Erste Testfahrt
BMW i7: So luxuriös ist der bayerische Edel-Stromer!
6.11.2022, 00:56 UhrDie Strom-Strategie von BMW kommt ins Rollen. Motto: keine neue Baureihe mehr ohne Batterieantrieb. Das gilt natürlich auch für das Flaggschiff der weißblauen Marke, den Siebener. Dessen Ablösung erfolgt nun zum Ende des Jahres. Gab es den Vorgänger bereits als Plug-in-Hybrid, legen die Bayern nun den Schalter komplett um und bieten ihre Luxuslimousine auch in einer vollelektrischen Variante an. Der Name: i7.
Tagfahrlicht mit Swarovski-Kristallen
Egal von welcher Seite man den Siebener betrachtet, er ist ein stattlicher Koloss. Fast 5,40 Meter lang, länger als die Langversion des Vorgängers, das Design aufrecht. Der i7 soll Status und Präsenz ausstrahlen. Bezeichnend sind der mächtige Nieren-Grill und die zweigeteilten, flachen Scheinwerfer. Wer möchte, kann das Tagfahrlicht sogar mit Swarovski-Kristallen bekommen. Es gibt eine Welcome- und Goodbye-Lichtinszenierung und für die Karosserie erstmals eine Zweifarb-Lackierung. All das zeigt, wie sehr man den Siebener vor allem für chinesische Kunden ausgelegt hat. Im Reich der Mitte liebt man üppiges Bling-Bling. Ähnliches gilt für Amerika. Die USA sind nach China das zweitwichtigste Abnehmerland. Beide Länder, so die BMW-Prognose, kommen zusammen auf 65 Prozent. Für Europa rechnen die Bayern mit gerade einmal neun Prozent.
Luxus und Großzügigkeit erlebt der Siebener-Kunde auch im Innenraum. Besonders viel Wohlfühlambiente liefern die Kaschmir-Woll-Sitze, ein Novum in der Klasse, in der sonst nur Leder das vermeintliche Maß aller Dinge bildet. Die BMW-Designer haben sich hier von modernen Möbelherstellern inspirieren lassen. Dazu passt wunderbar der breite und leicht zum Fahrer gebogenen Bildschirm (Curved Display), das zentrale Element im volldigitalisierten Cockpit. Mag hier anfangs vielleicht eine gewisse Ängstlichkeit hinsichtlich der Bedienung aufkommen, sie ist unbegründet. Die gesamte Menüführung läuft weitgehend intuitiv ab. Und wer das eine oder andere Mal nicht so recht weiterkommt, aktiviert einfach die Sprachsteuerung. Sie arbeitet perfekt, versteht so gut wie alles.
Sogar ein „Hey, BMW, öffne die Beifahrertür!“ – und die Tür öffnet tatsächlich. Das ist natürlich nicht Serie. Wer das Extra bestellt, kann die Türen auch mit dem Smartphone bedienen. Oder man drückt außen auf den Sensor am Griff. Dabei öffnet die Tür stets nur soweit, wie es die Situation gerade erlaubt. Steht jemand zu dicht daneben oder parkt ein Nachbarauto daneben, registriert dies die Elektronik. Auch von hinten herannahende Radfahrer oder Autos werden selbstverständlich erkannt. Möchte man die Türen von innen öffnen oder schließen, erfordert dies etwas Gewöhnung. Zwar genügt ein Knopfdruck, doch es dauert, bis man sich den Ort der Symbole eingeprägt hat, sodass es intuitiv vonstatten geht. Den Arm ausstrecken und manuell zuziehen muss zumindest keiner mehr. Am coolsten bleibt nach dem Einsteigen der Trick mit dem Fuß: Bremspedal treten, und die Türen schließen.
Im Luxus schwelgen können auch die hinteren Passagiere, besonders dann, wenn der sogenannte Theater-Bildschirm aus dem Dachhimmel fährt. Privat-Kino in 8K-Auflösung und Surround Sound System, inklusive Streaming-Programm mit Amazon Fire TV. Steuern lässt sich das Ganze über iPhone-große Touch-Displays in den Türen. Fehlt jetzt nur noch, die Beine hochzulegen. Auch dies ist selbstverständlich möglich. Optional lässt sich der Siebener mit einer sogenannten Executive Lounge einrichten. Sie ermöglicht eine entspannte Liegeposition hinter dem Beifahrersitz.
