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Von Bernhard Schlink bis Lore Segal: Unsere Buchtipps für einen beschwingten Januar 2024

31.1.2024, 06:00 Uhr
Noch ein Bestseller-Autor, der über den Tod schreibt: Bernhard Schlink konnte besorgte Fragesteller in Interviews aber beruhigen, der 79-Jährige ist anders als sein an Krebs erkrankter Kollege Paul Auster wohlauf. Doch wie bei Auster in "Baumgartner" geht es auch in Schlinks Buch "Das späte Leben"  um die letzten Dinge. Martin Brehm, 76 Jahre alte Hauptfigur des Romans, hat mit seiner wesentlich jüngeren Frau einen sechsjährigen Sohn. Nun erfährt er, dass ihm nur noch wenige Monate bleiben. Es gilt, loszulassen. Ein weises Alterswerk. (Diogenes, 26 Euro)  Marco Puschner     
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Noch ein Bestseller-Autor, der über den Tod schreibt: Bernhard Schlink konnte besorgte Fragesteller in Interviews aber beruhigen, der 79-Jährige ist anders als sein an Krebs erkrankter Kollege Paul Auster wohlauf. Doch wie bei Auster in "Baumgartner" geht es auch in Schlinks Buch "Das späte Leben" um die letzten Dinge. Martin Brehm, 76 Jahre alte Hauptfigur des Romans, hat mit seiner wesentlich jüngeren Frau einen sechsjährigen Sohn. Nun erfährt er, dass ihm nur noch wenige Monate bleiben. Es gilt, loszulassen. Ein weises Alterswerk. (Diogenes, 26 Euro) Marco Puschner      © Diogenes; Parentingupstream/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Sie heißen Lotte, Ruth oder Bessie, sind mindestens 80, wenn nicht 90 Jahre alt, leben seit langem und gerne in New York, stammen aber zum Beispiel aus Wien. Wie die 1928 geborene  Lore Segal eben, die Autorin dieser wunderbaren kleinen Stories über alte jüdische Freundinnen in der Diaspora Amerika, die sich einmal pro Woche zum "Ladies' Lunch" verabreden und dann ins Plaudern kommen... auch Männer sind ja noch ein Thema! Wer Lily Brett liebt oder die abgründig einfachen Geschichten von Grace Paley, sollte auch Segal lesen. (Nagel & Kimche, 20 Euro) Wolf Ebersberger
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Sie heißen Lotte, Ruth oder Bessie, sind mindestens 80, wenn nicht 90 Jahre alt, leben seit langem und gerne in New York, stammen aber zum Beispiel aus Wien. Wie die 1928 geborene Lore Segal eben, die Autorin dieser wunderbaren kleinen Stories über alte jüdische Freundinnen in der Diaspora Amerika, die sich einmal pro Woche zum "Ladies' Lunch" verabreden und dann ins Plaudern kommen... auch Männer sind ja noch ein Thema! Wer Lily Brett liebt oder die abgründig einfachen Geschichten von Grace Paley, sollte auch Segal lesen. (Nagel & Kimche, 20 Euro) Wolf Ebersberger © Nagel & Kimche; Cristian Grigore/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Zwischen den Generationen herrscht Schweigen. Die Jungen geht fort, kehren wieder mit ihrer eigenen Geschichte im Gepäck und werden von den Gespenstern der Vergangenheit eingeholt. Das geht auch Mira so, die es aus einem Dorf in Südkärnten nach Wien geschafft hat. Sie fährt nach Hause, um ihrer Mutter Anni beizubringen, dass sie in ein Seniorenheim umziehen muss. Das Haus, in dem die alte Frau lebt, wird abgerissen. "Nachtfrauen" heißt das neue Buch von Maja Haderlap , in dem es um drei Frauengenerationen geht, um das schwierige Verhältnis zwischen Müttern und Töchtern, Entfremdung, Unterdrückung und Ausgrenzung. Aber auch um Emanzipation und vor allem um eine vorsichtige Annäherung zwischen Alt und Jung, die Trost spendet und Hoffnung macht. (Suhrkamp, 24 Euro)  Gabi Eisenack
