Neues aus den Museen
Im Germanischen Nationalmuseum: Die Musik spielt weiter, aber anders
24.6.2024, 10:42 UhrRund ein Fünftel des Areals für Dauerausstellungen macht sich derzeit fit für die Zukunft, sei es energetisch, sei es konzeptionell oder aufgrund veränderter Richtlinien hinsichtlich Brandschutz, Inklusion oder beispielsweise verwendeter Baustoffe. Betroffen davon sind etwa die von Sep Ruf konstruierte Mittelalterhalle, die sogenannte Kleiderpassage im Ostbau und als größter Block die Grundsanierung und Neuaufstellung der Sammlungen, die vermutlich im Südwestbau und im ebenfalls von Sep Ruf konstruierten Südbau untergebracht waren. Die Berliner Niederlassung des Architekturbüros von David Chipperfield wird dieses Großprojekt betreuen.
Betroffen von den Maßnahmen sind unter anderem die volkskundlichen Bestände genauso wie die Mustersammlung des ehemaligen Nürnberger Gewerbemuseums, alles, was man über Kleidung und Mode seit 1700 wissen sollte, wie auch die Ausstellung zum 19. Jahrhundert oder die bedeutende Musikinstrumentenabteilung. Diese bleibt zwar bis 2029 geschlossen. Sie stellt sich aber konzeptionell neu auf. Künftig wird man die Instrumente
nicht nur im Ostbau finden, sondern besondere Exponate sind bereits im ganzen Haus zu sehen und damit in einen Austausch mit anderen Ausstellungsschwerpunkten zu treten.
So lässt sich in der Abteilung Renaissance, Barock, Aufklärung schon heute ein selten schönes italienisches Cembalo aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bewundern. Der Lindenholz-Kasten, der von Putti getragen wird, ist reich dekoriert, so dass anzunehmen ist, dass die venezianische Instrumentenwerkstatt Baffo dieses Exemplar ursprünglich für einen höfischen Auftraggeber angefertigt hat. Es korrespondiert damit zur Marmor-Skulptur eines Flöte spielenden Ziegenhirten. Die einstige Brunnenfigur drückt die barocke Lebensfreude aus, der sich allerdings eher die höfischen Gesellschaften als die übrigen Stadt- und Landbewohner
hingeben konnten.
Ein paar Fluchten weiter finden sich auch eine französische Drehleier mit Ebenholz- und Elfenbein-Applikationen aus dem Spätbarock. Aus der Biedermeierzeit dagegen stammt eine Glasharmonika im nächsten Raum – ein Instrument, das übrigens vom US-Gründungsvater Benjamin Franklin erfunden wurde. Eine Etage darunter trifft man im Bereich mittelalterlicher Kunst auf eine rund 60 Kilo schwere Bronzeglocke aus dem späten 11. Jahrhundert, die einst im massiven Westturm der Dorfkirche im kleinen thüringischen Graitschen erklang.
Man sieht: Ganz unmusikalisch bleibt es im GNM nicht. Dafür sorgt allein schon die Traditionsreihe Musica Antiqua , in der immer wieder akustische Spielgeräte vergangener Epochen reanimiert und in ihrem Klangvermögen dargestellt werden. Entdeckungsreisen auf den Spuren der Tonkunst sind also weiterhin möglich, verkürzen die Wartezeit und sorgen für Vorfreude auf die Wiedereröffnung.
Dieser Text ist in der Museumszeitung erschienen, einer Kooperation zwischen dem Verlag Nürnberger Presse und den Museen.
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