Diego Luna spielt Titelheld Cassian Andor: „Er ist in der Lage, für die Rebellion schreckliche Dinge zu tun.“
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Diego Luna spielt Titelheld Cassian Andor: „Er ist in der Lage, für die Rebellion schreckliche Dinge zu tun.“

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Düsteres Serienfinale des „Star Wars“-Ablegers „Andor“

  Von den vielen „Star Wars“-Serien, die in den vergangenen Jahren beim Streamingdienst Disney+ erschienen sind, haben nur wenige den Großteil der Fangemeinde überzeugt. Neben dem gefeierten Format „The Mandalorian“, das nächstes Jahr sogar als Spielfilm ins Kino kommt, löste nur „Andor“ breite Begeisterung aus.

Der düstere Polit- und Spionagethriller im Weltraum erzählt die Vorgeschichte zum Kinofilm „Rogue One: A Star Wars Story“ rund um den Rebellen Cassian Andor (Diego Luna). Dabei geht es humorlos und vergleichsweise realistisch zu - ohne Lichtschwerter oder die sagenumwobene Magie der Macht. Die zweite Staffel von „Andor“ ist am 23. April gestartet und bildet zugleich das Serienfinale.

Vier galaktische Jahre in zwölf Folgen

Ursprünglich sollten es mehrere Staffeln werden, die jeweils ein Jahr abdecken, doch das Projekt wäre ausgeufert. „Dafür hätten wir 15 Jahre gebraucht“, erzählt Showrunner Tony Gilroy im Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Diego wäre zu alt gewesen, um die Rolle zu spielen und ich wäre im Altenheim.“ Nun bilden jeweils drei der insgesamt zwölf neuen Episoden ein Kapitel. Jedes der vier Kapitel deckt ein Jahr der Weltraum-Geschichte ab.

In der ersten Staffel wurde der Kleinkriminelle Cassian Andor (Diego Luna) nach einer tödlichen Auseinandersetzung mit Sicherheitskräften zum Gejagten, bevor ihn der skrupellose Luthen Rael (Stellan Skarsgård) für die entstehende Rebellion gegen das galaktische Imperium rekrutierte. Der einstige Kriminelle entwickelte sich zum überzeugten Freiheitskämpfer.

Im Kampf gegen das Imperium kennt Luthen Rael (Stellan Skarsgard) keine Skrupel.

Im Kampf gegen das Imperium kennt Luthen Rael (Stellan Skarsgard) keine Skrupel. © --/Disney/dpa

Staffel 2 beginnt ein Jahr später. Das Netzwerk der Rebellen wächst, während das Imperium seine Macht ausweitet und zunehmend die Kontrolle übernimmt. Der rücksichtslose Direktor Krennic (Ben Mendelsohn), der später den Bau des Todessterns leiten wird, plant die systematische Zerstörung des Planeten Ghorman. Er will eine Reaktion der Rebellen provozieren, die sich das Imperium für seine Propaganda zunutze machen könnte.

Parallelen zu einem dunklen Kapitel der Geschichte

In einer Szene diskutiert Krennic mit anderen Funktionären des Imperiums seine Pläne. Das erinnert nicht zufällig an ein dunkles Kapitel der Geschichte. „Diese ganze Szene basiert auf der Wannsee-Konferenz“, erzählt Gilroy, zu dessen größten Erfolgen die Drehbücher für die „Jason Bourne“-Filme zählen. Das imperiale Bergquartier weist auffällige Ähnlichkeit mit Adolf Hitlers einstigem Domizil am Obersalzberg auf.

Ben Mendelsohn brilliert in der zweiten Staffel von „Andor“ als Orson Krennic.

Ben Mendelsohn brilliert in der zweiten Staffel von „Andor“ als Orson Krennic. © --/Disney/dpa

Gilroy ließ sich von historischen Ereignissen inspirieren, doch vieles wirkt unangenehm zeitgemäß. Es geht um politische Machtspiele, Fake News und Propaganda, die gefährliche Dynamik eines autoritären Regimes. „Das ist einfach ein trauriger Beweis dafür, dass sich die Geschichte mit erschreckender Regelmäßigkeit wiederholt“, sagt Gilroy. „Die Serie war nie als Kommentar zu aktuellen Ereignissen gedacht.“

„Andor ist in der Lage, schreckliche Dinge zu tun“

Nach schwungvollem Beginn - Andor stiehlt einen TIE-Fighter (ein imperiales Raumschiff) - ist der Start der zweiten Staffel zunächst etwas zäh. Doch das düstere Drama wird zunehmend spannend - dank zahlreicher vielschichtiger Figuren mit unterschiedlichen Zielen.

Da ist die idealistische Senatorin Mon Mothma (Genevieve O’Reilly) mit Gewissensbissen, die kaltblütige imperiale Agentin Dedra Meero (Denise Gough) oder der von Law and Order besessene Syril Karn (Kyle Soller). Syril sei „jemand, der sich verloren fühlt und sich an ein System klammert, um sich selbst Bedeutung zu geben“, beschreibt Soller.

Syril Karn (Kyle Soller) ist besessen von Ordnung und dem Streben nach Anerkennung. Das hat in der zweiten und finalen Staffel von „Andor“ dramatische Konsequenzen.

Syril Karn (Kyle Soller) ist besessen von Ordnung und dem Streben nach Anerkennung. Das hat in der zweiten und finalen Staffel von „Andor“ dramatische Konsequenzen. © --/Disney/dpa

Im Mittelpunkt steht mit Cassian Andor einer der komplexesten Helden der gesamten „Star Wars“-Saga. „Er ist sehr loyal denen gegenüber, die er liebt“, sagt Hauptdarsteller Diego Luna im dpa-Interview. „Im Laufe der Serie stellt man fest, dass er in der Lage ist, für die Rebellion schreckliche Dinge zu tun.“

Das gilt auch für viele seiner Mitstreiter, die für ihren Kampf gegen das Imperium sogar über Leichen gehen. Die Grenze zwischen Gut und Böse verschwimmt. Einen Helden wie Luke Skywalker, der in der Originaltrilogie von „Star Wars“ für moralische Reinheit stand, gibt es hier nicht.

Die hässliche Seite von „Star Wars“

„Star Wars“ zeigt in „Andor“ gewissermaßen seine hässliche Seite. Betrug und Intrige, kaltblütiger Mord und Folter gab es schon in Staffel eins. In den neuen Folgen werden sogar sexuelle Belästigung und versuchte Vergewaltigung thematisiert.

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Bei allem Lob für „Andor“ hat der realistische Ansatz auch eine Kehrseite. Wenn man das Privatleben imperialer Mitarbeiter sieht, sie beim Anprobieren von Kleidung und beim Kochen des Abendessens erlebt, während in der sterilen Wohnung Chillout-Musik zu hören ist oder der Fernseher läuft, dann wird „Star Wars“ ein Stück weit entzaubert.

Die märchenhafte Magie, die die Weltraumsaga einst ausmachte – und die für manche Fans spätestens bei der Übernahme von Lucasfilm durch den Disney-Konzern verloren ging – weicht in „Andor“ einer kalten Tristesse. Wer sich daran nicht stört, wird mit einer packenden und wirklichkeitsnahen Science-Fiction-Serie belohnt, die am Ende allerdings ein paar Fragen offen lässt.