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Zwischen den Generationen herrscht Schweigen. Die Jungen geht fort, kehren wieder mit ihrer eigenen Geschichte im Gepäck und werden von den Gespenstern der Vergangenheit eingeholt. Das geht auch Mira so, die es aus einem Dorf in Südkärnten nach Wien geschafft hat. Sie fährt nach Hause, um ihrer Mutter Anni beizubringen, dass sie in ein Seniorenheim umziehen muss. Das Haus, in dem die alte Frau lebt, wird abgerissen. "Nachtfrauen" heißt das neue Buch von Maja Haderlap, in dem es um drei Frauengenerationen geht, um das schwierige Verhältnis zwischen Müttern und Töchtern, Entfremdung, Unterdrückung und Ausgrenzung. Aber auch um Emanzipation und vor allem um eine vorsichtige Annäherung zwischen Alt und Jung, die Trost spendet und Hoffnung macht. (Suhrkamp, 24 Euro) Gabi Eisenack © Suhrkamp; Mirosław i Joanna Bucholc/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Maali Almeida dachte immer, der Tod wäre das Nichts, der ewige Schlaf. Aber Pustekuchen. Der Tod ist eine große Behörde mit Dokumenten, Stempeln und überforderten Beamten. In  "Die sieben Monde des Maali Almeida" versucht der namensgebende   Kriegsfotograf herauszufinden, wie er überhaupt gestorben ist. Mitten im Bürgerkrieg in Sri Lanka gibt es leider viele Verdächtige. Autor  Shehan Karunatilaka  schafft es, die Wirren des Krieges zu zeigen, ohne den unwissenden Leser zu überfordern. Und die Grauen darzustellen, ohne zu hart zu werden. Für die spielerische und morbide Aufarbeitung des dunklen Kapitels seiner Heimat bekam Karunatilaka bereits den Booker Prize. (Rowohlt, 30 Euro)  Marlene Weyerer
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Maali Almeida dachte immer, der Tod wäre das Nichts, der ewige Schlaf. Aber Pustekuchen. Der Tod ist eine große Behörde mit Dokumenten, Stempeln und überforderten Beamten. In "Die sieben Monde des Maali Almeida" versucht der namensgebende Kriegsfotograf herauszufinden, wie er überhaupt gestorben ist. Mitten im Bürgerkrieg in Sri Lanka gibt es leider viele Verdächtige. Autor Shehan Karunatilaka schafft es, die Wirren des Krieges zu zeigen, ohne den unwissenden Leser zu überfordern. Und die Grauen darzustellen, ohne zu hart zu werden. Für die spielerische und morbide Aufarbeitung des dunklen Kapitels seiner Heimat bekam Karunatilaka bereits den Booker Prize. (Rowohlt, 30 Euro) Marlene Weyerer © Rowohlt; Thanuja Sandaruwan/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Bis man Autorin ist und als solche auch leben kann, nun, das kann lange dauern. Jami Attenberg  ("Die Middlesteins") schildert in ihrer Autobiografie "Bis hierher war's ein weiter Weg" sehr eindrücklich, zum Glück auch mit viel amerikanisch-jüdischem Humor, was sie alles machen musste, ob Kellnerin, Türsteherin oder Hilfskraft für Betreutes Wohnen. Dazu Krisen, Männer, Narben ohne Ende! Aber auch das Herumreisen mit einem Roman, den keiner mag, ist hart... Für ein eigenes Bett hat es erst nach Jahren gereicht. (Schöffling, 26 Euro) Wolf Ebersberger
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Bis man Autorin ist und als solche auch leben kann, nun, das kann lange dauern. Jami Attenberg ("Die Middlesteins") schildert in ihrer Autobiografie "Bis hierher war's ein weiter Weg" sehr eindrücklich, zum Glück auch mit viel amerikanisch-jüdischem Humor, was sie alles machen musste, ob Kellnerin, Türsteherin oder Hilfskraft für Betreutes Wohnen. Dazu Krisen, Männer, Narben ohne Ende! Aber auch das Herumreisen mit einem Roman, den keiner mag, ist hart... Für ein eigenes Bett hat es erst nach Jahren gereicht. (Schöffling, 26 Euro) Wolf Ebersberger © Schöffling & Co; Ryan McGuire/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Ihr Vorbild, der unverwüstliche Charles Bukowski, hätte aus dem Stoff eine seiner lapidaren Kurzgeschichten gemacht. Mary Miller , 1977 in Mississippi geboren, geht es in ihrem Südstaaten-Roman "Biloxi" eher gemütlich an: wie ihr vereinsamter, von der Frau unlängst verlassener Frührentner Louis, der eher per Zufall an die Border-Collie-Lady Layla und damit an die Liebe seines Lebens gerät. Mit einigen Hindernissen freilich, etwa zu viel Alkohol (das Übliche) und einer doch recht geilen Diebin! Auch jeder Gassigang wird genau beschrieben... (Weissbooks, 24 Euro) Wolf Ebersberger
