Montero blickt auf sein Nürnberger Jahrzehnt

19.6.2018, 17:29 Uhr
Montero blickt auf sein Nürnberger Jahrzehnt

© Foto: Jesús Valinas (Staatstheater)

So etwas nennt man wohl Künstlerpech: Ausgerechnet die Premiere am Samstag, bei der Intendant Peter Theiler und Oberbürgermeister Ulrich Maly einen Teil der Moderation übernehmen wollen, ist am schlechtesten verkauft. Der Grund liegt auf der Hand: Zeitgleich möchte die DFB-Elf versuchen, gegen die Schweden die WM-Auftaktpleite gegen Mexiko ungeschehen zu machen. . .

Aber so etwas nimmt der 43-jährige Goyo Montero sportlich: "Wir haben hier in Nürnberg unwahrscheinliches Glück mit dem Publikum, das immer neugierig auf unsere Stücke war. Das findet man nicht überall." Und diese Zustimmung mit den Füßen, die dem Ballett mittlerweile eine Auslastung von 93 Prozent beschert, war auch einer der Gründe, weshalb sich Montero für weitere fünf Jahre an Franken bindet. "Klar, einmal war unseren Fans ein Stück zu klassisch, dann wieder zu modern, dann zu dunkel, aber sie blieben uns immer treu und interessieren sich für unsere Arbeit", unterstreicht der Choreograph.

Treu bleiben Nürnberg auch die Tänzerinnen Sayaka Kado und Natsu Sasaki: Sie gehören zur Gründer-Generation des Nürnberger Montero-Balletts und sind auch weiterhin Teil der Compagnie. "Am Anfang war ich etwas ängstlich bei Veränderungen in unserer Truppe", gibt der Spanier zu. Weil das eben Wiederaufnahmen etwas erschwert, für die nicht so viel Probenzeit eingeplant werden kann wie für Neuproduktionen. "Doch mittlerweile genieße ich die Blutauffrischung sehr."

Prominente Gäste

Außerdem wirkt mit Carlos Lázaro ein Ballettmeister am Staatstheater, der selbst einmal Mitglied im Ensemble war und von daher viele Stücke auf dem FF kennt.

Bei der Tanzgala werden viele Gäste von renommierten Compagnien – etwa vom Pariser Ballett, von der Dresdner Semperoper (deren erster Solist Istvan Simon) oder aus Stuttgart (erste Solistin Alicia Amatriain) – erwartet, darunter auch Ehemalige aus der Montero-Truppe. "Das wird ein richtiges Familientreffen", freut sich Goyo Montero auf die Unterstützer aus anderen Ballettformationen.

Montero blickt auf sein Nürnberger Jahrzehnt

© Foto: Ludwig Olah

Eine Spezialität: Die Stückauswahl wird an allen fünf "Dekade"-Abenden durchaus unterschiedlich sein, aber natürlich in Montero-Manier ablaufen — die einzelnen Sequenzen fließen nahtlos ineinander.

Es wird Ausschnitte aus ganz frühen Montero-Arbeiten geben wie die Monteverdi-Hommage "Desde Otello" oder "Vasos Communicantes", aber auch die aktuellen Stücke "Dürers Dog" und "Powerhaus" sind unter den 13 Produktionen, die der Ballettchef auswählte.

"Ich bin ungemein selbstkritisch"

Wie ist das, wenn er jetzt wieder auf seine ersten Arbeiten trifft: Lässt er sie gelten oder blickt er kritisch auf sie? "Jeder weiß, dass ich ungemein selbstkritisch und nicht leicht zufrieden zu stellen bin, aber auch mit meiner früheren Tanzsprache kann ich mich noch teilweise anfreunden", lacht der gebürtige Madrilene, der in seiner Nürnberger Zeit das Corps de ballet von 16 auf 22 Stellen steigern konnte. Und hat er die Arbeiten noch im Kopf? "Nein, eigentlich vergesse ich sie recht schnell. Aber sowie die Musik dazukommt, sind alle Bilder wieder da."

Auch auf Unbekanntes, das in Nürnberg noch nicht zu sehen war, darf sich das Publikum bei "Dekade" freuen. Etwa das Duo "Intervall" (nach Musik von Arvo Pärt), das Montero für Dresden kreiierte. Oder ein Ausschnitt aus dem für St. Petersburg und Moskau erdachten Stück "Asunder", bei dem es sich um eine weiterentwicklung von "Treibhaus" handelt. "Das war wohl auch jene Kreation, die von den Tänzer die meiste Körperlichkeit verlangte", ist sich Montero sicher.

Viel Platz für Neues

Welches die technisch aufwändigste Montero-Choreografie in Nürnberg bislang war, steht auch fest: Die Umsetzung von Tschaikowskys Klassiker "Nußknacker" mit seinen Masken, Puppen und unheimlichem Getier. Dass ihm der Stoff für Künftiges nicht ausgehen wird, davon ist der Ballettdirektor überzeugt: "Wir haben noch so viel Platz für Neues. Wir haben noch so viele Dinge zu entdecken." Denn eines geht für Montero gar nicht: "Wir dürfen es uns nicht bequem machen." Ein Satz, den Jogi Löw auch einmal anwenden sollte. . .

Vorstellungen: 23., 24., 28. und 29. Juni sowie 2. Juli. Karten: Telefon 09 11 / 2 16 27 77.

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