
Sender forcieren den Trend
Monotone Mordfälle als Quotenbringer: Die Krimiflut bei ARD und ZDF nervt!
Es hätte keiner Studie bedurft, um herauszufinden, dass immer mehr Krimis im TV laufen. Das sieht jeder, der einigermaßen regelmäßig den Fernseher einschaltet: Da wird von früh bis spät gemordet, mit Messern und Pistolen, Würgegriffen oder Gift; die Opfer sind Nebenbuhlerinnen und Nachbarn, alte Konkurrenten oder neue Feinde, die Taten werden mal mit Augenzwinkern, mal mit größter Brutalität geschildert. Das war es dann aber auch schon mit der Variationsbreite. Genervte Zuschauer beklagen die Krimidichte im deutschen Fernsehprogramm seit langem. Die Lage indes wird – wie aktuelle Zahlen zeigen - schlimmer, nicht besser.
Vor gut zehn Jahren machten Krimis noch 41 Prozent des Konsums bei der fiktionalen Unterhaltung aus, 2018 stieg der Wert auf 44 Prozent. 2023 hat er die 50-Prozent-Marke geknackt. Vielfalt sieht anders aus. Eine Abbildung der Lebensrealität auch. Und eine ausgewogene Programmgestaltung erst recht.
Immer mehr Krimis bei ARD und ZDF: Die Alten wollen es so?
Ärgerlich ist die Argumentation, mit der ZDF und ARD die stete Zunahme an Krimis erklären und sich damit einen ziemlich schlanken Fuß machen: Das Publikum will es so, heißt es, vor allem die Alten verlangen nach diesen Stoffen!
Aber ist es nicht vielmehr so, dass der Zuschauerschaft – egal welcher Generation – mangels Alternativen gar nichts anderes übrigbleibt, als beim Morden und Meucheln zuzuschauen? Oder abzuschalten, wenn man das Gefühl hat, angesichts der realen Krisen, Konflikte und Kriege in der Welt sowieso schon eine Überdosis an Tod und Terror, Gewalt und Betrug zu sehen zu bekommen?
Die Quote, also die "Währung" im Mediengeschäft, ist in dieser Debatte ein Totschlagargument. Gleichzeitig erstaunt es, dass die Sender sich ausgerechnet bei der Krimiproduktion an den vermeintlichen Bedürfnissen der Älteren orientieren und deren angeblichen Vorlieben ach so willfährig und engagiert Rechnung tragen wollen.
In anderen Bereichen, zum Beispiel bei der Verlagerung von Inhalten ins Digitale, setzen sie ohne Rücksicht auf Verluste auf Verjüngung ihrer Zielgruppen. Aber Krimis am laufenden Band zu produzieren, ist der einfachste Weg. Eine sichere Bank, vergleichsweise kostengünstig, eingeübt und quotensicher. Damit bedienen sie den Trend nicht nur, sondern forcieren ihn - leider.
Spätestens nach 90 Minuten siegt das Gute
Die öffentlich-rechtlichen Sender, die von unser aller Rundfunkgebühren bezahlt werden, haben einen Unterhaltungsauftrag. Das ist gut und richtig. Ihn erfüllen sie auch mit Krimis, die zu konsumieren für das Publikum entlastend sein kann, weil der Hobbydetektiv, der in einem jeden steckt, mitfiebern kann und spätestens nach 90 Minuten in den allermeisten Fällen das Gute siegt. Aber die Sender haben eben auch und vor allem einen Bildungs- und Informationsauftrag. Mit immer mehr einfallslosen Mordfällen werden sie dem nicht gerecht. Das ist monotoner Einheitsbrei. Also bitte mehr Vielfalt im Programm, mehr Abwechslung und Mut zu anderen Genres und neuen Formaten!
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