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Ihr Vorbild, der unverwüstliche Charles Bukowski, hätte aus dem Stoff eine seiner lapidaren Kurzgeschichten gemacht. Mary Miller, 1977 in Mississippi geboren, geht es in ihrem Südstaaten-Roman "Biloxi" eher gemütlich an: wie ihr vereinsamter, von der Frau unlängst verlassener Frührentner Louis, der eher per Zufall an die Border-Collie-Lady Layla und damit an die Liebe seines Lebens gerät. Mit einigen Hindernissen freilich, etwa zu viel Alkohol (das Übliche) und einer doch recht geilen Diebin! Auch jeder Gassigang wird genau beschrieben... (Weissbooks, 24 Euro) Wolf Ebersberger © Weissbooks; Alexander Stein/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Dass Gott tot ist, hat berühmterweise Nietzsche gesagt, aber nicht als erster, und der in Nürnberg, nämlich am Rechenberg ärmlich verstorbene Philosoph Ludwig Feuerbach musste für seine schöne Formulierung "Der Mensch ist, was er isst" einst viel Häme einstecken... Aber hat er nicht immer noch recht, fragen wir Hafermilchtrinker? Bruno Preisendörfer , bekannt für seine geistigen Zeitreisen zu Luther, Bach oder Goethe, analysiert im neuen Buch  "Sätze, die die Welt verändern" - und dies elegant und mit Expertise wie gewohnt. Noch nie war uns Sokrates so sympathisch. (Galiani, 25 Euro)  Wolf Ebersberger
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Dass Gott tot ist, hat berühmterweise Nietzsche gesagt, aber nicht als erster, und der in Nürnberg, nämlich am Rechenberg ärmlich verstorbene Philosoph Ludwig Feuerbach musste für seine schöne Formulierung "Der Mensch ist, was er isst" einst viel Häme einstecken... Aber hat er nicht immer noch recht, fragen wir Hafermilchtrinker? Bruno Preisendörfer, bekannt für seine geistigen Zeitreisen zu Luther, Bach oder Goethe, analysiert im neuen Buch "Sätze, die die Welt verändern" - und dies elegant und mit Expertise wie gewohnt. Noch nie war uns Sokrates so sympathisch. (Galiani, 25 Euro) Wolf Ebersberger © Galiani Berlin; Gerd Altmann/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Beim Lesen kommt es einem: Man kennt diese brutale Mord-Geschichte auch aus dem Kino... einem Film von Claire Denis! Wie aber die unvergessene  Marie-Luise Scherer den Fall von den zwei schwulen schwarzen Jungs, die reihenweise gebrechliche alte Frauen überfallen und gnadenlos killen, aufarbeitete, ist einzigartig. Und eben hohe Literatur. Diese und drei andere Texte aus Frankreich erinnern in "Die Bestie von Paris" an die deutsche Reporterin, die eher wie Proust schrieb. (Friedenauer Presse, 20 Euro) Wolf Ebersberger
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Beim Lesen kommt es einem: Man kennt diese brutale Mord-Geschichte auch aus dem Kino... einem Film von Claire Denis! Wie aber die unvergessene Marie-Luise Scherer den Fall von den zwei schwulen schwarzen Jungs, die reihenweise gebrechliche alte Frauen überfallen und gnadenlos killen, aufarbeitete, ist einzigartig. Und eben hohe Literatur. Diese und drei andere Texte aus Frankreich erinnern in "Die Bestie von Paris" an die deutsche Reporterin, die eher wie Proust schrieb. (Friedenauer Presse, 20 Euro) Wolf Ebersberger © Friedenauer Presse; 35069/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

In der Geschichte des modernen amerikanischen Theaters ist die Autorin Susan Glaspell , die Mit-Gründerin der Provincetown Players, ein wichtiger Name. Für ihre Prosa kennt man sie weniger. Damit sich das hierzulande ändert, liegt nun "Die Rose im Sand" vor: ein Band mit Kurzgeschichten, in denen Glaspell (1876-1948) anrührend existenzielle Momente und moralische Krisen beschreibt. Ein Fahrstuhljunge bremst im Kapitol naiv-raffiniert einen fiesen Lobbyisten aus; eine vom Mann verlassene Frau zieht sich trist an die Küste zurück, ihr Kampf um Lebensfreude ist in den Dünen, zwischen Sand und Rosen, gespiegelt. Zauberhaft, diese Entdeckung! (Dörlemann, 26 Euro) Wolf Ebersberger 
