Ferngesteuert vom Telefahrer

Autonomes Auto: Geisterfahrt durch Hamburg

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7.2.2023, 19:05 Uhr
Solche Situationen müssen mit dem fahrerlosen Kia Niro beherrscht werden.

© Vay Solche Situationen müssen mit dem fahrerlosen Kia Niro beherrscht werden.

Der Hype ums autonome Auto ist zuletzt etwas abgeflaut. Und doch tut sich was. Ende 2022 hat die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende der Stadt Hamburg dem Berliner Start-up Vay eine Ausnahmegenehmigung erteilt, die den Betrieb eines komplett fahrerlosen Autos gestattet.

Erfolgreiche Testfahrt

Jetzt hat der elektrische Kia Niro erfolgreich seine erste Testfahrt durch die Hansestadt absolviert. Vay spricht von einem „historischen Moment“, Chef und Mitgründer Thomas von der Ohe betrachtet die Tour als „Meilenstein“ und „bedeutenden Schritt“, gerade für Hamburg und Europa. Denn während fahrerlose Autos mancherorts in China oder den USA bereits unterwegs sind, hat die Hamburger Alleinfahrt auf unserem Kontinent ein Novum dargestellt.

So, wie es eigentlich mit dem autonomen Fahren werden soll, stellt sich die Sache in der Hansestadt allerdings nicht dar. Denn der Niro findet seinen Weg nicht allein, sondern braucht schon noch einen Menschen. Der sitzt jedoch nicht im Auto, sondern räumlich entfernt in einer Leitzentrale. Als sogenannter Telefahrer beziehungsweise Telefahrerin hält er oder sie die Fäden, sprich das Steuer, in der Hand. Heißt: Das Fahrzeug fährt ferngesteuert. Dazu wurde die Telestation komplett mit allen erforderlichen Bedienelementen ausgestattet, Lenkrad und Pedalerie inklusive. Über mehrere Bildschirme und einen Kopfhörer kommen die erforderlichen Informationen zur Verkehrssituation.

Auch wenn es so aussieht: Die Telefahrerin sitzt nicht im Cockpit, sondern in einer Leitzentrale.

Auch wenn es so aussieht: Die Telefahrerin sitzt nicht im Cockpit, sondern in einer Leitzentrale. © Vay

Vorerst finden die ferngesteuerten Testfahrten nur in einem vordefinierten Bereich statt. Das spätere Geschäftsmodell von Vay aber sieht vor, dass sich der Kunde/die Kundin das Elektro-Auto an einen beliebigen Ort bestellt, die Order ergeht digital, also via App. Der Telefahrer lenkt das Fahrzeug dann zur gewünschten Adresse, wo es der Kunde/die Kundin sofort übernimmt und selbst weiterfährt. Die Parkplatzsuche entfällt somit. Nach Beendigung der Fahrt wird das Fahrzeug wieder dem Telefahrer überlassen, der es zurück zum Sammelpunkt oder zum nächsten Kunden dirigiert.

Die künftigen Kosten für den Tür-zu-Tür-Service sollen sich im Rahmen der üblichen Carsharing-Angebote bewegen, heißt es bei Vay. Das Start-up lässt schon seit mehr als drei Jahren testhalber ferngesteuerte Fahrzeuge durch den öffentlichen Straßenverkehr Berlins und Hamburg rollen – bisher allerdings mit Sicherheitsfahrer an Bord. Die unlängst ergangene Ausnahmegenehmigung, die den Telefahrer obsolet macht, basiert auf einem positiven Gutachten des TÜV Süd hinsichtlich der funktionalen und Cyber-Sicherheit des Telefahr-Systems.

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