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Wie ich wegen Personalmangels mit dem Fallschirm über Nürnberg abspringen musste - für diesen Text

Florian Mangold

25.6.2022, 08:55 Uhr
Wenn ein Flugzeug nicht landen kann wie geplant, muss man zu außergewöhnlichen Methoden greifen.

© Walter Luger, Bildagentur Waldhäusl Wenn ein Flugzeug nicht landen kann wie geplant, muss man zu außergewöhnlichen Methoden greifen.

Das war knapp: Diese Folge meiner Kolumne wäre um ein Haar ins Wasser gefallen – wegen nichts Geringerem als Personalmangel. Nicht, dass ich mich selber durch die Mangel gedreht und geplättet hätte; nein, eine Verkettung nur scheinbar unglücklicher Umstände hat den Rückflug aus meinen vor-corona-freudig und klimawandel-ignorant in der weiten Ferne zelebrierten Pfingstferien torpediert.

Koffer, die dort nie ankommen, wo ihre Besitzer hingeflogen sind. An vielen Flughäfen gibt es derzeit zu wenig Leute für die Gepäckabfertigung.

Koffer, die dort nie ankommen, wo ihre Besitzer hingeflogen sind. An vielen Flughäfen gibt es derzeit zu wenig Leute für die Gepäckabfertigung. © David Young, picture alliance/dpa

Konnte doch die von mir gebuchte Maschine leider nicht abheben, weil die Fluglinie nicht genügend Piloten hatte, die an diesem Tag gesund, willig, nüchtern und überhaupt startbereit zum Dienst erschienen.

Viele Branchen schreien es geradezu heraus: Mehr Personal wird dringend gebraucht!

Viele Branchen schreien es geradezu heraus: Mehr Personal wird dringend gebraucht! © imago images/Steinach, NNZ

Gut, dass es Lieferdienste gibt. Blöd, wenn diese kaum noch Auslieferer finden.

Gut, dass es Lieferdienste gibt. Blöd, wenn diese kaum noch Auslieferer finden. © Angelika Warmuth, picture alliance / dpa

Eine Alternative war umständlich zu organisieren, doch auch diese scheiterte fast, weil an einem Umsteigeflughafen weder genügend Security-, noch Abfertigungsleute zur Verfügung standen, um dort einen geregelten Betrieb gewährleisten zu können. Ich entschloss mich deshalb – hier lässt Münchhausen grüßen –, einfach per Fallschirm über Nürnberg abzuspringen, um diesen Text noch rechtzeitig abliefern zu können. Sie sehen selbst, es hat geklappt!

Wo es zu wenig Personal gibt, bleibt nur diese Alternative.

Wo es zu wenig Personal gibt, bleibt nur diese Alternative. © imago images/CHROMORANGE/Ernst Weingartner, NNZ

Vor Ort aber musste ich erfahren, dass meine Erlebnisse kein Einzelfall waren, sondern der Personalmangel neben der derzeitigen Turboinflation zur größten Gefahr für das Funktionieren unserer gewohnten und saturierten gesellschaftlichen Routinen geworden ist.

Liest man immer öfter: "Aushilfen gesucht".

Liest man immer öfter: "Aushilfen gesucht". © imago images/Sven Simon, NNZ

Pakete können nicht zugestellt, Koffer nicht in Flieger geladen werden, viele Reparaturaufträge bleiben liegen, Festivals werden abgesagt; aber auch in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Wirtshäusern, Hotels und Handwerksbetrieben gibt es nicht mehr genügend Menschen, die bereit sind, die Arbeit, die getan werden muss, zu übernehmen.

Vieles geht in der Logistikbranche heute vollautomatisch. Aber trotzdem braucht man noch Mitarbeiter, die am Ende des Tages die Pakete auch anpacken.

Vieles geht in der Logistikbranche heute vollautomatisch. Aber trotzdem braucht man noch Mitarbeiter, die am Ende des Tages die Pakete auch anpacken. © Rolf Vennenbernd, Rolf Vennenbernd/dpa

Nicht, weil es sie zahlenmäßig nicht gibt. Sondern weil diejenigen auf der Managementebene, die sagen, man könne doch locker Personal einsparen, wenn man die Verteilung der Arbeit nur besser organisiere, so viel besser bezahlt werden als diejenigen, die die Arbeit letztlich erledigen müssen. Und sich noch dazu für die besseren Menschen halten.

Bewerbungen erbeten!

Bewerbungen erbeten! © imago images/Ralph Peters, NNZ

Wird die Arbeit aber nicht mehr erledigt, weil nicht mehr genug Leute eingestellt werden oder Bock haben, zu den real existierenden schlechten Bedingungen zu arbeiten, legt Sand das Getriebe lahm, stocken Liefer- und Versorgungsketten. Mit so weitreichenden Folgen, dass im Winter womöglich die kaputte Heizung kalt bleibt, weil niemand mehr da ist, der sie reparieren kann. Oder dass auch dieser Text fast nicht erschienen wäre.

Richtig Mut machen kann ich da leider nicht. Denn zum allgemeinen Personalmangel gesellt sich gerade mein ganz persönlicher Ideenmangel. Der durch all diese Knappheit enorm gesteigerte Stress fordert hier seinen Tribut. Auch Einsparungen kosten.

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