Zahnfleischentzündung
Hohes Risiko: Parodontitis bedroht den ganzen Körper
7.7.2021, 16:29 UhrManchmal offenbart ein Apfel den wahren Zustand der Zähne: Wenn der Biss Blutspuren hinterlässt, hängt das oft mit einer Zahnfleischentzündung zusammen. Hat sie sich bereits ausgebreitet und auf den Zahnhalteapparat übergegriffen, handelt es sich um Parodontitis (umgangssprachlich Parodontose). Sie ist nicht nur eine Bedrohung für die Zähne, sondern für den ganzen Körper: Die chronische Entzündung kann das Risiko für Diabetes und Herzkreislauf-Erkrankungen erhöhen und zahlreiche weitere Krankheiten, etwa rheumatoide Arthritis, beeinflussen. Seit kurzem steht sie auch in Verdacht, zu einem schweren Covid-19-Verlauf beizutragen.
Parodontitis ist eine Volkskrankheit. Der fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie zufolge ist etwa jeder zweite Bundesbürger über 35 Jahren betroffen. Mit dem Alter steigt der Anteil schwerer Fälle. "Das Problem wird oft zu spät erkannt", sagt Moritz Kebschull, Professor für Restaurative Zahnheilkunde an der University of Birmingham. Da die Krankheit lange Zeit kaum Schmerzen bereitet, sehen viele Patienten keinen Grund, zum Zahnarzt zu gehen. So kann sich die Entzündung unbemerkt ausbreiten und dem ganzen Organismus schaden. "Je länger sie anhält, desto größer ist die systemische Belastung", erklärt der Experte. "Dabei lässt sich Parodontitis relativ einfach behandeln."
Parodontitis ist eine komplexe Erkrankung
Auslöser sind bakterielle Zahnbeläge, die sich längere Zeit in den Zahnzwischenräumen und am Zahnfleischrand angesammelt haben. In der Folge kommt es zu einer Entzündung, die auf das Zahnbett übergreift und mit der Zeit den Kieferknochen zerstört. Betroffene Zähne können ihren Halt verlieren und ausfallen.
Neben schlechter Mundhygiene erhöhen bestimmte Gene, das Rauchen, eine ungesunde Lebensweise, Stress, manche Medikamente und andere Erkrankungen das Risiko. "Parodontitis ist eine komplexe Erkrankung, bei der viele Faktoren eine Rolle spielen", sagt Professor James Deschner, Direktor der Poliklinik für Parodontologie und Zahnerhaltung der Uni Mainz.
Die Infektion wird mit zahlreichen Krankheiten in Verbindung gebracht, zum Beispiel mit Morbus Crohn, Demenz und erektiler Dysfunktion. Bei einigen davon hat man nur festgestellt, dass sie öfter gemeinsam auftreten, weiß aber noch wenig über Ursache und Wirkung. "Am klarsten ist der Zusammenhang bei Diabetes", sagt Deschner. Zum einen steigert Parodontitis das Risiko für die Zuckerkrankheit: "Als Folge der Parodontitis befinden sich mehr Entzündungsmoleküle im Blut. Sie hemmen die Wirkung von Insulin, wodurch der Blutzuckerspiegel steigt."