Neuer Plug-in-Hybrid MX-30 R-EV

Comeback: Bei Mazda wankelt es wieder

Ulla Ellmer

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11.10.2023, 08:56 Uhr
Ohne Einsatz des Kreiskolbenmotors kommt der MX-30 R-EV etwa 85 Kilometer weit.

© Hersteller Ohne Einsatz des Kreiskolbenmotors kommt der MX-30 R-EV etwa 85 Kilometer weit.

Schade um das schöne Auto: Der Mazda MX-30 ist ein überaus schicker Crossover, der als Besonderheit gegenläufig öffnende „Freestyle“-Türen mitbringt und aufgrund seines gar nicht kleinwagenmäßigen Kompaktformats geradezu danach ruft, auch auf der Langstrecke eingesetzt zu werden.

Doch selbst angesichts der Erwartungen, die noch bei der Markteinführung vor drei Jahren an ein Elektroauto gerichtet waren, fiel und fällt die Reichweite bedauerlich schmal aus. Im WLTP-Mix 200 Kilometer, in unserem Praxistest seinerzeit nur 152 – das ist einfach sehr mager. Da hilft es auch nicht, dass Mazda im Hinblick auf die kleine 35,5-kWh-Batterie von ökologischem „Rightsizing“ spricht: In den USA wurde dem MX-30 EV aufgrund der geringen Nachfrage schon wieder das Lebenslicht ausgeblasen, und auch in Deutschland wären sicherlich mehr als die bislang verkauften knapp 12.000 Einheiten drin gewesen, wenn der Japaner nur eine Ecke weiter käme.

Gemeinsam bringt das Team aus Wankel- und Elektromotor den teilelektrifizierten MX-30 über 600 Kilometer weit.

Gemeinsam bringt das Team aus Wankel- und Elektromotor den teilelektrifizierten MX-30 über 600 Kilometer weit. © Hersteller

Mit der vollelektrischen Variante ist mehr Reichweite nicht zu machen, sie hat schlicht nicht genügend Platz für den erforderlichen größeren Akku. Deshalb muss es nun der MX-30 R-EV richten, der im November 2023 auf den Markt kommt und eine sehr spezielle Form des Plug-in-Hybridantriebs umsetzt. Sie verhilft dem nach seinem Erfinder Felix Wankel benannten Wankelmotor zu einem Comeback, der bei Mazda eine lange Tradition besitzt: „Kein Automobilhersteller außer Mazda hat dieses Antriebskonzept zu einem kommerziellen Erfolg geführt“, sagt Felix Gebhart, Vertriebschef bei Mazda Deutschland. Zuletzt wurde der Wankel- oder Kreiskolbenmotor im Sportwagen RX-8 verbaut, den es allerdings schon lange nicht mehr gibt, bereits 2012 wurde er in Rente geschickt.

Zuständig für die Stromproduktion

Anders als im RX-8 ist der Wankel im neuen MX-30 R-EV nicht auf sich allein gestellt. Vielmehr dient der komplett neu entwickelte Einscheiben-Kreiskolbenmotor mit seinen 830 ccm Kammervolumen und 55 kW/75 PS Leistung als Zulieferer: Über einen Generator erzeugt er den Strom für den ebenfalls an Bord befindlichen Elektromotor. Er ist es, der mit seinen 125 kW/170 PS schlussendlich die Vorderräder antreibt. Das bedeutet: Gefahren wird immer elektrisch.

Einen solch seriellen Hybridantrieb kennt man schon von Hondas e:HEV-Modellen wie Civic oder HR-V und vom Nissan Qashqai e-Power. Was der MX-30 R-EV aber grundlegend anders macht: Sein 17,8-kWh-Akku lässt sich extern aufladen. Im Unterschied zu den genannten Mitbewerbern firmiert der Mazda also als Plug-in-Hybrid, der ein E-Kennzeichen führen darf und als Dienstwagen mit der vergünstigten 0,5-Prozent-Besteuerung davonkommt.

