Neue Wohnungen: Fürther Kino "Camera" versinkt im Schutt
10.4.2018, 05:49 UhrWehmut schwingt mit, wenn Stadtheimatpflegerin Karin Jungkunz bedauert: "Da geht ein Stück Zeitgeschichte verloren." Ihr Bemühen, das Gebäude aus dem Jahre 1951 unter Denkmalschutz stellen zu lassen, waren schließlich nicht von Erfolg gekrönt. Dabei hatte der Kunsthistoriker Heinrich Habel den geschichtsträchtigen Bau 1974 in den Entwurf der Fürther Denkmalliste aufgenommen. In der Fortschreibung verschwand er jedoch umgehend wieder daraus.
Wenigstens die Originalfassade wollte Karin Jungkunz bewahrt wissen. Doch sie musste hinnehmen, dass das Landesamt für Denkmalpflege nur ganze Objekte unter Schutz stellt. Und da die Originalausstattung des Kinos nicht mehr vorhanden war, gab es wenig Grund dazu. Schon lange sind die Lichter erloschen, ist es still geworden um die ehemalige Zugnummer der Vergnügungshungrigen. Nur noch der geschwungene Schriftzug "Die Camera" über den markanten vertikalen Säulen an der Fassade legt ein stummes Zeugnis davon ab.
Neues Gepräge
Nachdem das Landesamt schon nicht mitspielte, hofften die Stadtheimatpflegerin und ihr Stellvertreter Lothar Berthold auf Schutzmaßnahmen der städtischen Baubehörde. An einen Erhalt der Fassade im Originalzustand ist inzwischen aber nicht mehr zu denken. "Wegen der Deckenhöhen bei der neuen Raumaufteilung ist es schwer möglich, die neue Fassade an die frühere anzupassen", sagt Baureferentin Christine Lippert.
Im Übrigen sei die Entscheidung schon lange vor ihrem Amtsantritt im Sommer vergangenen Jahres gefallen. Weil kaum etwas von der alten Bausubstanz erhalten werden könne, komme der Umbau einem Neubau gleich. Die kommunale Bauaufsicht werde den Abriss überwachen. Im Erdgeschoss sind nach den Worten der Baureferentin wieder Verkaufsräume vorgesehen, darüber sollen 14 Wohnungen entstehen. Zuletzt waren unter anderem ein Supermarkt und eine Boutique in dem einstigen Lichtspielhaus einquartiert.
Entworfen hatte es der Nürnberger Kinoarchitekt Ludwig Amman. Der rundbauartige, stark geneigte Saal bot Platz für 482 halbgepolsterte, mit grünem Leder bezogene Kinosessel aus Bielefeld. Die Wände waren mit grüner Lederverkleidung und darüber anschließender akustikwirksamer Textilbespannung versehen. Trotz seines imposanten Gepräges warb das klimatisierte Kino mit dem Zusatz "Das intime Theater".
Schillernde Namen
Mit der Beschaulichkeit war jedoch bereits am 31. Mai 1965 Schluss, als zum letzten Mal ein Film über die Breitleinwand flimmerte. Anschließend ging es hier zur Sache. Eine Discothek löste das Kino ab und bald schon traten namhafte Bands auf. Was sie anlockte, war vor allem die Größe der Räume. The Who zertrümmerten in der Camera nach ihrem Auftritt ihre Instrumente, auch The Lords sorgten für Furore. 2014 übrigens traten die Beat-Veteranen noch einmal in der Fürther Stadthalle vor das Publikum. Die Rattles, The Quiets, die Boots und nicht zuletzt Lokalmatador Rudi Madsius brachten die Camera-Wände zum Beben. 1970 jedoch wurde es still. Der Beat-Club stellte seinen Betrieb ein.
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