Verzicht auf Seltene Erden
Vom Antrieb sollte derweil gar nichts zu hören sein. Leiser als der i7 war noch kein Siebener. Unterm Blech steckt die fünfte Generation des BMW-eDrive-Systems. Sie wurde gegenüber der Vorgängerversion weiter optimiert, im Hinblick auf Kompaktheit, Leistung, Gewicht und Effizienz. Vorne sitzt ein Motor mit 190 kW, hinten einer mit 230 kW. Zusammen schicken sie bis zu 400 kW (544 PS) und 745 Newtonmeter an Drehmoment zu den Rädern. BMW entschied sich für stromerregte Synchronmaschinen, sie benötigen weder Seltene Erden noch Magnete und lassen sich zudem zu 100 Prozent entkoppeln. Damit ist vollständiges „Segeln“ möglich.
Die reinen Leistungswerte plus das Sprintvermögen (4,6 Sekunden auf Tempo 100, Spitze von 240 km/h) spiegeln nicht im Ansatz die dynamischen Fähigkeiten des i7 wider. Was der elektrische Luxusliner auf die Straße bringt, ist schier unglaublich und einer Stammtischrunde nur noch schwer vermittelbar. Der bayerische Brocken lässt sich trotz seiner Größe und Masse so zügig, souverän und präzise durch die Kurven treiben (die Hinterräder lenken mit), dass man meint, der Fahrphysik würden hier neue Grenzwerte aufgezeigt. Besonders im Modus „Sport“ legt der i7 eine Dynamik an den Tag, wie man sie eigentlich nur von Sportwagen her kennt. Akustisch wird das Ganze untermalt von einem künstlich erzeugten Elektro-Ton, der jeder Beschleunigung noch eine Extraportion an Emotionalität verabreichen soll.
Im Boden des i7 stecken nutzbare 101,7 kWh Batteriekapazität. Damit soll eine Reichweite von 625 Kilometern möglich sein, wobei Christian Schneider, der Projektleiter des i7, deutlich macht, dass man hier nicht auf Teufel komm raus den Verbrauch in Richtung WLTP getrimmt hat. „Viel wichtiger war es uns, die Gesamteffizienz auf das häufigste Alltagsfahrprofil auszulegen“ sagt Schneider. In diesem Szenario beträgt beispielsweise der Einfluss der Aerodynamik nur noch 32 Prozent. Dafür ist der Antrieb mit einem doppelt so hohen Anteil im Geschäft wie es auf der Autobahn der Fall wäre. So kommt der i7 trotz seiner größeren Widerstände im Fahrtwind (Cw: 0,24), verglichen mit dem Mercedes EQS (Cw: 0,20), nahezu auf den gleichen WLTP-Verbrauch wie der Stuttgarter Konkurrent: 19,8 kWh/100 km.
Auch nach unserer ersten Testfahrt, die teilweise eine anspruchsvolle Gebirgstour beinhaltete, zeigte das Display lediglich 23 kWh/100 an. Für eine knapp 2,8 Tonnen schwere Limousine kein schlechtes Ergebnis.
Wer auf der anderen Seite die elektrische Limousine als komfortablen Gleiter laufen lässt, merkt schnell, wie ruhig und entspannend es in diesem Auto zugeht. Gefühlt scheint man fast mehr über den Asphalt zu schweben (die adaptive Luftfederung ist Serie) als zu rollen, während draußen die Welt lautlos vorbeizieht.
Das alles hat natürlich seinen Preis. Der BMW i7 kostet mindestens 135.900 Euro. Wahrlich kein Schnäppchen. Doch wer sich dieses elektrische Flaggschiff leisten kann, hat dafür vermutlich nicht sparen müssen und bekommt ein automobiles Highend-Gerät, das nicht nur Luxus, Prestige und emissionsfreie Mobilität aufs eindrucksvolle Weise verkörpert, sondern auch überragend viel Fahrfreude bietet.
BMW i7 xDrive60 in Kürze:
Wann er kommt: Die ersten Auslieferungen sollen noch im Dezember erfolgen.
Wen er ins Visier nimmt: Mercedes EQS.
Was ihn antreibt: Zwei Elektromotoren, an jeder Achse einer, gemeinsame Leistung 400 kW/544 PS. Das maximale Drehmoment liegt bei 745 Newtonmetern, die Spitze bei 240 km/h.
Was er kostet: Ab 135.900 Euro.
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