Wir wollen herausfinden, wie sich die Technik – für die Mazda übrigens das Patent besitzt – in der Praxis bewährt. Erkenntnis: Der MX-30 R-EV fährt und fühlt sich ähnlich fein an wie sein vollelektrischer Bruder: Komfortabel, agil im Handling, sicher, gut geräuschgedämmt und deshalb leise. Wenn im Hintergrund der Kreiskolbenmotor arbeitet, entwickelt er eine zwar ungewohnte, aber unaufdringliche Begleitmusik.

Eine Besonderheit des MX-30 sind die gegenläufig öffnenden Portal- oder Freestyle-Türen.

Eine Besonderheit des MX-30 sind die gegenläufig öffnenden Portal- oder Freestyle-Türen. © Hersteller

Drei Fahrmodi bestimmen die Arbeitsweise des Systems: Im EV-Modus fährt der Mazda nur mit dem Stromvorrat der Antriebsbatterie und schöpft diesen bis zum Leerstand aus, der nach etwa 85 Kilometern erreicht ist. Dann schaltet sich die Kreiskolbenmotor-Generatoreinheit zu und produziert frischen Strom. Auch im Normal-Modus nutzt der MX-30 R-EV zunächst ausschließlich die Energiereserven der Batterie. Der Verbrenner wird aber schon bei einem Ladestand von 40 Prozent aktiv und hält ihn dann gleichbleibend auf einem Level von 45 Prozent. Und dann ist da noch der Charge-Modus: Er erlaubt es, einen bestimmten Batterieladestand festzulegen, mit dem man am Zielort ankommen möchte.

Auf der Autobahn stutzen wir etwas: Nanu, stimmt was nicht, warum geht da nicht mehr? Tatsächlich bremst Mazda den MX-30 R-EV auf dieselben 140 km/h ein, die auch der vollelektrische EV als Spitze vorlegt. Man muss kein Raser sein, um sich da eine kleine Schippe mehr zu wünschen.

Der Wankel spart Platz

Und wieso hat sich Mazda überhaupt dazu entschieden, anstelle eines konventionellen Hubkolbenmotors einen Kreiskolbenmotor einzusetzen? Kota Matsue, Chef der Antriebsstrangentwicklung, verweist auf die besonders kompakte und platzsparende Bauweise sowie auf die vibrationsarme Arbeitsweise. Wankel-Nachteilen wie dem vergleichsweise hohen Spritverbrauch, der einer weiteren Verbreitung der Technik stets im Wege gestanden hat, sei man unter anderem durch Direkteinspritzung und hohe Verdichtung (11,9 :1) beigekommen.

Die Innenraumgestaltung kennt man vom rein elektrischen MX-30.

Die Innenraumgestaltung kennt man vom rein elektrischen MX-30. © Hersteller

Den realitätsfernen WLTP-Normwert von 0,1 l/100 km (entsprechend 21 g/km CO2) vergessen wir ganz schnell und schauen lieber auf das, was der Bordcomputer nach unserer ersten Testfahrt signalisiert: 4,7 Liter Sprit und 14,9 kWh Strom lesen wir als Schnitt ab, das geht in Ordnung. Doch wenn der Verbrenner richtig ran muss, ist mit sieben bis acht Litern zu rechnen, was dann schon nicht mehr als ruhmreicher Wert durchgehen kann.

Der MX-30 beherrscht auch schnelles Laden

Gut aufgestellt ist der MX-30 R-EV aber beim Laden: Serienmäßig bringt er nicht nur einen dreiphasigen 11-kW-Charger mit, der die AC-Komplettladung an der Wallbox innerhalb von eineinhalb Stunden ermöglicht, sondern auch – ungewöhnlich für einen Plug-in-Hybriden – DC-Schnellladekompetenz, konkret mit bis zu 35 kW. Im Idealfall lässt sich der Akku so in etwa 25 Minuten von 20 auf 80 Prozent befüllen. Ab „Makoto“-Ausstattung steht im Kofferraum außerdem eine im Stand nutzbare 230-Volt-Steckdose mit 1500 Watt Leistung zur Verfügung, ab „Exclusive“-Level gibt es auch in der Mittelkonsole noch eine 230-Volt-Steckdose, die während der Fahrt 150 Watt liefert und mit deren Hilfe sich beispielsweise das Notebook aufladen lässt.

