Mangolds Taxiruf
Wie ich wegen Personalmangels mit dem Fallschirm über Nürnberg abspringen musste - für diesen Text
25.6.2022, 08:55 UhrDas war knapp: Diese Folge meiner Kolumne wäre um ein Haar ins Wasser gefallen – wegen nichts Geringerem als Personalmangel. Nicht, dass ich mich selber durch die Mangel gedreht und geplättet hätte; nein, eine Verkettung nur scheinbar unglücklicher Umstände hat den Rückflug aus meinen vor-corona-freudig und klimawandel-ignorant in der weiten Ferne zelebrierten Pfingstferien torpediert.
Konnte doch die von mir gebuchte Maschine leider nicht abheben, weil die Fluglinie nicht genügend Piloten hatte, die an diesem Tag gesund, willig, nüchtern und überhaupt startbereit zum Dienst erschienen.
Eine Alternative war umständlich zu organisieren, doch auch diese scheiterte fast, weil an einem Umsteigeflughafen weder genügend Security-, noch Abfertigungsleute zur Verfügung standen, um dort einen geregelten Betrieb gewährleisten zu können. Ich entschloss mich deshalb – hier lässt Münchhausen grüßen –, einfach per Fallschirm über Nürnberg abzuspringen, um diesen Text noch rechtzeitig abliefern zu können. Sie sehen selbst, es hat geklappt!
Vor Ort aber musste ich erfahren, dass meine Erlebnisse kein Einzelfall waren, sondern der Personalmangel neben der derzeitigen Turboinflation zur größten Gefahr für das Funktionieren unserer gewohnten und saturierten gesellschaftlichen Routinen geworden ist.
Pakete können nicht zugestellt, Koffer nicht in Flieger geladen werden, viele Reparaturaufträge bleiben liegen, Festivals werden abgesagt; aber auch in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Wirtshäusern, Hotels und Handwerksbetrieben gibt es nicht mehr genügend Menschen, die bereit sind, die Arbeit, die getan werden muss, zu übernehmen.
Nicht, weil es sie zahlenmäßig nicht gibt. Sondern weil diejenigen auf der Managementebene, die sagen, man könne doch locker Personal einsparen, wenn man die Verteilung der Arbeit nur besser organisiere, so viel besser bezahlt werden als diejenigen, die die Arbeit letztlich erledigen müssen. Und sich noch dazu für die besseren Menschen halten.
Wird die Arbeit aber nicht mehr erledigt, weil nicht mehr genug Leute eingestellt werden oder Bock haben, zu den real existierenden schlechten Bedingungen zu arbeiten, legt Sand das Getriebe lahm, stocken Liefer- und Versorgungsketten. Mit so weitreichenden Folgen, dass im Winter womöglich die kaputte Heizung kalt bleibt, weil niemand mehr da ist, der sie reparieren kann. Oder dass auch dieser Text fast nicht erschienen wäre.
Richtig Mut machen kann ich da leider nicht. Denn zum allgemeinen Personalmangel gesellt sich gerade mein ganz persönlicher Ideenmangel. Der durch all diese Knappheit enorm gesteigerte Stress fordert hier seinen Tribut. Auch Einsparungen kosten.
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