Studioausstellung in Nürnberg

So schön kann Holland sein: Germanisches Nationalmuseum zeigt niederländische Landschaftsgrafik

22.10.2024, 15:11 Uhr
Stimmungsvolles Ambiente: Ein Ausschnitt aus der Grafik "Die Wassermühle" von Anthonie Waterloo aus den 1650er Jahren. Sie ist derzeit im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg zu sehen.

© GNM Stimmungsvolles Ambiente: Ein Ausschnitt aus der Grafik "Die Wassermühle" von Anthonie Waterloo aus den 1650er Jahren. Sie ist derzeit im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg zu sehen.

Das Germanische Nationalmuseum lädt ab sofort zu einem Spaziergang der besonderen Art. Die Entwicklung der niederländischen Landschaftsgrafik lässt sich in einer Studioausstellung nachvollziehen. Über Inhalt und Hintergrund der Schau informiert das GNM mit folgender Mitteilung.

"Warum in die Ferne schweifen …", wenn man auch anhand druckgrafischer Landschaftsdarstellungen imaginiert durch die Natur wandern kann? Eine Studioausstellung mit rund 50 Blättern der niederländischen Schule aus den reichen Beständen der Graphischen Sammlung des Germanischen Nationalmuseums zeigt ab sofort Arbeiten von bekannten Meistern wie Pieter Bruegel d. Ä., Jan van de Velde d. J., Jacob van Ruisdael und Rembrandt, aber auch von weniger bekannten Künstlern.

Internationale Berühmtheit erlangte die niederländische Kunst vor allem im 16. und 17. Jahrhundert, als sich das kleine Land zu einem Zentrum der Landschaftskunst entwickelte. Maßgeblich verantwortlich war dafür die Reformation. Althergebrachte religiöse Bildaufgaben wurden in Frage gestellt, die Kirche als Auftraggeber verlor an Bedeutung, an ihre Stelle trat das Bürgertum. Beliebt waren Werke mit profanen Motiven wie der heimischen Landschaft. Die Darstellung der Vielfalt und Schönheit der Natur wurde erstmals bildwürdig.

Es war neu, dass Künstler nach der Natur zu zeichnen begannen. Die Anfänge liegen bei Pieter Bruegel d. Ä., Radierungen nach seinen aus der Vogelperspektive gezeichneten weiten Landschaften bilden den Auftakt der Studioausstellung. Der Meister der "Kleinen Landschaften" In den Jahren 1559 und 1561 erschienen im Verlag von Hieronymus Cock in Antwerpen zwei druckgrafische Serien mit insgesamt 44 Radierungen, die Kunstgeschichte schreiben sollten: die sogenannten "Kleinen Landschaften". Laut Titel geben die Radierungen vor Ort gezeichnete Motive aus der ländlichen Umgebung Antwerpens wieder: Bauerndörfer, schlichte Dorfstraßen, Gehöfte und Windmühlen.

Als eigenständige Kompositionen sind sie Mitte des 16. Jahrhunderts etwas völlig Neues. Charakteristische Arbeiten von "peintre-graveurs" (Maler-Radierern) wie Jan van de Velde d. J., Jacob van Ruisdael und Rembrandt demonstrieren in der Ausstellung die Vielschichtigkeit der holländischen Landschaftskunst, die im 17. Jahrhundert zwischen Ideal und Wirklichkeit changierte. Einerseits widmeten sich Künstler der Schilderung der eigenen Umgebung "naer’t leven" (nach dem Leben), wie der Flachlandschaft mit tiefem Horizont, Viehweiden, Feldwegen und Bauernhäusern.

Die Werke zeugen vom wachsenden Stolz auf die junge Republik Holland, deren Grenzen und Geografie sich durch die Auswirkungen des Unabhängigkeitskampfes gegen Spanien und die Eingriffe des Menschen in die Natur stark verändert hatte. Demgegenüber schufen Künstler wie Hermann van Swanevelt und Jan Both nach einem Aufenthalt in Rom und Umgebung italianisierende, d.h. zumeist mit antiken Ruinen staffierte, idyllische Landschaften. Antike Ruinen dienten häufig als Kulisse für Genreszenen, die das Leben der Hirten und Bauern zeigten. Zahlreiche Motive Nicolaes Berchems etwa beziehen sich auf das italienische Volksleben, das er in stark idealisierter Form wiedergab.

Germanisches Nationalmuseum: Bäume und Wald aus nächster Nähe

Die Studioausstellung schließt mit nahsichtigen Wald- und Baumbildern von Anthonie Waterloo. Sein druckgrafisches Werk umfasst nahezu ausschließlich Landschaften, die er nach seinen eigenen Entwürfen fertigte. Häufig überarbeitete er die Druckplatte nach der Ätzung und verstärkte die Schattenflächen, um die Bildwirkung zu steigern. Mithilfe des Grabstichels bearbeitete er die Struktur von Baumstämmen und Ästen, während kleinere Zweige und Blattwerk mit der Kaltnadel hinzugefügt wurden. Neben herausragenden Einzelblättern liegt ein Schwerpunkt der Studioausstellung auf mehrteiligen Landschaftsserien, deren Betrachtung erst recht dem Ziel diente, den Ausflug in die Natur zu ersetzen – ein imaginierter Spaziergang.

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