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In der Geschichte des modernen amerikanischen Theaters ist die Autorin Susan Glaspell, die Mit-Gründerin der Provincetown Players, ein wichtiger Name. Für ihre Prosa kennt man sie weniger. Damit sich das hierzulande ändert, liegt nun "Die Rose im Sand" vor: ein Band mit Kurzgeschichten, in denen Glaspell (1876-1948) anrührend existenzielle Momente und moralische Krisen beschreibt. Ein Fahrstuhljunge bremst im Kapitol naiv-raffiniert einen fiesen Lobbyisten aus; eine vom Mann verlassene Frau zieht sich trist an die Küste zurück, ihr Kampf um Lebensfreude ist in den Dünen, zwischen Sand und Rosen, gespiegelt. Zauberhaft, diese Entdeckung! (Dörlemann, 26 Euro) Wolf Ebersberger  © Dörlemann; Fabien/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Schlichtweg genial, was die aus Belgrad stammende und in Wien lebende Barbi Markovic da mit ihrem "Minihorror"  anrichtet! Selten wurde der ganz normale Schrecken des Alltags so schräg und mit ausufernder Lust am Präsentieren einstürzender Gewissheiten zelebriert wie in diesen kleinen hanebüchenen Geschichten um das schräge Paar Mini und Miki, das ohne Not an legendäre Comic-Figuren erinnert. Albträume, aus denen jeder schon mal aufgeschreckt ist, durchkreuzen ihre sanften Nächte, Leichen, die jeder im Keller hat, pflastern ihren Weg durch eine Normalität, bei der sich hinter jeder Ecke ein neuer kleiner Horror versteckt. Sprachlich ist das eine perfide Show der absurden Überraschungen, noch der logischste Satz kann sich gegen seinen eigenen Sinn drehen: die Existenz, das verspricht die Autorin, ist nur eine wacklige Einbildung. (Residenz, 24 Euro)  Bernd Noack
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Schlichtweg genial, was die aus Belgrad stammende und in Wien lebende Barbi Markovic da mit ihrem "Minihorror" anrichtet! Selten wurde der ganz normale Schrecken des Alltags so schräg und mit ausufernder Lust am Präsentieren einstürzender Gewissheiten zelebriert wie in diesen kleinen hanebüchenen Geschichten um das schräge Paar Mini und Miki, das ohne Not an legendäre Comic-Figuren erinnert. Albträume, aus denen jeder schon mal aufgeschreckt ist, durchkreuzen ihre sanften Nächte, Leichen, die jeder im Keller hat, pflastern ihren Weg durch eine Normalität, bei der sich hinter jeder Ecke ein neuer kleiner Horror versteckt. Sprachlich ist das eine perfide Show der absurden Überraschungen, noch der logischste Satz kann sich gegen seinen eigenen Sinn drehen: die Existenz, das verspricht die Autorin, ist nur eine wacklige Einbildung. (Residenz, 24 Euro) Bernd Noack © Residenz Verlag; Antonio Cansino/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Wenn die russische Realität nicht so blutig ernst wäre, könnte man den Roman "Der große Gopnik" von Viktor Jerofejew heiter und als groteskes Schelmenstück nehmen. Aber es zeigt sich in dieser wuchtigen Erzählung, dass es durchaus um den Aufstieg und zweifelhaften Erfolg eines Wladimir Putin geht, der aus den Hinterhöfen Leningrads zum Herrscher in einer Machtzentrale wird, von der nichts Gutes zu erwarten ist. Mit zynischer Sprachgewalt verfolgt Jerofejew, dessen Roman "Die Moskauer Schönheit" ein weltweiter Erfolg war, wie Russland tickt – und warum wir dieses Land und seine Leute nie wirklich verstehen werden. (Matthes & Seitz, 28 Euro)  Bernd Noack
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Wenn die russische Realität nicht so blutig ernst wäre, könnte man den Roman "Der große Gopnik" von Viktor Jerofejew heiter und als groteskes Schelmenstück nehmen. Aber es zeigt sich in dieser wuchtigen Erzählung, dass es durchaus um den Aufstieg und zweifelhaften Erfolg eines Wladimir Putin geht, der aus den Hinterhöfen Leningrads zum Herrscher in einer Machtzentrale wird, von der nichts Gutes zu erwarten ist. Mit zynischer Sprachgewalt verfolgt Jerofejew, dessen Roman "Die Moskauer Schönheit" ein weltweiter Erfolg war, wie Russland tickt – und warum wir dieses Land und seine Leute nie wirklich verstehen werden. (Matthes & Seitz, 28 Euro) Bernd Noack © Matthes & Seitz; Evgeny GoTown.ru/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

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