Ausstattungsabhängig gibt es solche Kork-Applikationen. Der kleine Bildschirm ist für die Klimatisierung zuständig.

Ausstattungsabhängig gibt es solche Kork-Applikationen. Der kleine Bildschirm ist für die Klimatisierung zuständig. © Hersteller

Die Inneneinrichtung des Plug-in-Modells unterscheidet sich nicht von der des vollelektrischen: Hochwertig geht es zu, loungeartig geschmackvoll, dem Thema „Nachhaltigkeit“ tragen Applikationen aus Kork Rechnung, der bei der Herstellung von Flaschenkorken anfällt, außerdem Fasern aus recycelten PET-Kunststoffflaschen und veganes Leder.

Neben dem Fahrerinstrumentarium mit seinen animierten Rundinstrumenten beherrschen zwei Displays den Armaturenträger, wobei der Hauptbildschirm über den Dreh-Drück-Regler namens „Multi Commander“ angesteuert wird und nicht dem Touchprinzip folgt. Das Bedienkonzept funktioniert zwar gut, dennoch hätte man es inzwischen gern auch berührungssensitiv, und überhaupt wirken das Infotainment und die oft verständnislose Sprachassistenz einen Tick angestaubt, da wäre es mal Zeit für ein Update.

Die höchsten Ausstattungslevels heißen Makoto (links) und Edition R.

Die höchsten Ausstattungslevels heißen Makoto (links) und Edition R. © Hersteller

Beim Preis macht Mazda keinen Unterschied zwischen EV und R-EV. Beide starten bei 35.990 Euro, die Serienausstattung des „Prime-Line“-Modells umfasst unter anderem schon 18-Zoll-Leichtmetallräder, Voll-LED-Scheinwerfer, Klimaautomatik, Head-up-Display und Rückfahrkamera. Das komplett ausgestattete Top-Level „Edition R“ mag nicht einmal auf ein Glasschiebedach verzichten, kostet ab 45.040 Euro und bleibt ausschließlich dem Plug-in-Hybriden vorbehalten. Der ist gegenüber dem EV-Modell schlussendlich freilich doch im Nachteil, was den Preis betrifft, denn anders als reine Stromer bekommen PHEVs bekanntlich keinen Umweltbonus mehr.

Kommt bald ein Wankel-Hybrid-Sportwagen?

Die Entwicklung des Wankel-Hybridsystem, sagt PR-Manager Klaus Hüllen von Mazda Motor Europe, habe „ein großes Investment“ erfordert. Deshalb sei es schon „im Interesse der Corporation“, die Technik noch anderswo einzusetzen. Näheres könne man jedoch noch nicht dazu sagen. Aber: Seit dem Ausscheiden des RX-8 ist der Posten des Sportwagens bei Mazda verwaist. Immer wieder ranken sich Gerüchte um einen RX-9, der die Nachfolge antreten könnte - als Hybridsportwagen mit Kreiskolbenmotor.

Mazda MX-30 R-EV in Kürze:

Wann er kommt: Ist bereits bestellbar, Marktstart im November 2023

Wen er ins Visier nimmt: Kompakte Plug-in-Hybride wie die vom Peugeot 3008, Kia XCeed, Volvo XC40 oder BMW X1.

Was ihn antreibt: Plug-in-Hybridsystem mit Kreiskolbenmotor (830 ccm Kammervolumen, 55 kW/75 PS Leistung) und Elektromotor (125 kW/179 PS).

Was er kostet: Ab 35.990 Euro

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