, und weiterer Kleinkram lässt sich in herausnehmbaren Ablagefächern zwischen Lenkrad und Windschutzscheibe unterbringen.
Es ist kalt an diesem Novembermorgen, hoffnungsvoll drücken wir die Taste für die Heizung. Mit Getöse nimmt der Defroster seine Arbeit auf, mehr als sechs bis zehn Grad Unterschied zur Außentemperatur werden sich nicht ergeben, erklärt man uns. Moped auf Rädern, fast hätten wir’s vergessen.
75 Kilometer Reichweite
Wir lösen die voluminöse Handbremse. Links neben dem Fahrersitz befindet sich eine Leiste für die Fahrstufen. "D" gedrückt also, wir machen uns auf den Weg durch Mainhattans Straßenschluchten. Das kleine Display hinterm Lenkrad zeigt nur den Batterieladestand, die Reichweite – maximal 75 Kilometer – und die Geschwindigkeit an. Mehr als 45 km/h, wir haben es erwähnt, sind nicht drin. Und doch: Kein einziges Mal treffen uns missbilligende Blicke oder werden wir gar ungeduldig angehupt. Das Selbstbewusstsein steigt, zumal der Rocks-e an der Ampel elektroautotypisch munter von der Stelle zoomt.
Der Nebel hebt sich und gibt das EZB-Gebäude und die Türme der Deutschen Bank für die spätherbstliche Sonne frei. Durch das serienmäßige Panoramadach erwärmt die Solarheizung den Innenraum, wir schalten den lärmenden Defroster ab, gleich wird es bedeutend ruhiger. Zunehmend beginnen wir uns mit dem Minimalismus an Bord anzufreunden. Mit der Kunststoffumgebung, mit den Blinkern, die manuell zurückgestellt werden müssen, mit dem winzigen Rückspiegel und mit den runden Außenspiegeln, die ein bisschen so aussehen, als hätte man Harry Potters Brille zweigeteilt. Ja, so was wie den Rocks-e hätte man gern gehabt, als man jung war und sich unbehaust durch widrige Witterungslagen kämpfen musste.
Zum Laden geht der Rocks-e an die Haushaltssteckdose, in dreieinhalb Stunden ist die kleine 5,5-kWh-Batterie komplett aufgeladen. Das Ladekabel hat Opel fest in der Beifahrertür untergebracht. Gegen Aufpreis (333 Euro) gibt es auch einen Adapter für die Wallbox beziehungsweise öffentliche Ladesäule. Eine Schuko-Steckdose findet sich unterwegs schließlich eher selten. Die Ladezeit bleibt indes die gleiche.
49 Euro pro Monat
So minimalistisch wie das ganze Wägelchen ist auch der Preis. Erhältlich ist der Rocks-e ab 7990 Euro, die - auch farblich - etwas aufgepeppten Varianten Klub und TeKno kosten 800 Euro mehr. Im Rahmen einer Vierjahres-Finanzierungsstrategie können auch 2595 Euro angezahlt und Monatsraten in Höhe von 49 Euro überwiesen werden. Probefahrten und Bestellungen sind bundesweit bei rund 500 Opel-Händlern möglich. Gleichzeitig lässt sich die Order aber auch online vom Küchentisch oder von der Couch aus aufgeben. Geliefert wird der Rocks-e auf Wunsch direkt vors Haus. Der Ausruf "Das Auto ist da" trifft es dann vielleicht nicht so ganz.
Opel Rocks-e in Kürze:
Wann er kommt: Ist bereits bestellbar
Wen er ins Visier nimmt: Citroën Ami, Renault Twizy
Was ihn antreibt: Elektromotor mit 6 kW/8 PS Dauerleistung. Spitzenleistung 9 kW/12 PS
Was er kostet: Ab 7990 Euro
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