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Vogelwildes Nürnberg: Wie reagiert man, wenn sich vor einem ein Greifvogel eine Kanadagans schnappt?
30.10.2021, 07:55 Uhr
Die Kanada- und andere Wildgänse sind die Heiligen Kühe von Nürnberg. Zwar vermehren sie sich an den Seen und auf den Wiesen der Stadt noch schneller als die alles platt walzenden SUVs, doch zu ihrer Eindämmung darf nichts getan werden.
Wer wie ein Bürgermeister mit dem passenden Namen Vogel die gefiederten Tiere zum Abschuss freigibt, dem fliegen gleich Morddrohungen um die Ohren.
Nun sollen es Greifvögel richten. Zumindest wenn es um den Vorschlag eines Falkners geht. Die Idee dahinter: Wüstenbussarde oder gar die größeren, für die Jagd auf Grau- und Kanadagänse notwendigen Habichtsadler sollen in Zukunft über Nürnberg kreisen und den städtischen Gänsebestand dezimieren.
Ich stelle es mir nicht nur im wahrsten Sinne des Wortes ergreifend, sondern auch sehr angsteinflößend vor, wenn vor den Augen von Joggern, Spaziergängern und Familien mit Kindern im Stadtpark ein Habichtsadler vom Himmel stürzt und sich eine Kanadagans krallt. Das dürfte ein wüstes Zetern und Schreien nicht nur unter den Artgenossen der Gans, sondern auch den menschlichen Augenzeugen geben, von dem anschließenden Shitstorm, der nicht den kiloweise anfallenden Gänsekot meint, ganz abgesehen.
Es wäre eine natürlich Form der Eindämmung, argumentieren Befürworter der Greifvogeljagd auf Gänse. Die Frage aber ist, ob man einer städtischen Menschenpopulation Jagdszenen jener Art zumuten kann, die sie sonst nur aus den Tierdokus im Fernsehen kennt.
Vielleicht würde der Greifvogel, der sich die Gans schnappt, aber auch das Bewusstsein dafür schärfen, dass die Stadt, allen Bodenversiegelungen zum Trotz, doch immer noch eine Wildnis ist.
So wird, wenn er die Wöhrder Wiese arglos betritt, der Städter auf Schildern gewarnt, dass er sich hier in ein Biberrevier und damit in eine Gefahrenzone begibt, in der Bäume umstürzen könnten.
Meine Fantasie beflügelt das genauso wie der Gedanke an die gänsejagenden Greifvögel. Wäre es nicht wünschenswert, die wieder zurückkehrenden Wölfe nicht irgendwo hinter Diepersdorf in Schach und im Wald zu halten, sondern ein stattliches Rudel als neue städtische Mitbewohner im Marienbergpark zu begrüßen?
Das Grillen, Joggen oder Spazierengehen würde dort gleich einen ganz anderen Reiz entwickeln – und wer weiß: Die Gänse würden den Wölfen vielleicht auch Respekt zollen und sich trollen.
Wenn das nicht klappt, droht vielleicht die schlechteste aller Lösungen: die Lobby der Autofreunde meldet sich zu Wort und verlangt, die Gänsewiesen in Parkflächen umzuwandeln – damit es endlich mehr Platz für die sich rasant vermehrende Spezies der SUVs gibt. Die sind so groß und so klobig, die schafft auch kein Greifvogel.
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